Die Thomas Cook Pleite aus Sicht eines Betroffenen

Thomas Cook Logo am Heck eines FlugzeugsEs sollte das erste Mal sein, dass wir eine ganz klassische Pauschalreise gebucht haben und prompt sind wir in das Thomas-Cook-Desaster geschlittert. Und bei uns war es gleich doppelt blöd, haben wir das Geld kurz vor der Bekanntgabe der Insolvenz überwiesen. Hätten wir mal besser einen Tag gewartet oder mit Kreditkarte bezahlt. Es hilft aber nichts, denn nun ist unser Geld erstmal weg und wir gehören zu den 140.000 betroffenen, die ihre Ansprüche bei der Zürich-Versicherung geltend gemacht haben. Eine Chronik der Ereignisse aus Sicht einer betroffenen Familie. 

25.09.2019

Es wird bekannt gegeben, dass Thomas Cook in England Insolvenz angemeldet hat. Die deutschen Töchter sind vorerst nicht direkt betroffen und haben keine Insolvenz angemeldet. Wir haben eine Reise über ein Online-Reisebüro gebucht. Als Reiseveranstalter wird die Thomas Cook International AG angegeben, die von der deutschen Thomas Cook GmbH administriert wird. Die Buchungsbestätigung erhalten wir von Neckermann Reisen. Was mit unsere Reise ist, steht zu diesem Zeitpunkt nicht fest. Vorerst werden vom Veranstalter nur die Reisen der nächsten drei Tage abgesagt und der Fokus liegt bei den Urlaubern, die in den Urlaubsorten gestrandet sind. Unsere Reise sollte in den NRW-Herbstferien stattfinden, die noch über 30 Tage in der Zukunft liegen.

Wir zeigen dennoch den Schaden jetzt schon an, da jetzt schon absehbar ist, dass auch die anderen Firmen der Thomas-Cook-Gruppe Insolvenz anmelden werden. Die Hotlines sind in diesen Tagen vollkommen überlastet und die eigens eingerichtete Homepage der Versicherung bricht zusammen.

27.09.2019

Unser Online-Reisebüro versichert uns, dass unsere Reise nicht stattfinden wird. Man rät uns allerdings trotzdem mit einer Neubuchung noch zu warten.

Jetzt ist schon absehbar, dass es höchstwahrscheinlich ist, dass nicht alle Geschädigten über die Versicherung das gesamte Geld für die Pauschalreise erstattet bekommen. Es würde bedeuten, dass die Reisen nicht mehr als knapp 750 Euro kosten dürften, damit alle Geschädigten den vollen Kaufpreis erstattet bekommen. Sehr unwahrscheinlich, dass dem so ist. Während Klagen gegen die Deckelung wenig Aussicht auf Erfolg haben, hegen die Geschädigten die Hoffnung, dass eine Rettung funktioniert und die deutschen Töchter ab 2020 ihren Geschäftsbetrieb wieder aufnehmen. Gleichzeitig dürfte nicht vor nächsten Jahr mit einer Entschädigung zu rechnen sein.

30.09.2019

Wir buchen eine Alternativreise. Wieder als Pauschalreise, bezahlen aber mit Kreditkarte, auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass die FTI-Gruppe ebenfalls Pleite gehen wird. Über diese Reise werden wir gesondert berichten.

01.10.2019

Nun erhalten wir auch von Thomas Cook eine E-Mail dass unsere Reisen (und alle weiteren bis zum Jahresende) gestrichen wurde.

Erste Betrugsmail machen die Runde, in denen die Geschädigten gleich nochmals geprellt werden, in dem ihre Kreditkartendaten oder sonstige sensible Daten abgefragt werden. Wie hoch der Schaden durch Betrüger ist, bleibt unklar. Es gilt wie immer, vorsichtig zu sein, wann man welche Daten im Netz angibt.

14.10.2019

Wir erhalten eine weitere Nachricht, dass unsere Reise, die am 16.10. starten sollte, nicht stattfindet.

22.10.2019

Als wir aus unserem Urlaub zurückkommen, findet sich ein Schreiben von Kaera im Briefkasten. Unsere Ersatzansprüche sind bei der Versicherung angekommen, diese aber noch einiges an Zeit benötigt, um den Gesamtschaden zu beziffern. Das zweiseitige Schreiben hat nur das zusammengefasst, was wir in unserem Beitrag schon vermutet hatten.

