Zum Schluss meiner Erfahrungen die Königsdisziplin des Scewo: Der Treppenmodus. Natürlich kann der Scewo nicht alle Treppen meistern, so dass es hier die ersten Einschränkungen gibt. Die Treppe darf nicht zu hohe Treppenstufen haben, sie darf nicht zu steil sein, sie darf nicht mit Stufenteppichen versehen sein, sie darf nicht vereist sein, sie darf nicht nass sein, es darf keine Wendeltreppe sein, sie darf nicht abgetreten sein.
Das sind ganz schön viele „darf nicht“.
Allerdings sind einige Einschränkungen logisch, denn wenn der Scewo auf einer Treppe steht, dann steht er auf den Raupen, die abgerundete Noppen haben. Diese dürfen nicht ins Rutschen geraten. Vor allem in älteren Gebäuden sind die Treppenstufen abgetreten, wodurch der Scewo keinen Halt findet. Das gilt auch für Altbauten. Wenn man also Kunden (oder Freunde) in älteren Gebäuden besucht, dann muss man sehr aufpassen, wie stark die Treppen abgelaufen sind.
In der Bedienungsanleitung des Bro empfiehlt der Hersteller, dass man sich vor dem Befahren von einer mit Teppich überzogenen Treppe kundig machen soll, ob diese den erhöhten Beanspruchungen standhalten kann. Wie ich dies in Erfahrung bringen kann, konnte mir bis heute niemand sagen.
Wer mit dem Scewo eine Treppe fährt, muss schon Gottvertrauen in die Technik haben. Man sitzt nämlich sehr hoch und sieht nicht, was der Rollstuhl macht. Außenstehende erkennen die Raupen und Hilfsräder. Der Nutzer hat lediglich Indikatoren, die er beachten muss.
Zudem kann es immer passieren, dass eine Noppe durchrutscht. Bisher ist mir dabei nichts passiert und es fühlt sich ganz schön unangenehm an. Auch kann es passieren, dass der Scewo leicht versetzt die Treppe hochfährt und dann zu schräg steht. Das kann man ausgleichen, aber auch das ist alles andere als ein schönes Gefühl.
Manchmal rutscht die Noppe nur einer von beiden Raupen durch. Dadurch kommt der Bro leicht ins Rutschen und steht dann schief bevor es weitergeht. Ich habe zwei solcher Situationen auf Video gebannt und dem Service von Scewo zugesandt. Dort war man bis heute über dieses Verhalten ratlos. Genauer anschauen wollte sich der Service dieses Verhalten leider nicht.
Zum Raupenmodus gab es in Q2 2024 ein Update. Der Bro versucht nun, sich immer automatisch parallel auszurichten. Wenn er also auf einer Noppe durchrutscht (was meinem Gefühl nach zu häufig passiert) und sich dadurch leicht querstellt, arbeiten direkt mehrere Motoren, um den Bro wieder parallel zur Treppe auszurichten. Gleichzeitig wird aber auch immer der Sitz mit bewegt und neu ausgerichtet. Ich halte vor Schreck nun immer an und taste mich vorsichtig an die neue Position heran, bevor es auf der Treppe weitergeht. Denn nicht immer gelingt es der Software, der Bro wieder auszurichten und ich muss doch händisch nachjustieren.
Der Scewo ist also für „normale gerade Treppen“ gedacht, so wie sie in vielen Häusern zu finden sind. Ich selbst habe immer noch großen Respekt dafür, eine Treppe von oben anzufahren, was daran liegt, dass der Scewo nach vorn rollt, wenn der Schwerpunkt verlagert wird. Der Scewo macht nämlich vor einer Stufe im Fahrmodus nicht halt (wie sollte er auch sonst einen Bordstein runterkommen?). Man kann zur Not eine Treppe quer anfahren und den Rollstuhl dann im Treppenmodus drehen.
Es dauert dann seine Zeit, bis eine solche Treppe gestiegen wird. Natürlich ist dies noch immer besser als keine Treppe bewältigen zu können.
Die Stärken des Treppenmodus hat der Scewo vor allem im öffentlichen Raum, wenn z.B. mal wieder ein Aufzug ausgefallen ist oder größere und kleinere Stufen das Weiterkommen erschweren.
