Du kriegst doch alles geschenkt – Teil 2: Rollstuhl

Wer nicht mehr laufen kann, muss fahren. Haha! Der Scherz aus der Jugend wird Real­ität. Nur, dass man nicht alko­holisiert Auto fährt, son­dern ein Roll­stuhl zum All­t­ags­ge­gen­stand wird. Da schmarotzen sich die Behin­derten ja wieder auf Kosten der All­ge­mein­heit, denn solch ein Gefährt ist nicht sel­ten eine Maßan­fer­ti­gung, die mehrere Tausend Euro kostet.

Wer nun mit dem Fin­ger auf die Roll­stuhlfahrer zeigt und fordert, dass alle einen Ein­heit­sroll­stuhl nutzen kön­nen, sollte etwas bedenken. Ein Roll­stuhl muss wie ein Schuh pass­ge­nau sitzen. Immer­hin ver­brin­gen die Roll­stuhlfahrer und ‑fahrerin­nen viele Stun­den am Tag in diesem Gefährt. Es wäre ja auch nie­man­dem geholfen, wenn es Ein­heitss­chuhe gäbe. Jed­er weiß, dass selb­st die gle­iche Schuh­größe nicht bedeutet, dass jed­er Schuh passt.  Mal ist der eine zu weit, mal der andere zu eng. Genau so ver­hält es sich auch mit Roll­stühlen. 

Nun bezahlen Krankenkassen nicht immer diese indi­vidu­elle Ver­sorgung, son­dern lediglich eine Pauschale. Möchte der kün­ftige Nutzer ein besseres Mod­ell haben, muss er draufzahlen.

Bei welchem Krankheits­bild welche Stan­dards gewährt wer­den, scheint etwas willkür­lich zu sein. Mal zahlen die Kassen sehr teure Mod­elle ohne zu mur­ren, dann wird in einem ähn­lich gelagerten Fall nur die Pauschale gewährt.

rollstuhl

Dabei sollte jed­er bedenken, dass sich kein Men­sch frei­willig tagtäglich in einen Roll­stuhl set­zt.

Ger­ade die Men­schen, die an ein­er sich kon­tinuier­lich ver­schlechtern­den Krankheit lei­den, wer­den oft­mals stärk­er zur Kasse gebeten oder müssen sich mit einem schlechteren Stan­dard-Mod­ell zufrieden geben. Zumin­d­est nach dem Willen der Krankenkassen.

Das “Prob­lem” ist näm­lich, dass viele Roll­stuhlher­steller sehr gün­stige Stan­dard-Mod­elle anbi­eten (sozusagen als Lockange­bote), nur um dann jeglich­es Detail auf­preispflichtig zu machen. Es hat tat­säch­lich ein biss­chen was von einem Autokauf, wo es eben­falls üblich ist, sich jedes Extra gut bezahlen zu lassen.

Bei Roll­stühlen sind diese Extras allerd­ings nicht rein­er Luxus, son­dern oft­mals notwendig. Es gibt z.B. bei Fal­troll­stühlen Sta­bil­isierungsstan­gen, die vor allem bei größeren Erwach­se­nen notwendig sind, damit sich der Rah­men des Roll­stuhls nicht ständig bewegt oder dro­ht zusam­men­zuk­lap­pen. Auch Fußras­ten, Seit­en­teile oder beson­dere Greifreifen erle­ichtern dem Roll­stuhlfahrer den All­t­ag enorm. Und beu­gen zudem Fol­geerkrankun­gen vor, die oft­mals auftreten, weil Behin­derte mit falschen Roll­stühlen ver­sorgt wer­den.

Diese Extras oder das Mod­ell, das ein paar Kilo­gramm weniger wiegt, kann schon mal Mehrkosten in Höhe von mehreren Tausend Euro verur­sachen. Wer Fahrrad fährt wird den Unter­schied ken­nen und merken, ob ein Fahrrad 10 kg oder 15 kg wiegt. Wer schlecht ver­sorgt wird, muss draufzahlen (da kom­men schon mal gerne 2.000 Euro zusam­men, die man erst­mal haben muss) oder (wieder) der Klageweg wählen, der aber sehr ner­ve­naufreibend sein kann. Vor allem, wenn dies nicht der einzige Stein ist, der einem in den Weg gelegt wird.

Wer nun noch immer darüber klagt, dass Behin­derte sich sozialschmarotzend an der Gesellschaft bere­ich­ern, sollte nicht in einem “Sozial­staat” leben und auswan­dern. Und hof­fen, dass es ihn nicht trifft.

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