UPDATE 12.11.2019

Thomas Cook gibt bekannt, dass nun alle gebuchten Reisen nicht durchgeführt werden können. Bisher war unklar gewesen, was mit den Reisen geschieht, die ab dem 01.01.20 durchgeführt werden sollten. Damit schauen nun auch alle Frühbucher in die Röhre.

Damit könnte die Anzahl der Betroffenen auf sagenhafte 660.000 ansteigen. Allerdings haben bisher nach Angaben der Versicherung Zurich “erst” 150.000 Betroffene Schadenersatzansprüche geltend gemacht. Die Schadenssumme beläuft sich aktuell auf ca. 250 Mio. Euro bei einer Abdeckung von 110 Mio Euro. Es ist anzunehmen, dass die Schadenssumme nach der Ankündigung, überhaupt keine Reise durchführen zu können, weiter ansteigt.

Ab Dezember 2019 möchte die Versicherung mit den ersten Ersatzzahlungen beginnen.

UPDATE 11.12.19

Gut für die Reisenden, schlecht für die Steuerzahler. Der Bund hat zugesichert, für die Kosten aufzukommen, auf denen die Reisenden sitzenbleiben. Bisher steht eine Schadenssumme von über 240 Mio Euro im Raum und es wird damit gerechnet, dass diese noch weiter steigt. Um eine Klagewelle abzuwenden, möchte nun der Bund einspringen, da eventuell ein EU-Recht nicht korrekt umgesetzt wurde.

Bisher wird geplant, dass die Verbraucher ihre Kosten aus einer Hand zurückbekommen. In diesem Fall würde der Bund das Geld an den Versicherer auszahlen und diese an den Geschädigten. Das genaue Prozedere soll Anfang 2020 bekannt gegeben werden. Ob dann auch die ersten Zahlungen vorgenommen werden, ist unklar.

Details dieser Aussage finden sich in der Pressemitteilung 417 der Bundesregierung.

UPDATE 20.12.19

Ungeachtet der Ankündigung der Bundesregierung, den Thomas-Cook-Kunden mit ihrem Schaden nicht allein zu lassen, hat die Kaera AG nun mitgeteilt, wie düster es wirklich um die Rückzahlung steht. Wer auf ein Weihnachtsgeschenk hoffte, wird (vorerst?) bitter enttäuscht, denn die Ersatzansprüche können lediglch in Höhe von 17,5 Prozentpünktchen berücksichtigt werden.

Nun möchte die Kaera AG zumindest diese Erstattung vornehmen und die Beträge bis Ende Februar ausgezahlt haben, unabhängig von der Ankündigung der Bundesregierung, für die Differenz aufzukommen. Je nach gewähltem Prozedere erhält der Kunde eventuell und bisher mit Fragezeichen den Rest zu einem späteren Zeitpunkt.

Etwas ähnliches steht in den FAQ der Kaera-AG.

Weitere Updates werden folgen, wenn wir genauere Informationen erhalten.

UPDATE 24.01.20

Folgend ein Auszug aus der Regierungspressekonferenz vom 24. Januar 2020. Von Pressevertretern werden Fragen an den Sprecher des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz gestellt:

Frage: Herr Zimmermann, seit heute steht eine Summe für Hilfen für Kunden von Thomas Cook im Raum, und zwar 263 Millionen Euro. Die Frage wäre, ob Sie die Zahl bestätigen können.

Es gibt eine Arbeitsgruppe im Ministerium, die an dem Procedere arbeitet. Können Sie sagen, was eigentlich genau noch offen ist und wie der Zeitplan aussieht?

Zimmermann: Vielen Dank. – Wir werden den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am Mittwoch über den aktuellen Stand unterrichten. Aus Respekt vor dem Parlament möchte ich dieser Unterrichtung jetzt nicht im Einzelnen vorgreifen.

Was die Höhe der Ausgleichszahlungen angeht, kann ich aber sagen, dass wir von einer Größenordnung in Höhe von etwa 225 Millionen Euro zuzüglich Abwicklungskosten ausgehen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch noch einmal betonen, dass im Gegenzug zu diesen Ausgleichszahlungen die Ansprüche der Betroffenen an den Bund abgetreten werden sollen. Der Bund wird diese Ansprüche dann aus eigener Hand weiterverfolgen. Wir gehen davon aus, dass wir dadurch zumindest einen Teil des Aufwandes nachträglich wieder reduzieren können.