Wer denkt, dass er mit einem Scewo mehr Freunde, Bekannte, Kunden, Restaurants usw. besuchen kann, muss berücksichtigen, dass die Örtlichkeiten am oberen Ende der Treppe nicht barrierefrei gestaltet sind und der Scewo natürlich seine Größe hat. Das kann in beengten Wohnungen einer Großstadt zu einer Herausforderung werden. Vor allem bei Freunden ist es von Belang, dass über die Raupen recht viel Dreck in die Wohnung transportiert wird.
Der Scewo Bro ist ein kleiner Radaubruder. Die Nachbarn bedanken sich, wenn man abends oder nachts nach Hause kommt und die Treppen mit dem Bro herauffährt. Das Umschalten zwischen den Modi ist recht laut und auch der Raupenantrieb überzeugt nicht mit einem Flüstermodus. Während der Fahrt im Fahrmodus ist er hingegen nicht besonders laut, solange die Raupen nicht durchrutschen.
Scewo lernt von den Fehlern und Unfällen der Anwender. Vor allem bei den Treppen gab es schon einige Ereignisse. Deshalb wurde eine Reihe von problematischen Treppen definiert:
- Treppenstufen mit Überhang: Das sind Treppen mit abgerundeten Kanten, die ein wenig überschauen. Bei diesen Treppen erkennt der Bro manchmal das Treppenende nicht.
- Treppen mit unterschiedlichen Stufenhöhen und Treppen mit sehr schmalen und langgezogenen Treppenstufen: Hier empfiehlt der Hersteller, dass der Anwender darauf achtet, dass die Raupen auf mindestens zwei Stufen aufliegen, damit dieser nicht kippt.
- Treppen bei denen der erste Tritt deutlich flacher ist: Hier sich im Raupenmodus der Treppe nähern, der Bro wechselt automatisch in den Treppenmodus. Wer eine solche Treppe herunterfährt, muss am Ende der Treppe in den Raupenmodus wechseln, wenn der Bro den Treppenanfang zu früh erkennt.
Es gibt auch wie eingangs erwähnt eine ganze Reihe von ungeeigneten Treppen. Hier nochmals eine kleine Zusammenstellung:
- Treppen, die am oberen Ende an einem Weg mit Gefälle enden. Hier ist es vor allem problematisch, wenn der Anwender von oben an die Treppe heranfährt. Dann erkennt der Bro den Steigungswinkel fehlerhaft und er kann nach vornüber kippen.
- Treppen mit geneigten Stufen. Sowas gibt es durchaus auch, wenn sich z.B. die Treppe an einem Hang befindet.
- Man sollte auch keine Treppe befahren, wenn die Raupen nass bzw. verschmutzt sind.
Noch eine Anmerkung zu den Plattformen zwischen den Treppenabsätzen. Dort muss der Bro eine 90°-Wende schaffen. Als minimale Podestgröße gibt Scewo 1.150 x 1.150 mm an. Dies entspricht dem Wendedurchmesser des Rollstuhls. Wie ich feststellen musste, ist dies ein üppiges Maß. Selbst in Neubauten wurde ich mit Podest- bzw. Plattformgrößen von 1.000 x 1.000 m konfrontiert (also 1 m x 1 m). Es braucht dann zwar mehrere Anläufe, aber der Bo schafft auch so gerade eben das Ein-Meter-Podest.
Ich nehme noch immer lieber den Aufzug oder umfahre eine Treppe, wenn ich die Wahl habe.
Ich stelle den Scewo Bro in mehreren Beiträgen hier auf meinem Blog vor. Damit die Übersicht nicht leidet, gibt es einen Beitrag, in dem ich alle Berichte bündele. Diese Erfahrungsberichte sind nicht gesponsert und spiegeln meine persönliche Meinung wider. Aufgrund der Vielfältigkeit von Erkrankungen bzw. Behinderungen kann ich keine Hilfsmittelberatung anbieten. Die Beiträge dienen lediglich zur Orientierung für Interessenten.
Schon seit Anbeginn des Internets pflegte Eng einen Blog. Und weil es ihm Spaß macht, seine Erfahrungen zu teilen, sind es immer Mischblogs, so wie dieser hier.
Seitdem seine neuromuskuläre Erkrankung einen deutlich größeren Einfluss auf sein Leben hat, befinden sich neben den Beiträgen zur Fotografie, Aquaristik, Reisen, Verbraucherschutz und Technik auch Beiträge zu Gesundheitsthemen auf diesem Blog.
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