Familien- und Rollstuhlurlaub an der Adria. Teil 2: Die Unterkunft

Eigentlich hat­ten wir auf dem Camp­ing­platz Vil­la­gio San Francesco ein Apart­ment Supe­ri­or Plus gebucht und natür­lich bei der Buchung angegeben, dass dieses bar­ri­ere­frei sein muss. Zusät­zlich haben wir uns die Bar­ri­ere­frei­heit kurz nach der Anzahlung bestäti­gen lassen. Lei­der mussten wir die erste Nacht in ein­er recht kleinen Unterkun­ft ver­brin­gen (dazu mehr im ersten Teil dieser Rei­he). Dieses Haus war eines aus der Stan­dard Kat­e­gorie.

Mein Roll­stuhl hat eine Bre­ite von 65 cm und ist mit einem e‑mo­tion-Antrieb aus­ges­tat­tet. Ich kann mich noch in den Stand hieven, aber nicht mehr gehen. Das nur als Ori­en­tierung für andere Roll­stuhlfahrer.

Diese Unterkun­ft wäre für mich zu klein gewe­sen. Ich komme zwar ins Bad, kann mich dort aber nicht drehen. Zum Duschen muss ich also vor­wärts ins Bad fahren, um aufs Klo zu gehen, rück­wärts. Die Küche ist so schmal, dass ich zwar hineinkomme, aber nur rück­wärts wieder hin­aus. Solch eine Unterkun­ft war für die eine Nacht okay, für einen zwei­wöchi­gen Urlaub eher nicht. Glück­licher­weise sind wir am fol­gen­den Mor­gen umge­zo­gen.

Die Küche war so schmal, dass ich mich nicht drehen kon­nte.

Das Bad war so beengt, dass ich es mit der Kam­era nicht in Gänze fotografieren kon­nte

Unser neues Haus war ein Stan­dard-Maxi-Haus. Diese Hauskat­e­gorie gibt es auf der Inter­net­seite nicht. Man kann sie nicht so ohne weit­eres buchen. Ver­mut­lich müsste man sich im Vor­feld eine Bestä­ti­gung geben lassen, eine solche Unterkun­ft zugewiesen zu bekom­men. Beson­ders viele bar­ri­ere­freie gibt es näm­lich nicht.

Diese Unterkun­ft ist zwar ähn­lich aus­ges­tat­tet, bietet aber spür­bar mehr Kom­fort, da sie deut­lich geräu­miger ist. Aus­ges­tat­tet ist sie sehr spar­tanisch, d.h. sowohl Besteck als auch Geschirr sind abgezählt. Von jedem gibt es exakt fünf Stück. Auch an Töpfen und Pfan­nen wurde nur das Nötig­ste den Reisenden zuge­s­tanden. Was wir etwas ver­misst haben, sind z.B. kleine Gemüsemess­er, die man eben zum kochen braucht und auch eine Schere.

Da die Ital­iener als Kaf­fee einen Espres­so trinken, ist es wenig ver­wun­der­lich, dass es nur einen kleinen Kaf­fee­bere­it­er gibt, der für zwei Espres­so aus­re­ichend ist, aber nicht für zwei Tassen. Für diejeni­gen, die Prob­leme im Umgang mit ein­er solchen Bialet­ti haben, habe ich einen eige­nen Beitrag geschrieben.

Neben dem Gash­erd gibt es noch eine Mikrow­elle. Einen Geschirrspüler und eine Waschmas­chine gibt es in den Unterkün­ften nicht. Let­ztere gibt es typ­is­cher­weise an vier Stan­dorten auf dem Camp­ing­platz.

Das Haus ist mit einem Car­port und klein­er Ter­rasse aus­ges­tat­tet. Zudem sind die Häuser im Car­rée ange­ord­net, so dass in der Mitte ein klein­er Platz entste­ht, der mit eini­gen Bäu­men für eine entspan­nte und schat­tige Atmo­sphäre sorgt. Es gibt zwar einen Gar­ten­tisch und (natür­lich fünf) Stüh­le, aber Liegen gibt es nicht. Dafür sind die Pools zuständig, doch dazu später mehr.

