Eine Schwerbehinderung beantragen

Wie beantrage ich eine Schwer­be­hin­derung und wie reagiere ich auf einen Bescheid, der nicht meinen Erwartun­gen entspricht? (Natür­lich beantrage ich nicht die Schwer­be­hin­derung als solch­es, denn diese habe ich ja schon. Aber den­noch wird dies umgangssprach­lich so for­muliert, wenn es um einen Schwer­be­hin­der­tenantrag geht.)

Jedes Bun­des­land bzw. jed­er Kreis regelt die Anträge auf seine Art. Es lebe der Föder­al­is­mus. Aus diesem Grund kann ich lediglich sagen, wie es in NRW abläuft.

Tritt eine Ein­schränkung als Folge ein­er fortschre­i­t­en­den Erkrankung in Erschei­n­ung, dann ist ein solch­er Antrag sicher­lich etwas anderes als wenn diese nach einem Unfall fest­gestellt wird. Es wird so oder so immer der momen­tane Gesund­heit­szu­s­tand fest­gestellt, auch wenn davon auszuge­hen ist, dass sich der Gesund­heit­szu­s­tand in Folge ein­er Erkrankung ver­schlechtert oder in Folge eines Unfalls verbessert.

Grund­vo­raus­set­zung ist, dass die Ein­schränkung für min­destens ein halbes Jahr anhält. Gle­ichzeit­ig dür­fen Arzt­briefe mit der Diag­nose nicht älter als zwei Jahre sein. Warum über­haupt Arzt­briefe mit dem Antrag ein­gere­icht wer­den müssen, erschließt sich mir nicht, da das Ver­sorgungsamt so oder so bei den Ärzten eben diese anfordert.

In NRW kann jed­er form­los einen Antrag beim Ver­sorgungsamt stellen. Alter­na­tiv gibt es ein Online-Por­tal, auf dem der Antrag auch online gestellt wer­den kann. Ich empfehle diesen Weg, da so die Sach­bear­beit­er die Dat­en lediglich prüfen, aber nicht alle neu angeben müssen.

Nach dem Antrag meldet sich das Ver­sorgungsamt und gibt das Geschäft­sze­ichen bekan­nt. Mit diesem ist es möglich, sich online über den Stand des Antrags zu erkundi­gen. Auf der Web­seite SGB IX Online (nrw.de) wer­den dann auch die einzel­nen Schritte gelis­tet, die für einen Antrag notwendig sind.

Einspruch/Widerspruch

Im Inter­net liest man sehr häu­fig, dass man pauschal Ein­spruch gegen seinen Bescheid ein­le­gen soll. Das ist wohl etwas über­trieben. Ein Ein­spruch macht nur dann Sinn, wenn man auf Basis fundiert­er Ken­nt­nisse davon aus­ge­hen muss, dass die Ein­stu­fung nicht kor­rekt erfol­gte. Für einen Ein­spruch benötigt man kein For­mu­lar und kann diesen form­los ein­re­ichen. Eine gute Tak­tik ist, den Ein­spruch in zwei Teilen einzure­ichen.

Im ersten Teil legt man einen unbe­grün­de­ten Wider­spruch ein und fordert gle­ichzeit­ig die Akten an, auf deren Basis die Ein­stu­fung erfol­gte. Die Aktenein­sicht sollte bei einem Wider­spruch immer erfol­gen, damit der begrün­dete Wider­spruch, der im zweit­en Teil for­muliert wird, auch Hand und Fuß hat. Ein Muster­text für einen Wider­spruch keinen einen Schwer­be­hin­dertenbescheid sieht z.B. so aus, wie fol­gend gezeigt. Der Text sollte ein wenig an die eige­nen Bedürfnisse bzw. Gegeben­heit­en angepasst wer­den.

Dieser beispiel­hafte Text find­et sich im Inter­net auf sehr vie­len Seit­en, so dass ich die ursprüngliche Quelle nicht aus­find­ig machen kon­nte. Ich habe diesen Muster­text leicht über­ar­beit­et.

Sehr geehrte Damen und Her­ren,

infolge meines Antrags auf [Fest­stel­lung der Schwerbehinderung/Erhöhung des GdB/Anerkennung des Merkze­ichens] [G/H/aG/B/RF/Bl] vom [Datum], haben Sie am [Datum] den oben genan­nten Bescheid erlassen. Darin lehnen Sie meinen Antrag ab. Mit dieser Entschei­dung bin ich nicht ein­ver­standen.

Am [Datum] habe ich den Bescheid vom [Datum] erhal­ten, in dem Sie einen Grad der Behin­derung von [0–100%] fest­stellen. Ich bin der Ansicht, dass dieser GdB zu niedrig ange­set­zt ist und der Art sowie Schwere der bei mir vor­liegen­den Behin­derung nicht gerecht wird. Daher lege ich Wider­spruch gegen den genan­nten Fest­stel­lungs­bescheid ein. Mein Wider­spruch erfol­gt zunächst frist­wahrend.

Gle­ichzeit­ig beantrage ich hier­mit Aktenein­sicht. Bitte schick­en Sie mir Kopi­en von sämtlichen Arzt­bericht­en und medi­zinis­chen Unter­la­gen zu, die Sie für Ihre Entschei­dung herange­zo­gen haben. Ins­beson­dere bitte ich um die Zusendung der abschließen­den Stel­lung­nahme des Ver­sorgungsärztlichen Dien­stes. Nach Erhalt der ange­forderten Unter­la­gen geht Ihnen die Begrün­dung meines Wider­spruchs geson­dert zu.

Mit fre­undlichen Grüßen

Es wer­den ein paar Tage verge­hen, bis die Unter­la­gen zuge­sandt wer­den. So oder muss der Facharzt bzw. der behan­del­nde Arzt kon­sul­tiert wer­den, um ihm mitzuteilen, dass ein Wider­spruch ein­gelegt wurde und dass man sich gerne auf ihn beziehen möchte. Ggf. macht es Sinn, sich vom Arzt ein entsprechen­des Gutacht­en ausstellen zu lassen. Ob dies möglich ist, hängt vom Ver­hält­nis zum Arzt ab. Unter­stützt der behan­del­nde Arzt den Wider­spruch nicht, dann macht es nur bed­ingt Sinn, einen solchen zu stellen.

Sehr geehrte Damen und Her­ren,

vie­len Dank für die Zusendung der geforderten Unter­la­gen. Meinen Wider­spruch vom [Datum des Briefs aus Teil 1] begründe ich wie fol­gt:

Sowohl mein behan­del­nder Arzt als auch ich sind der Mei­n­ung, dass auf­grund der Art und Schwere der Behin­derung der Grad der Behin­derung mit [GdB aus dem Bescheid] erhe­blich zu niedrig bemessen wor­den ist. Darüber hin­aus bin ich eben­so wie mein behan­del­nder Arzt der Auf­fas­sung, dass auf­grund der gesund­heitlichen Ein­schränkun­gen die Voraus­set­zun­gen des Merkze­ichens [G/aG/RF/B/H/BI] vor­liegen.

Ich beantrage daher, den ange­focht­e­nen Bescheid [aufzuheben/zu ändern] und erneut über die [Höhe des Grades der Behinderung/die Fest­stel­lung eines Merkze­ichens] zu entschei­den. Zu ein­er fachärztlichen Unter­suchung und Begutach­tung in Ihrer ver­sorgungsärztlichen Unter­suchungsstelle oder durch einen anderen Gutachter bin ich gerne bere­it.

Mit fre­undlichen Grüßen

Wie immer bei Rechts­fra­gen im Inter­net übernehmen wir kein­er­lei Verantwortung/Haftung für die Richtigkeit unser­er Angaben. Die gezeigten Muster­texte sind eine Möglichkeit, ohne fachan­waltliche Hil­fe einen Wider­spruch gegen einen Fest­stel­lungs­bescheid zu ein­er poten­tiellen Schwer­be­hin­derung einzule­gen.

Die Muster­texte müssen in jedem Fall und unbe­d­ingt an die eige­nen Gegeben­heit­en angepasst wer­den. Wer damit über­fordert ist, sollte sich unbe­d­ingt Hil­fe suchen (z.B. in Selb­sthil­fe­grup­pen oder bei Sozialver­bän­den).

Wird einem solchen Wider­spruch nicht entsprochen, ist der Gang zum Sozial­gericht unver­mei­dlich. Dieser kann auch ohne Anwalt erfol­gen. Wer es sich zutraut: Entsprechende For­mu­la­re zur Ein­re­ichung ein­er Klage find­en sich im Inter­ne­tauftritt des Gerichts. Es muss dabei bedacht wer­den, dass Kosten von mehreren hun­dert Euro auf einen zukom­men kön­nen.

Erst eine Instanz höher (vor dem Bun­dessozial­gericht) beste­ht eine Anwalt­spflicht.

Es heißt, wer mit ein­er chro­nis­chen sel­te­nen neu­ro­muskulären Erkrankung lebt, muss für diese selb­st zum Experten wer­den. Es gibt aber auch viele Über­schnei­dun­gen zu anderen Erkrankun­gen, weshalb ich alle Beiträge, die im Zusam­men­hang mit mein­er Erkrankung ent­standen, auf ein­er eige­nen Seite zusam­mengestellt habe. Dort beschreibe ich nicht nur den Weg zur Diag­nose und wie sich die CMT äußert, son­dern auch, wie ein Schwer­be­hin­der­tenantrag beantragt wird, welche Stolper­steine der All­t­ag und die Beruf­swelt für behin­derte Men­schen bere­i­thält und ich gehe das ganz große The­ma Hil­f­s­mit­tel an. Wie finde ich das passende Hil­f­s­mit­tel und wie beantrage ich es?

Zu mein­er Über­sicht.

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