Du kriegst doch alles geschenkt: Teil 6: C-Brace-Ganzbeinorthesen

Als ich noch ein paar Schritte gehen konnte, hatte ich zusammen mit einem Sanitätshaus und dem Hersteller versucht, besondere Ganzbeinorthesen mit Dämpfung zu beantragen. Es handelte sich um die C-Brace-Orthesen von Otto Bock. Dieser Vorgang ist schon eine Weile her, aber die Erfahrungen bei diesem Vorgang sind dennoch sehr spannend.

Im Oktober eines Jahres fand eine ausgiebige Testung statt. Dazu kam der Hersteller mit einer Test-Orthese im Sanitätshaus vorbei und es wurde geprüft, ob ich mit dieser Orthese grundsätzlich zurechtkomme. Tatsächlich ging es vergleichsweise gut und die beiden Mitarbeiter haben eine ausführliche Foto- und Video-Dokumentation aufgezeichnet. Zusätzlich wurde noch ein 7-seitiger Fragebogen ausgefüllt, in dem haarklein aufgelistet wurde, in welchem Umfeld ich lebe und wie ich die Orthesen nutzen werde (z.B. welche Wegstrecken ich aktuell (zum damaligen Zeitpunkt) zurücklegen konnte und welche Erwartungen in die Orthesen gesetzt wurde).

Beim ersten Antrag war die Unterstützung seitens des Sanitätshauses noch gegeben. Beim Widerspruch nach der ersten Ablehnung, sah es leider etwas mau aus. Auch der Hersteller konnte nicht wirklich unterstützen. Dabei wäre es vonnöten gewesen, denn ich habe eine beidseitige Versorgung mit den Orthesen beantragt, was in Summe die 100.000-Euro-Grenze überschritten hat.

Es gilt allerdings zu bedenken, dass zuerst eine zweite Testphase mit angepassten Orthesen angedacht war und der Erstantrag darauf abzielte, dass ich mit diesem Testsystem versorgt werde. Der Charme wäre gewesen, dass ich die angepassten Orthesen auch mit einem starren Gelenk hätte nutzen können, wenn das C-Brace-Gelenk nicht in Frage gekommen wäre. Immerhin ist dieses System der Hauptkostenfaktor in diesem Antrag gewesen.

Die erste Ablehnung kam nach 2,5 Monaten. Diese Ablehnung wurde direkt vom MDK (Medizinischen Dienst der Krankenkassen) vorgenommen. Vermutlich werden Anträge von hochpreisigen Hilfsmitteln direkt zum MDK geschickt. Allerdings wurde mir das Gutachten des MDK nicht zugestellt. Also habe ich den ersten Widerspruch eingelegt und das Gutachten angefordert.

Es sollte einen weiteren Monat dauern, bis ich das Gutachten erhalten habe. Daraufhin habe ich ausführlich ausgeführt, welchen Nutzen die Orthese für mich hat und wie das weitere Vorgehen wäre. Auch auf den Umstand, dass ich die Orthesen mit einem alternativen Kniegelenk nutzen könnte, hatte ich nochmals explizit hingewiesen.

Anschließend wurde der Fall an den “Widerspruchsausschuss” weitergleitet. Dieser tagt nur drei oder vier Mal im Jahr und schmettert Anträge endgültig ab (ich habe mal irgendwann den Kommentar eine Mitarbeiters eine Krankenkasse gelesen, dass dieser Ausschuss ausschließlich Anträge ablehnt. Ob das wirklich stimmt, kann ich nicht beurteilen. In meinen Fällen war dem auf jeden Fall so.). Wie schon bei anderen Anträgen wurden meine Argumente vollkommen ignoriert und es wurden Gründe angeführt, die in meinen Fall etwas fragwürdig waren. So ist man gar nicht darauf eingegangen, dass ich mittels Physiotherapeuten an dem Testsystem trainiert werden sollte. Es wurde lediglich angeführt, dass ich mich zu sehr abgestützt habe, um für ein solches System in Frage zu kommen. Das zusätzliche Gehen an Unterarmstützen in Verbindung mit den C-Brace-Orthesen scheint nicht vorgesehen zu sein.

Es sollte etwas mehr als ein halbes Jahr dauern, bis die Krankenkasse den Antrag endgültig abgelehnt hat. Wie schon bei allen anderen Anträgen wurden meine Argumente ignoriert. Der nächste Weg wäre der Gang vor das Sozialgericht gewesen. In einem solchen Fall hätte der Vorgang mit Sicherheit zwei bis drei Jahre verhandelt werden müssen. Bestenfalls. Oftmals dauern die Verfahren länger, weil die Sozialgerichte überlastet sind (so wie alle öffentlichen Stellen). Gleichzeitig hatte sich aber weiterhin meine Fähigkeit zu Stehen bzw. zu Laufen merklich eingeschränkt. Ob dies mit den Orthesen hätte aufgehalten werden können, werde ich wohl nie in Erfahrung bringen. Natürlich müssen Krankenkassen auch immer die Wirtschaftlichkeit betrachten, aber wenn die Ablehnung der Orthese dazu beigetragen hat, dass ich schneller zu 100% auf einen Rollstuhl angewiesen bin, dann hat dies schon eine bittere Note. Mittlerweile fehlt mir die Kraft, das Knie so zu strecken, damit die Orthese genutzt werden kann, weshalb ich den Gang vor das Sozialgericht nicht angetreten habe.

Diese Ablehnung hatte letzten Endes dazu geführt, dass ich einen Elektrorollstuhl mit Stehfunktion beantragt habe. Doch das ist ein anderes Thema für einen anderen Beitrag hier auf meinem Blog.

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