Die Neubewertung einer Schwerbehinderung

Wie ich grund­sät­zlich eine Schwer­be­hin­derung fest­stellen lasse, habe ich schon gezeigt. Heute gehe ich einen Schritt weit­er und zeige, wie ein Ver­schlechterungs- bzw. Ver­schlim­merungsantrag gestellt wird. Im offiziellen Jar­gon gibt es diese Wörter nicht, son­dern es wird eine Schwer­be­hin­derung ein­fach nur neu bew­ertet.

Dies kann im Übri­gen in bei­de Rich­tun­gen passieren, weshalb Neube­w­er­tung bess­er passt. Nicht jede Behin­derung ist von Dauer, so dass der Antrag­steller schon schauen muss, weshalb er einen solchen Antrag stellen möchte. Bei ein­er pro­gre­di­en­ten chro­nis­chen Erkrankung stellt sich diese Frage nicht. Da stellt sich lediglich die Frage, wie stark wirkt sich die Erkrankung auf den All­t­ag aus.

Der Antrag läuft in gle­ich­er Weise ab, wie der Erstantrag, nur mit dem Unter­schied, dass man darauf hin­weist, dass es sich um eine Neube­w­er­tung han­delt. In NRW wird online gefragt, ob schon ein Antrag gestellt wurde und unter welchem Akten­ze­ichen dieser geführt wurde.

Wie schon beim Erstantrag empfehle ich, in einem sep­a­rat­en Schreiben zu schildern, mit welchen Ein­schränkun­gen der Antrag­steller im All­t­ag zu kämpfen hat. Darüber hin­aus beantragt das Amt aber immer auch die aktuellen Arzt­briefe bei den behan­del­nden Ärzten und der Krankenkasse. Warum ich den­noch eine Kopie meines aktuell­sten Arzt­briefs bei­le­gen muss, erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht.

In meinem Fall kam es zu zwei Beson­der­heit­en. Zum einen wurde für die Neufest­stel­lung „weit­eres Beweis­ma­te­r­i­al“ ange­fordert. Um was es sich han­delte, weiß ich bis heute nicht, denn diese Anforderung erfol­gte nicht bei mir, son­dern bei einem Arzt. Als zweite Beson­der­heit wurde die medi­zinis­che Bew­er­tung neu ges­tartet, weil ich zwis­chen­zeitlich neue Gutacht­en erhal­ten habe, die ich post­wen­dend dem Ver­sorgungsamt zuge­sandt habe.

In NRW kann der Antrag­steller online den Stand der Bear­beitung abfra­gen

Daran zeigt sich, wie indi­vidu­ell ein Antrag auf eine Schwer­be­hin­derung bear­beit­et wer­den muss. Die Sach­bear­beit­er bew­erten die Schwer­be­hin­derung auss­chließlich nach Papier­lage. Aus diesem Grund habe ich im Vor­feld mit meinen behan­del­nden Ärzten gesprochen, damit diese wussten, dass bald eine Anfrage vom Ver­sorgungsamt kom­men wird.

Im Netz lese ich immer wieder von der Frage, welch­es Merkze­ichen für welche Behin­derung aus­gestellt wird. Diese Frage ist so nicht kor­rekt, denn die Merkze­ichen wer­den nicht aus­gestellt, weil jemand irgen­deine Erkrankung hat oder hat­te, son­dern auss­chließlich auf­grund der Ein­schränkung, mit der der Patient leben muss.

Je nach Merkze­ichen kommt es auf die Kör­per­zo­nen an, die von der Behin­derung betrof­fen sind. Deshalb liest man häu­fig, dass z.B. min­destens ein gewiss­er Prozentsatz für die Beine gegeben sein müssen, damit das Merkze­ichen G gewährt wird.

Es wird allerd­ings immer nach Papier­lage entsch­ieden. Kein Sach­bear­beit­er wird den Antrag­steller sehen. Das heißt natür­lich, dass in den ange­forderten Doku­menten die geschilderte Ein­schränkung angegeben sein muss bzw. es muss aus ihnen her­vorge­hen.

Das heißt aber auch, dass die Sach­bear­beit­er einen gewis­sen Beurteilungsspiel­raum haben. Wer in den sozialen Medi­en schaut, wer welch­es Merkze­ichen zuge­sprochen bekom­men hat, wird deut­liche Unter­schiede fest­stellen. Deshalb lässt sich nicht pauschal sagen, dass ab bes­timmten Ein­schränkun­gen immer die Prozentzahl mit jen­em Merkze­ichen gewährt wird. Es sind immer Einzelfal­l­entschei­dun­gen.

Wenn ich mir weit­er­hin die Beiträge in den sozialen Medi­en anschaue, so hat es den Anschein, als würde in Städten bes­timmte Merkze­ichen nicht so gern vergeben wer­den, während in ländlicheren Regio­nen diese Merkze­ichen schneller gewährt wer­den. Aber dies ist nur ein Ein­druck, den ich nicht unter­mauern kann.

Mein Ansin­nen war, dass nicht nur der Grad der Behin­derung ange­hoben wird, son­dern auch, dass ich das Merkze­ichen aG erhalte. Als Roll­stuhlfahrer wurde es näm­lich zunehmend schwieriger, nor­male Park­plätze zu nutzen, da ich mich nicht immer zwis­chen den Autos hin­durch­quetschen kann. Auch wenn ich noch drei Schritte (nur mit entsprechen­den Orthe­sen) von der Fahrertüre zum Kof­fer­raum “gehen” kann (es ist eher ein schlep­pen als ein gehen), war ich der Mei­n­ung, dass dies für eine außergewöhn­liche Behin­derung aus­re­ichte.

Und genau hier schei­den sich die Geis­ter. Es gab wohl früher mal eine Regelung, dass beim Unter­schre­it­en ein­er gewis­sen Wegstrecke das Merkze­ichen aG zu gewähren ist. Heute ist dies nicht mehr so ein­deutig. Im Netz liest man davon, dass trotz Klage kein aG gewährt wird, weil der Erkrank­te noch 5 Meter gehen kann. Und dann von Fällen, in denen Patien­ten 50 Meter gehen kön­nen und den­noch das Merkze­ichen erhal­ten haben.

Wie lange dauert eine Neubewertung?

Man kön­nte ja meinen, dass eine Neube­w­er­tung der Schwer­be­hin­derung schneller bear­beit­et wer­den kann als ein Erstantrag. Dem war in meinem Fall jedoch nicht so. Der Erstantrag dauerte 3,5 Monate während die Neube­w­er­tung 3 Monate dauerte. Kein großer Unter­schied.

3 Monate nach Antrag­sein­gang sind für eine Großs­tadt wohl vol­lkom­men im nor­malen Rah­men. In ländlicheren Kreisen kann eine solche Bear­beitung auch schon mal länger dauern.

Am Ende nochmals der Hin­weis, dass ein Antrag auf Schwer­be­hin­derung eine sehr indi­vidu­elle Sache ist. Mit meinem Beitrag möchte ich zeigen, wie der Antrag am besten gestellt wird und mit welchen Erwartun­gen der Antrag­steller an diesen herange­hen kann. Natür­lich erhebt dieser Beitrag kein­er­lei Recht­sanspruch auf eine bes­timmte Ein­stu­fung. Wer Prob­leme mit dem Aus­füllen der Antrags­for­mu­la­re hat, kann (zumin­d­est in NRW) form­los einen Antrag stellen. Form­los heißt, dass der Antrag ein­fach auf einem Blatt Papi­er in eige­nen Worten gestellt wer­den kann. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert