Der Scewo Bro hat eine ordentliche Reichweite, um viele Fahrten in der Stadt bzw. näheren Umgebung in einem Radius von ca. 5 Kilometern allein zu bewältigen. Wer darüber hinaus den Elektrorollstuhl nutzen möchte, muss auf andere Verkehrsmittel zurückgreifen. In diesem Beitrag zeige ich, worauf der Anwender achten muss, wenn er mit dem ÖPNV oder KFZ fahren möchte.
Mit dem Bro im ÖPNV
Fahren im Bus: Ja, die Busse haben Rampen, mit denen ich in den Bus käme und ich könnte den Busfahrer auch bitten, dass er warten möge, bis ich den Bro im Parkmodus habe. In Köln sind die Busfahrer aber leider bekannt dafür, dass sie Menschen, die mit einem Elektrorollstuhl unterwegs sind, nicht mitnehmen. Ein Problem, dass der KVB (Kölner Verkehrs Betriebe) schon mehrfach mitgeteilt wurde, aber ohne, dass darauf eingegangen wurde (siehe auch meinen Beitrag zum Ableismus bei der KVB).
Die Straßenbahn bzw. U-Bahn (ist in Köln das gleiche, da die Bahnen mal oben und mal unten fahren) ist da schon eher ein Problem. Da kann ich dem Fahrer nicht mitteilen, dass er warten möge, bis ich an meinen Platz gefahren bin. Außerdem ist der Rollstuhlparkplatz manchmal nur über einige Türen zu erreichen, die aber nicht gekennzeichnet sind. Ich komme dann in die Bahn herein, stehe dann aber mitten im Weg (ist mir mit dem manuellen Rollstuhl schon ein paar Mal passiert).
Meine größten Bedenken habe ich hinsichtlich des Anfahrens der Bahn. Die Türen schließen schneller, als ich es schaffe, einen entsprechenden Platz zu finden. Und ich habe keine Ahnung, wie der Bro in der Straßenbahn reagiert, wenn diese anfährt und er noch nicht in der Parkposition ist.
Außerdem bewegt sich der Bro recht viel, so dass ich in einer volleren Bahn nicht garantieren kann, dass ich nicht einen Mitfahrer anecke bzw. berühre. Ist eine zweite Person dabei, dann könnte sie den Bro festhalten, aber wenn ich allein unterwegs bin, dann kann ich nicht garantieren, dass ich keine anderen Passanten verletze.
Aus diesem Grund schreibt Scewo in seinem Hilfscenter sehr eindeutig (unbezahlter Infolink, abgerufen im Juni 2024), dass niemals der Modus des Rollstuhls während der Fahrt geändert werden darf. Der Anwender hat dafür Sorge zu tragen, dass sich der Bro im Parkmodus befinden, wenn die Bahn anfährt.
Vor allem bei Straßen-, U- und S-Bahnen besteht das Problem, dass ich zum Aussteigen ebenso Zeit und Platz benötige, die ich einfach nicht habe.
Scewo weißt explizit darauf hin, dass der Bro zwingend im Fahrmodus genutzt werden muss, um die unterschiedlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Es ist gefährlich, im Raupen- oder gar Treppenmodus in das Verkehrsmittel einzusteigen! Oftmals ist die Lücke zwischen Bahnsteig und Zug so groß, dass der Rollstuhl dort hängen bleiben kann. Der Regionalverkehr bleibt auch mit dem Scewo Bro unerreichbar.
Wohin mit dem Gepäck?
Wer verreist, benötigt Gepäck. Und hier kommt ein großer Nachteil des Bro. Während ich bei einem Rollstuhl anderer Bauart einen Rucksack an den Rücken hängen kann oder Taschen auf Rollen vor oder hinter mir ziehen bzw. schieben kann, geht das mit dem Bro nicht. Es hat nämlich einen Grund, weshalb der Bro einen fest verbauten Rucksack am Rückenteil hat. Dieser hat nämlich keine Riemen oder ähnliches, die sich in den Schienen der Sitzverstellung verheddern können. Nur ist dieser leider nicht abnehmbar.
Durch die Sitzhöhe im Bro ist es sehr schwierig, einen manuellen Rollstuhl zu schieben. Das Problem ist immer die Suche nach dem Schwerpunkt. Durch das nach vorn beugen, wird der Schwerpunkt zu weit nach vorn verlagert, so dass der Bro diesen nicht mehr findet und dann den Fehler auswirft, dass der Schwerpunkt zu weit vorn liegt. Gleiches passiert, wenn ich einen schwereren Rucksack auf den Schoß nehme. Der Schwerpunkt rutscht zu weit nach vorn.
Aber auch dann muss ich höllisch aufpassen, dass die Riemen des Rucksacks nicht in den Schienen des Sitzes geraten. Das ist mir zum Glück noch nicht passiert, aber ich denke, dass man dann ein richtiges Problem hat.
So ist das, wenn man einen Rollstuhl fährt, der so viel Technik in sich vereint. Das alleinige Verreisen mit dem Bro habe ich dann auch noch nicht praktiziert, weil ich immer Angst haben muss, dass ich mein Gepäck nicht mitbekomme.
