Du kriegst doch alles geschenkt – Teil 3: Handbike

Im heutigen Teil geht es um Handbikes. Wer nicht mehr Fahrrad fahren kann, muss sich zwangsläufig nach anderen Möglichkeiten umschauen, wie er sich ein wenig bewegen kann, vor allem, wenn viele Sportarten einfach nicht mehr möglich sind.

Schnell stoßen behinderte Menschen auf das Handbike. Dies ist ein Rad, das vor den Rollstuhl eingespannt wird. Die Fortbewegung erfolgt mit Muskelkraft der Arme. Ist die Kraft nicht mehr zu 100% vorhanden, so kann ein hybrides Handbike genutzt werden. Bei diesen Handbikes wird über einen elektrischen Antrieb der Fahrer unterstützt (dass es noch einige weitere unterschiedliche Bauformen gibt, lasse ich mal außen vor).

Dieses Hilfsmittel wird für gewöhnlich für Erwachsene von den Krankenkassen nicht übernommen. Bei Kindern zählt ein Handbike noch als Therapiegerät, für einen Erwachsenen nicht. Der Grund ist relativ simpel: Kostenreduktion. Weitere Nachteile hinsichtlich des Handbikes liste ich im Folgenden auf.

Nachteil 1: Preis

Ein passables E-Bike für Fußgänger ist schon ab zirka 3.000 Euro erhältlich. Für ein hybrides Handbike muss man gut das Doppelte hinlegen. Gleichzeitig ist die Auswahl extrem eingeschränkt. Aus marktwirtschaftlicher Sicht verständlich, denn diese Handbikes werden in sehr kleinen Stückzahlen gefertigt. Und Produkte aus Kleinserien sind immer teurer als Produkte aus einer Massenfertigung.

Nachteil 2: Kleinserie

Auf dem Massenmarkt werden immer wieder Aktionen gestartet, um die Kunden mit Sonderangeboten anzulocken. Hersteller von Handbikes haben diesen Spielraum nicht. Selbst wenn der Kunde direkt beim Hersteller kauft, bekommt er das Handbike nicht günstiger als über das Sanitätshaus.

Nachteil 3: Leasing

Wer das Handbike leasen möchte, den erwartet eine weitere Überraschung. Für E-Bikes gibt es die Möglichkeit, über den Arbeitgeber das Rad zu beschaffen und über eine Gehaltsumwandlung das Fahrrad zu leasen. Nach dem Leasing steht es dem Arbeitnehmer frei, das Rad zu übernehmen oder auch nicht.

Für Handbikes gibt es diese Möglichkeit nicht, weil nach Angaben der Leasingagentur (in diesem Fall Jobrad) das Handbike nicht als Fahrrad klassifiziert ist und somit auch nicht für das Fahrrad-Leasing in Frage kommt.

Etwas belämmert, dass Liegebikes sehr wohl als Fahrrad gewertet werden. Nur wo stellt man sich als Mieter in einer Großstadt ein solches Bike hin?

Nachteil 4: Kein Hilfsmittel

Ist ein Rollstuhl ein Hilfsmittel und wird über die Krankenkasse finanziert (zumindest weitestgehend), so gilt dies für ein Handbike nicht. Bei behinderten Kindern gibt es eine realistische Chance, dass die Kasse etwas bezuschusst oder gar das komplette Handbike übernimmt. Bei Erwachsenen überwiegt der Tenor, dass ein Handbike ein Freizeitgerät ist und eben kein Hilfs- oder gar Therapiemittel. Einige wenige schaffen es, einen Antrag bei der Krankenkasse durchzukriegen. Alle anderen müssen ihr Bike privat finanzieren.

Nachteil 5: Kein Gebrauchtmarkt

Logisch, werden Handbikes in nur kleinen Stückzahlen gebaut, so gibt es natürlich auch keine große Auswahl auf dem Gebrauchtmarkt. Und wenn Bikes angeboten werden, dann sind die nicht nur durchgerockt, sondern auch vergleichweise teuer. Ein verrostetes und total verdrecktes Handbike kann immer noch 2.000 Euro kosten, wenn es sich um ein Adaptiv-Bike handelt (also eines mit elektrischer Unterstützung).

Hier muss man schon wirklich Glück haben, um ein gebrauchtes Handbike zu finden.

Nachteil 6: Diebstahl

Wer ist am einfachsten zu beklauen? Richtig, die Hilflosen. Und weil in den Köpfen der Ahnungslosen verankert ist, dass Behinderte sowieso alles bezahlt bekommen, haben Diebe auch kein schlechtes Gewissen, wenn sie ein Handbike oder Teile davon stehlen. Dass der Besitzer sich dieses Handbike vielleicht vom Mund abgespart hat, scheint unvorstellbar.

Aber leider denken die Hersteller von Handbikes nur bedingt an einen Diebstahlschutz, was vor allem für die Anbauteile gilt. Natürlich ist es super, wenn ein Bike für den einfacheren Transport zerlegt werden kann, aber das muss eben so umgesetzt werden, dass Dieben es nicht zu einfach gemacht wird und ich als Benutzer muss die Möglichkeit haben, es vernünftig zu sichern.

Bedauerlicherweise wird ein Handbike für Erwachsene von den Krankenkassen als Freizeitgerät und nicht als Therapiegerät angesehen, auch wenn es unzählige Studien gibt, die bestätigen, dass ein solches Handbike für die Gesundheit von Rollstuhlfahrern in vielerlei Hinsicht förderlich ist und Folgeerkrankungen entgegenwirkt. Aber die Krankenkassen denken lieber kurz- als mittel- oder langfristig.

Aber Du, lieber Leser und liebe Leserin, weißt nun, dass ein solches Handbike von den Nutzern meist für teuer Geld in Eigenregie gekauft und mitnichten von irgendwem finanziert wurde.

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