Alle Häuser sind mit einem Insek­ten­schutz verse­hen. Und das nicht ohne Grund. In der Däm­merung kom­men zahlre­iche kleine Blut­sauger, um sich an den Urlaub­s­gästen gütlich zu tun. Wir haben alle zahlre­iche Mück­en­stiche davonge­tra­gen, waren aber froh, dass unser Schlaf davon nicht beein­trächtigt wurde.

Die Häuser sind mit ein­er Kli­maan­lage aus­ges­tat­tet. Lei­der nur mit einen Innengerät, das keine Frischluft ansaugt. Da die Häuser recht klein sind, müssen die Fen­ster offen­bleiben, da anson­sten die Sauer­stof­fkonzen­tra­tion sehr stark abn­immt. Ener­getisch natür­lich Wahnsinn.
Allerd­ings ist die Nutzung der Kli­maan­lage kostenpflichtig (30 h sind inklu­sive, wir hat­ten zum Glück eine Fla­trate). Angesichts steigen­der Energiepreise dürften die Nutzung in der näch­sten Sai­son sicher­lich teur­er wer­den.

Übri­gens: Die Kli­maan­la­gen mögen es gar nicht, wenn ein­fach der Steck­er gezo­gen wird. Dies passiert, wenn die Karte aus dem Steuerg­erät gezo­gen wird. Bess­er ist es, wenn zuerst die Anlage abgeschal­tet und erst dann die Karte gezo­gen wird. Noch bess­er wäre es natür­lich, wenn es eine automa­tis­che Nach­laufzeit von ca. ein­er Minute gäbe. Dieser Hin­weis gilt dann aber eher dem Betreiber, falls dieser diesen Beitrag lesen sollte.

WLAN gibt es dezen­tral an eini­gen Stellen in der Anlage. Pro Tag sind vier Stun­den pro Tag und Per­son inklu­sive. Wir haben das Ange­bot nicht genutzt und sind mit unseren Mobil­geräten über das Han­dynetz online geblieben (dank der der EU Roam­ing Regeln), was mein­er Erfahrung nach sowieso bess­er funk­tion­iert.

Barrierefreiheit

Für Roll­stuhlfahrer ist dieser Aspekt der Wichtig­ste. Direkt vor­ab: Für mich und meine Bedürfnisse war das Haus ger­ade so noch okay. Allerd­ings komme ich an manchen Stellen nur ger­ade so in die jew­eili­gen Räume, hier allen voran ins Bad. Wer einen etwas bre­it­eren Roll­stuhl besitzt, wird hier schon scheit­ern.

Hier ist gut zu sehen, dass der Zugang zum Band recht beengt war. In der Küche war die Nav­i­ga­tion in Ord­nung, aber auch nur, weil wir dort nicht gekocht haben.

Der Zugang zu Bad war eh prob­lema­tisch, da hin­ter der Türe Hand­tuch­hal­ter ange­bracht wur­den, die glück­licher­weise ein­fach demon­tiert wer­den kon­nten, so dass sich die Türe voll­ständig öff­nen lies. Die Spuren an Toi­let­ten­schüs­sel und Türe zeigt jedoch, dass schon andere Roll­stuhlfahrer im Hause waren, die ihre Spuren hin­ter­lassen haben.

Im Bad ist zwar neben dem WC ein Hal­te­griff ange­bracht, der mir jedoch wenig geholfen hat, weil ich mich nicht vors WC stellen kon­nte, son­dern mich seitlich daneben platziert habe. Alter­na­tiv wäre natür­lich bei offen­er Türe ein Umset­zen möglich, aber wer mag schon bei geöffneter Türe sein Geschäft ver­richt­en?

Der Platz vor der Dusche reichte ger­ade so aus, um mich zu drehen. Das Waschbeck­en war unter­fahrbar (weshalb eine Wende über­haupt erst möglich war), dafür hing der Spiegel zu hoch (der Klas­sik­er eben). Es war zwar ein BD vorhan­den, aber auf­grund der Platzver­hält­nisse kon­nte dieses noch nicht mal von Fußgängern benutzt wer­den.

