Du kriegst doch alles geschenkt: Teil 5: Die Ablehnung eines hybriden Handbikes

Ich habe versucht, ein hybrides Handbike über die Krankenkasse als Therapiegerät zu beschaffen. In diesem Beitrag zeige ich, wie sich die Krankenkasse windet und die eigenen Argumente einfach ignoriert, um die Ablehnung der Kostenübernahme zu verhindern.

Zuerst zu den Begrifflichkeiten, denn die Krankenkasse legt sich die Begriffe gerne so zurecht, wie es für die Ablehnung gerade passt. Ich selbst habe diesen Vorgang mit der DAK-Gesundheitskasse erlebt, aber im Netz gibt es zahlreiche Berichte, dass andere Krankenkassen ähnlich argumentieren. Aus was für Gründen auch immer werden gesetzlich Versicherte nicht mit einem Handbike versorgt.

Es gibt ganz unterschiedliche Arten von Handbikes. An dieser Stelle eine nur ganz grobe Einordnung, damit der Leser weiß, worum es geht.

Diese Handbikes werden rein über die Muskelkraft der Arme des Behinderten angetrieben. Dafür wird eine Handkurbel verwendet. Solche Handbikes gibt es als Anklemmbike, das vorn vor den eigenen Rollstuhl befestigt wird oder als Variante, in dem der Behinderte liegt oder kniet. Tatsächlich versuchen die Hersteller mit kreativen Namen die Krankenkassen davon zu überzeugen, dass diese Hilfsmittel für Behinderte sinnvoll sind. So heißen die Liegebikes auch schon mal gerne “Handhebelrollstuhl”.

Bei diesen Handbikes wird die Muskelkraft der Arme durch einen Elektromotor unterstützt. Diese Handbikes funktionieren ähnlichen einem E-Bike. Wichtig hierbei, dass es dennoch die Muskelkraft des Fahrers bedarf, um das Handbike anzutreiben. Auch die hybriden Handbikes gibt es in unterschiedlichen Varianten (wie z.B. als Anklemm- oder Liegebike).

Die Zuggeräte werden immer an den eigenen manuellen Rollstuhl geklemmt und verfügen nicht über die Möglichkeit, dass der Fahrer eigene Muskelkraft einsetzt. In jedem Fall wird der Rollstuhl elektrisch angetrieben.

Ich selbst habe mir gebraucht ein manuelles Handbike gekauft und musste leider feststellen, dass mir die Kraft fehlt, um damit Steigungen hochzufahren. Dabei reichten auch schon kleinere Steigungen, wie sie im grundsätzlich flachen Köln auftreten. Ich hatte über einen Hersteller von hybriden Handbikes die Möglichkeit genutzt, ein Handbike mit Elektrounterstützung zu testen. Der Unterschied war enorm, so dass dieses Handbike meiner Gesundheit sehr zuträglich wäre.

Somit hatte ich den Entschluss gefasst, ein solches Handbike bei der Krankenkasse als Therapiegerät anzufragen. Ich selbst bin in der Gesundheitskaste der gesetzlich Versicherten. Mein Antrag hatte von der Antragsstellung bis zur endgültigen Ablehnung genau ein Jahr gedauert. Hier schonmal der Hinweis, dass die Krankenkassen den gesetzlich Versicherten die Handbikes grundsätzlich ablehnen. Wer privat versichert ist oder über eine Berufsgenossenschaft mit Hilfsmitteln versorgt wird, erhält für gewöhnlich ein solches Handbike. Natürlich gibt es in beiden Fällen Ausnahmen.

Es begann im Mai eines Jahres damit, dass ich über ein Sanitätshaus das von mir getestete hybride Handbike bei der Krankenkasse beantragt habe. Für diesen Erstantrag benötigt der Antragsteller immer ein Sanitätshaus. Nach der ersten Ablehnung durch die Krankenkasse ist das Sanitätshaus raus und jegliche weitere Kommunikation läuft direkt über den Versicherten. Das Sanitätshaus wird nicht über die folgenden Briefwechsel informiert und leider können die Sanitätshäuser nicht mehr Unterstützung bieten als die Infos, die ich im Netz gesammelt habe. Der Antragsteller ist also auf sich selbst gestellt.

Was nun folgte, waren insgesamt zwei Widersprüche und drei Ablehnungen. Die Widersprüche waren garniert mit diversen Atesten und Studien, dass ein Handbike für mich einen therapeutischen Nutzen hat. Dennoch hat die Krankenkasse ein ums andere Mal die Anträge abgeschmettert.

In den Ablehnungsschreiben der Krankenkasse steht, dass das von mir beantragte Handbike nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet ist. Es wäre am ehesten vergleichbar mit einem Hilfsmittel der Produktart 18.99.04.0. Das ist ausgewachsener Blödsinn, denn dies ist ein Rollstuhlzuggerät. Und dieses kann einfach nicht den gleichen therapeutischen Nutzen haben wie ein (hybrides) Handbike.

In jedem(!) Widerspruch habe ich den unterschiedlichen Mitarbeitern der Krankenkasse und den Gutachtern des MDK mitgeteilt, dass ein Zuggerät nicht mit einem Handbike gleichzusetzen ist. Das Handbike verfügt über Handkurbeln und muss mit Muskelkraft angetrieben werden, das Zuggerät funktioniert ohne Einsatz von Muskelkraft. Ist der Rollstuhlfahrer beim Einsatz eines Rollstuhlzuggeräts passiv, so kommt er beim Einsatz eines Handbikes ins Schwitzen.

Insgesamt drei Mal habe ich damit argumentiert, dass ein Handbike und ein Zuggerät nicht das Gleiche und nicht vergleichbar sind. Dies gilt insbesondere für einen therapeutischen Nutzen. Aber keine Chance, die Krankenkasse hat meine Anträge immer mit der Begründung abgelehnt, dass das Zuggerät nur zur Erschließung meines näheren Umfelds eingesetzt werden kann und kein therapeutischer Nutzen daraus erfolgt.

Witzigerweise (oder traurigerweise, je nach Standpunkt und persönlicher Einstellung)  hat der MdK einen motorgetriebenen Pedaltrainer als Alternative empfohlen. Dies ist ein Heimtrainer für Arme und Beine, der über einen Elektromotor die Gliedmaßen in Bewegung hält. Je nach Restkraft werden Arme und Beine passiv bewegt oder eben mit elektrischer Unterstützung. Zumindest der Armtrainer entspricht in seiner Funktionalität exakt dem des Handbikes, nur dass der Heimtrainer daheim oder in einem Therapieraum steht.

Tatsächlich habe ich mittlerweile einen solchen Heimtrainer beantragt und dieser wurde ohne Widerspruch im ersten Anlauf genehmigt. Nur kann ich leider mit diesem Heimtrainer keinen Familienausflug machen, so dass Fahrradtouren derzeit noch immer ausgeschlossen sind, bis ich die 3.000 Euro für ein gebrauchtes oder die 6.000 Euro für ein neues hybrides Handbike zusammen habe.

Mit der letzten Ablehnung der Krankenkasse bliebe nur noch der Weg, eine Bewilligung über das Sozialgericht zu erwirken. Da bin ich allerdings nicht der erste und bisher wurden etliche Klagen von den Sozialgerichten abgelehnt. Kürzlich hat zwar ein Querschnittsgelähmter erwirkt, dass ihm ein Handbike zugebilligt wird, dieses Urteil ist aber nicht als Präzidensfall anzusehen, so dass eine Klage wenig Chancen auf Erfolg hat.

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