Autoverladung
Der Scewo passt in einen „normalen“ Kofferraum. Damit kann der Elektrorollstuhl mit einem Auto transportiert werden, das nicht gleich ein Multivan oder eine V-Klasse ist. Damit hat der Scewo schon einen großen Vorteil gegenüber anderen Elektrorollstühlen, allerdings ist die Autoverladung nicht ganz so einfach, wie von Scewo in den Videos gezeigt wird.
Die Rampen sind recht wackelig und es bedarf ein wenig Fingerspitzengefühl, damit diese korrekt anliegen. Das Fahrzeug muss zwingend gerade stehen. Steht er schief, droht der Scewo umzukippen.
Bei der Einweisung meines Scewo haben wir versucht, den Scewo in ein Fahrzeug einzuladen, das halb auf einem Bordstein steht. Das war eindeutig zu schief und die beiden Mitarbeiter des Sanitätshauses hatten ein wenig Mühe, dass der Rollstuhl nicht umkippte.
Das Fahrzeug muss also eben bzw. gerade stehen. Der Bro wird rückwärts an den Kofferraum herangefahren. Im Bro darf natürlich während der Verladung niemand sitzen, weshalb der andere Rollstuhl irgendwo in der Nähe stehen muss. Dadurch, dass es etwas schwierig ist, aus dem Bro heraus einen anderen Rollstuhl zu schieben, braucht man ein wenig Improvisation, um den besten Weg für sich zu finden. Ich habe mich dazu entschieden, die Fernsteuerung für den eMotion zu kaufen, wodurch es etwas einfacher ist.
Dadurch, dass die Rampen sehr steil sind, muss man mit den Bro mit Fingerspitzengefühl hereinfahren. Vor allem der Moment, in dem er in den Kofferraum fährt, ist kritisch, da er kippen würde, wenn man nicht die Stützräder ausfahren würde. Dann muss man sich ein wenig herantasten und im Wechsel die Stützräder reinfahren und den Bro über die Raupen in den Kofferraum bugsieren. Klar, mit der Zeit bekommt man ein bisschen Routine, aber einfach ist anders.
Es bleibt dann noch das Problem, dass der zweite Rollstuhl auch noch irgendwie ins Auto passen muss. Wenn dann noch andere Personen ebenfalls mitfahren sollen, wird es schnell sehr eng.
Das Entfernen der Rückenlehne kann dafür sorgen, dass der Scewo auch in niedrige Autos passt. Was bleibt ist allerdings die Länge. Außerdem ist es nicht ganz so einfach, die Rückenlehne zu demontieren, vor allem, wenn der Nutzer dies alleine bewerkstelligen möchte. Wenn ich zum Beispiel als Mitarbeiter im Außendienst den Scewo derart verladen muss, würde ich oftmals an meine Grenzen stoßen.
Wenn der Bro ausgeliefert wird, passen die Mitarbeiter des Sanitätshauses den Elektrorollstuhl an. Allerdings hat der Bro an vielen Stellen unterschiedliche Schrauben im Einsatz. Vor allem, was die Verstellung der Armlehnen und den Rücken betrifft, wäre es etwas bedienerfreundlicher, wenn diese nicht mit so vielen Schrauben erfolgen würde. Wirklich störend ist dies bei der Kopfstütze, die leider nicht mit Schnellspannern verstellt werden kann. Es ist ganz schön aufwändig, diese in der Position zu ändern. Dieses Manko hat Scewo mittlerweile behoben und möchte ab Sommer 2024 ihre Elektrorollstühle nur noch mit der einfach zu wechselnden Kopfstütze ausliefern.
In Summe ist die Autoverladung sehr umständlich und kniffelig. Viel mehr, als ich anfangs gedacht habe. Vermutlich wäre es einfacher, wenn man andere Rampen nutzen würde. Diese sind aber extrem teuer. Die günstigeren Versionen (< 1.000 Euro) habe ich durchgetestet, wobei keine den schweren Rollstuhl ins Auto bekam.
In größere Fahrzeuge passt der Scewo Bro ohne Probleme herein. Er hat wie jeder andere Elektrorollstuhl Ösen, um ihn als Beifahrer zu sichern. In diesen Fällen wird der Scewo Bro im Raupenmodus in das Fahrzeug bzw. auf die Rampe gefahren.
Ich stelle den Scewo Bro in mehreren Beiträgen hier auf meinem Blog vor. Damit die Übersicht nicht leidet, gibt es einen Beitrag, in dem ich alle Berichte bündele. Diese Erfahrungsberichte sind nicht gesponsert und spiegeln meine persönliche Meinung wider. Aufgrund der Vielfältigkeit von Erkrankungen bzw. Behinderungen kann ich keine Hilfsmittelberatung anbieten. Die Beiträge dienen lediglich zur Orientierung für Interessenten.
Schon seit Anbeginn des Internets pflegte Eng einen Blog. Und weil es ihm Spaß macht, seine Erfahrungen zu teilen, sind es immer Mischblogs, so wie dieser hier.
Seitdem seine neuromuskuläre Erkrankung einen deutlich größeren Einfluss auf sein Leben hat, befinden sich neben den Beiträgen zur Fotografie, Aquaristik, Reisen, Verbraucherschutz und Technik auch Beiträge zu Gesundheitsthemen auf diesem Blog.
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