Die Dusche hat­te einen Klapp­sitz und einen Hal­te­griff, was für mich okay war. Das Umset­zen gelang mir ohne Hil­fe. Nur war lei­der der Duschschlauch sehr weit oben ange­bracht und nicht wie bei uns üblich an der Mis­chbat­terie. Somit kam der Duschkopf nicht bis zum Klapp­sitz hinab, was die Reini­gung des Intim­bere­ich erhe­blich erschw­erte.

Diese Fotos ent­standen bei unserem Bezug der Unterkun­ft und zeu­gen davon, dass schon andere Roll­stuhlfahrer an diversen Eck­en und Kan­ten angeschrammt sind. Zudem sind die Spuren teils so tief, so dass sie wahrschein­lich von Kinder­roll­stühlen stam­men.

In den Schlafräu­men mussten wir die Bet­ten ein wenig ver­schieben, damit mir der Zugang zum Bett möglich war. Die Räume waren danach groß genug, damit ich ohne Prob­leme navigieren kon­nte.

Die Küchen­zeile, die naht­los in den Ess­bere­ich überg­ing (einen Wohn­bere­ich gibt es nicht), war okay. Es wurde ein Schrank (ein Cab­i­net) in die Küche gestellt, damit ich aus sitzen­der Posi­tion ohne Prob­leme an das gesamte Geschirr gelan­gen kon­nte. Eine Drehung ist hin­ter diesem Schrank vor dem Kühlschrank möglich gewe­sen.

Die Ter­rasse ist stufen­los zugänglich, aber lei­der gibt es eine kleine Stufe ins Haus. Zudem ist die Ein­gangstüre ger­ade so aus­re­ichend bre­it. Eigentlich ist eine solche Stufe für Roll­stuhlfahrer kein Prob­lem. Es sei denn, man hat ein Tablett auf dem Schoß, um irgend­was nach draußen zu tra­gen, das dann fröh­lich vom Schoß rutscht.

Eben­falls prob­lema­tisch war der Zugang zu den Fen­stern und deren Vorhän­gen. In manchen Räu­men waren sie ein­fach zu hoch oder zu weit weg. Ohne Hil­fe bin ich nicht zurecht­gekom­men.

Der freie Blick ins Badez­im­mer: Aus­re­ichend Platz in der Mitte, aber wer soll bitte so das BD nutzen? Eben­falls schön zu sehen der hoch ange­brachte Duschschlauch. Im Zim­mer hat man mehr Platz, wenn die Bet­ten auseinan­dergeschoben und an die Wände gestellt wer­den. So oder so kommt ein Roll­stuhlfahrer aber nicht an die hoch hän­gen­den Vorhänge.

Alles in allem war die Bar­ri­ere­frei­heit für mich noch okay. Wer mit einem größeren Roll­stuhl wie z.B. einem E‑Rollstuhl unter­wegs ist, wird hier nicht glück­lich wer­den. Wenn ein Kind auf den Roll­stuhl angewiesen ist, dann dürfte der Platz aus­re­ichend sein. Und wenn ich mir die Spuren an den Wän­den so anschaue, dann waren auch schon einige Kinder in diesem Haus. So wie an vie­len Eng­stellen im Haus, typ­is­che Roll­stuhlspuren zu sehen waren, war ich nicht der erste, der mit den beengten Ver­hält­nis­sen zu kämpfen hat­te.

Wäre ich ein allein­erziehen­der Vater, der mit seinen kleinen Kindern im Park Urlaub machen möchte, so ist dieser Camp­ing­platz ungeeignet. Grund­sät­zlich ist die Bar­ri­ere­frei­heit eher auf Kinder als auf Erwach­sene aus­gerichtet. Oder es ist ein­fach nur dem Umstand geschuldet, dass im Durch­schnitt Ital­iener klein­er sind.

Dieser Beitrag ist Teil ein­er kleinen Rei­he zu unserem Roll­stuhl- und Fam­i­lienurlaub an der Adria in der Nähe von Venedig. Der Über­sichts­beitrag zeigt alle in dieser Rei­he erschienen Beiträge.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert