Hilfmittel: Smoov

Der smoov der Firma Alber ist ein Zusatzantrieb für einen Rollstuhl. Das praktische an diesem System liegt darin, dass er an den normalen Aktivrollstuhl befestigt werden kann, ohne dass dieser umfänglich umgebaut werden muss. Alle Teile des Rollstuhl bleiben wie gehabt im Einsatz und der smoov wird je nach Bedarf an der Rückseite eingehangen. Über ein Drehrad wird der Antrieb aktiviert und beschleunigt so den Rollstuhl. Der eigene Aktivrollstuhl wird so zum Elektro-Rollstuhl.

Ein paar Einschränkungen

Der Rollstuhl darf mit dem smoov nicht rückwärts gefahren werden. Unter anderem, weil sich ansonsten das Antriebsrad um 180° drehen und es beschädigt werden könnte.

Zusätzlich gelten folgende Empfehlungen (u.a. auf Seite 20ff der Bedienungsanleitung):

Vermeiden Sie Fahrten auf nicht befestigtem Untergrund (z. B. auf losem Schotter, im Sand, Schlamm, Schnee, Eis oder durch tiefe Wasserpfützen).

Zusätzlich wird davor gewarnt, dass wenn man auf Schotter o.ä. Untergrund fährt, kleine Steine nach hinten geschleudert werden können, vor allem, wenn das Antriebsrad durchdreht. Ein Umstand, der sehr schmerzhaft für denjenigen sein kann, der hinter dem Rollstuhl geht oder fährt.

Auch ein schöner Hinweis:

Halten Sie beim Fahren auf Gehwegen ausreichenden Abstand (möglichst mindestens eine Rollstuhl-Breite) zur Bordsteinkante.

Für die engen Straßen und schmalen Bürgersteige Kölns ein nicht umzusetzender Hinweis. Das gilt im Übrigen auch für diesen Hinweis:

Fahren Sie niemals quer zu Gefällen.

In Köln fährt man quasi immer quer zu Gefällen, solange man nicht auf den großen Einkaufsstraßen der Fußgängerzonen unterwegs ist. Der Einsatz des smoov wäre somit in den Veedeln Kölns nicht zulässig. Es ist tatsächlich auch gar nicht so einfach, auf einem schmalen sich zur Straßen abgesenkten Bürgersteig geradeaus zu fahren. Auch ohne elektrischen Antrieb.

Überwinden Sie Hindernisse (z. B. Bordsteine) in Vorwärtsfahrt und rechtwinklig zum Hindernis. Heben Sie den vorderen Teil Ihres Rollstuhls leicht an und lassen Sie den smoov dann langsam nachschieben.

In den Werbevideos sieht das ein wenig anders aus, wenn in voller Geschwindigkeit über Hindernisse hinweggefegt wird. Vor allem, da bei diesem Hinweis das Wort „langsam“ extra unterstrichen und betont wird. Ebenfalls ist an dieser Stelle der Hinweis zu finden, dass Hindernisse größer als 5 cm nicht überwunden werden dürfen. Diese Höhe kann auch schon mal bei einem abgesenkten Bordstein überschritten werden, wenn die Straßenbauer sich etwas verschätzt haben. Ganz abgesenkt werden Bordsteine nämlich nicht mehr, damit Sehbehinderte erkennen, wo der Bordstein endet. 5 cm sind da schnell erreicht.

Das Gebot

Zum Fahren mit dem smoov sind paarweise angebrachte Kippstützen erforderlich.
Das Fahren ohne Kippstützen ist nicht erlaubt.

Darauf wird in der deutschen Bedienungsanleitung an vier Stellen hingewiesen, nämlich auf den Seiten 5, 6, 20 und 21. In den Werbevideos wird stattdessen fröhlich der Antrieb im Wheelie vorgeführt. Das passt nicht so recht zusammen. Und auch wenn ich in den sozialen Medien sehe, wie der smoov eingesetzt wird, so habe ich noch nie einen Rollstuhl gesehen, der mit Kippstützen ausgestattet ist. Da ausdrücklich der smoov nur dann eingesetzt werden darf, wenn ein entsprechend geschulter Mitarbeiter den Benutzer entsprechend eingewiesen hat, so ist dieser Einsatz also von den Mitarbeiter ganz bewusst entgegen der Sicherheitsbestimmungen der Bedienungsanleitung vorgenommen werden. In meinen Augen ein sehr diffiziler Umstand.

Der größte Nachteil

Der größte Nachteil des Systems: Der Smoov bremst nicht eigenständig. Er kann nur abgeschaltet werden, so dass er sich im Freilauf befindet. Die Bremsung erfolgt immer über die Greifreifen, was bei 6 km/h oder 10 km/h recht sportlich sein kann. Auch ist zu beachten, dass bei einer Vollbremsung der Smoov weiter antreibt. Es muss also zuerst der Antrieb abgeschaltet und erst anschließend der Rollstuhl über die Greifreifen gebremst werden.

Sehr kritisch ist dies bei einem Gefälle. Wer dieses mit der Höchstgeschwindigkeit befährt, wird weiter beschleunigt. Der smoov schaltet sich bei einer zu hohen Geschwindigkeit in den Leerlauf und der Rollstuhl wird weiter schneller, wenn der Fahrer oder die Fahrerin ihn nicht aktiv über die Greifreifen abbremst.

Selbst im flachen Köln können solche Situationen entstehen, wenn man z.B. zum Rhein herunterfährt. Es gibt entlang des Rheins oftmals einen oberen und unteren Weg und der Wechsel dazwischen erfolgt auf Wegen mit entsprechendem Gefälle. Wer hier nicht aufpasst, bekommt sehr schnell auf eine hohe Geschwindigkeit.

Gefahr

Im Netz mehren sich die Berichte, dass der smoov aus der Halterung fällt, wenn über Kopfsteinpflaster oder Bordsteine gefahren wird. Hier ist es teils bedenklich, dass der smoov weiter antreibt, wenn er rausgefallen ist oder der Rollifahrer stoppen möchte.

Wer genauer hinschaut, wird diese Nachteile auch in dem folgenden Werbevideo sehen. In diesem Video wird erläutert, wie die Beschaffung eines smoov über das Sanitätshaus erfolgt.

Das Fazit

Die Idee ist sicherlich gut, die Umsetzung aber fraglich. Auf jeden Fall muss der Rollstuhlfahrer bzw. die -fahrerin relativ fit sein. So spontan würde ich den smoov einem Tetraplegiker bzw. Menschen mit einer Tetraparese nicht empfehlen. Zu groß ist der Kraftaufwand, mit dem der Rollstuhl über die Greifreifen gesteuert werden muss. Es bedarf sicherlich einiges an Übung, damit der Fahrer oder die Fahrerin mit dem smoov gefahrlos unterwegs sein kann. Mit den Einschränkungen die Strecken und Untergründe betreffend, kann der smoov sicherlich eine Bereicherung sein. 

So kompromisslos vorteilhaft wie die Werbung suggeriert ist der smoov aber nicht. Zudem hinterlässt es einen bitteren Beigeschmack, dass der Hersteller sich nicht an seine eigenen Sicherheitsbestimmungen hält.

Eine Alternative zum smoov ist der smartdrive von Permobil. Auf deren Seite wird immerhin aktiv damit geworben, dass Wheelis und höhere Hindernisse kein Problem darstellen.

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