Zusatzfrage: Geht es dabei um mehr als die 17,5 Prozent der Zürich-Versicherung?

Zimmermann: Die Frage habe ich jetzt nicht genau verstanden.

Zusatzfrage: Es geht ja um die Zahlungen, die über die 17,5 Prozent hinausgehen, die die Versicherung ohnehin übernimmt. Geht es bei der Hoffnung auf weitere Zahlungen aus abgetretenen Ansprüchen um mehr als das?

Zimmermann: Im Moment sind noch verschiedene Rechtsfragen offen. Dazu gehört insbesondere die Frage, ob das Versicherungsunternehmen die Haftungshöchstgrenze richtig ermittelt hat. Darum geht es im Wesentlichen.

[…]

Vorsitzender Buschow: Es gibt noch zwei Nachlieferungen. Zunächst einen Termin der Kanzlerin und dann eine Nachlieferung in Sachen Thomas Cook. Fangen wir mit dem Thema Thomas Cook an.

Zimmermann: Mir ist lediglich aufgefallen, dass ich Ihre zweite Frage nach dem weiteren Verfahren in Sachen Thomas Cook noch nicht beantwortet hatte.

Wir hatten am 17. Januar eine Pressemitteilung dazu herausgegeben, die auch noch dem aktuellen Stand entspricht. Danach sollen die Geschädigten aktuell Folgendes beachten: Soweit sie das noch nicht getan haben, müssen sie ihre Ansprüche aus dem Sicherungsschein gegenüber der Zürich-Versicherung geltend machen. Sie müssen auch die Forderungen beim zuständigen Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden. Genauere Informationen lassen sich der Pressemitteilung entnehmen.

Darüber hinaus ist angekündigt, dass die Bundesregierung in den nächsten Wochen ein einfaches, für die Pauschalreisenden kostenfreies Verfahren zur Abwicklung der Ausgleichszahlungen bereitstellen und die betroffenen Pauschalreisenden öffentlich über das Verfahren der Abwicklung und die nächsten Schritte informieren wird. Das ist noch der aktuelle Stand.

Im Klartext heißt das, dass es noch was dauern wird, bis die Geschädigten mit der Restzahlung rechnen können.

UPDATE April 2020

Die Corona-Krise schickt die Geschädigten aus dem Regen in die Traufe. Die ersten Zahlungen durch die Versicherung laufen an und auch wir haben die 17,5% des ursprünglichen Reisepreises erhalten. Leider zieht sich der Rest weiterhin wie Kaugummi. Die Bundesregierung hat nun verkündet, dass zumindest versucht werden, die Restzahlungen nicht bis ins Jahr 2021 zu ziehen. Inwieweit die zugesagten knapp 200 Mio. Euro tatsächlich bereitgestellt werden können, wird sich zeigen müssen. Eines benötigen die Geschädigten aber weiterhin: viel Geduld.

UPDATE April 2022

Zwei Jahre ist das letzte Update nun her – und der Entschädigungsprozess noch immer nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung hatte sich entschieden gehabt, den Differenzbetrag zwischen Entschädigung durch die Versicherung und Kosten der Pauschalreise auszugleichen. Dafür gab es einen Internetauftritt, auf dem die Betroffenen ihren Anspruch geltend machen konnten.

Eine Nachbearbeitung der Anträge war bis Mai 2021 möglich. Mit einer Pressemitteilung aus dem März 2022 wurde mitgeteilt, dass die Fristen zum Anmelden abgelaufen sind.

So weit, so gut. Was bis heute jedoch fehlt, sind die Auszahlungen, von denen ich ehrlich gesagt nicht mehr glaube, dass sie noch kommen werden. Die Regierung hat mittlerweile gewechselt (was zu einem ersten Vergessen geführt haben dürfte) und nicht nur Corona beutelt die Staatskassen, sondern auch der Krieg in der Ukraine. Zur Zeit ist es nur ein Versprechen mehr, das die Bundesregierung gebrochen hat.

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