Im Beatmungszentrum des Severinsklösterchen

Ich höre von dem ein oder anderen Mit­men­schen, der eben­falls eine NME (Neu­ro­muskuläre Erkrankung) mit­bringt, dass er Prob­leme mit der Atmung hat. Ein erster Indika­tor kann sein, dass der Blut­sauer­stoff sinkt. Mit­bekom­men kann man dies über die Smart­watch­es, die mehr oder min­der zuver­läs­sig den Blut­sauer­stoff bes­tim­men kön­nen.

Der Begriff »Blut­sauer­stoff« beze­ich­net umgangssprach­lich die Sauer­stoff­sät­ti­gung des Blutes. Darunter wird ver­standen, wie viel Prozent des Hämo­glo­bins mit Sauer­stoff beladen sind.

In meinem Fall schwankt dieser Wert zwis­chen 85 und 100%. Nor­mal­w­erte sind zwis­chen 95 und 100%. Sinkt der Wert unter 95%, ist zwar keine Panik ange­sagt, unter­suchen lassen sollte man dies schon. Und da die Pneu­molo­gen noch über­laufen­er sind als andere Fachärzte, muss man sehr frühzeit­ig einen Ter­min vere­in­baren. Wartezeit­en von 6 bis 12 Monat­en sind die Nor­mal­ität.

Für eine vol­lum­fängliche Diag­nos­tik wird der Pneu­mologe den Betrof­fe­nen zu einem Zen­trum für Pneu­molo­gie über­weisen. Lei­der kann eine solche Über­weisung auss­chließlich über den Pneu­molo­gen erfol­gen und nicht durch den Hausarzt oder den Neu­rolo­gen.

In Köln ist das Sev­erin­sklösterchen ein solch­es, in dem ich mich Anfang 2025 vol­lum­fänglich hab unter­suchen lassen. (Der volle Name lautet Cel­litin­nen-Sev­erin­sklösterchen Kranken­haus der Augustiner­in­nen und die entsprechende Abteilung Pneu­molo­gie, Aller­golo­gie, Schlaf- und Beat­mungsmedi­zin (unbezahlter Infolink zum Inter­ne­tauftritt))

Ich kan­nte das Klösterchen bish­er nur von der Geburtssta­tion bzw. dem Kreißsaal, denn hier wur­den hier unsere Kinder geboren. Der Kreißsaal ist sehr mod­ern und fre­undlich ein­gerichtet, so dass sich junge Müt­ter bzw. Fam­i­lien hier sehr wohlfühlen kön­nen, um ein neues Leben in die Welt zu set­zen.

In den anderen Bere­ichen sieht es lei­der etwas anders aus, und es gibt im restlichen Bere­ich des Kranken­haus­es einiges an Nach­holbe­darf.

Ein Plus­punkt ist sicher­lich, dass aus den Drei­bettz­im­mern Zwei­bettz­im­mer gemacht wur­den (allerd­ings nicht über­all, es gibt dur­chaus noch Drei­bettz­im­mer). Ein Vorteil gegenüber der Neu­rolo­gie der Köl­ner Uniklinik. Dort war ich in einem Drei­bettz­im­mer unterge­bracht, in dem sich kein­er mehr bewe­gen kon­nte, wenn mein Roll­stuhl neben meinem Bett stand. Auch das Bad kon­nte ich in der Neu­rolo­gie der Uniklinik nur rudi­men­tär nutzen, weil es nicht nur zu klein, son­dern auch schmud­delig war. Selb­st die bei­den Fußgänger haben sich vor diesem usseli­gen Bad geschüt­telt.

Zu klein ist auch das Badez­im­mer im Klösterchen, in das ich nur mit Mühe und Not mit meinem E‑Rolli here­in­passte. Ich war recht froh, dass ich den E‑Rolli dabei­hat­te, der sich auf der Stelle drehen kann und somit sehr wenig ist. Es brauchte ein biss­chen, bis ich her­aus­ge­fun­den hat­te, wie ich mich in dem Bad drehen kon­nte. Kratzer an den Fliesen und der Türe inklu­sive.

Das Klösterchen wurde 1874 unter dem Namen »Kranken­haus der Augustiner­in­nen« von der Ordens­ge­mein­schaft der Cel­litin­nen nach der Regel des heili­gen Augusti­nus gegrün­det. Schon vor dem Zweit­en Weltkrieg gab es einige Erweiterun­gen, bis es dann wie der Rest von Köln vol­lkom­men zer­stört wurde. Es dauerte etwas, bis in den 50ern das Kranken­haus wieder aufge­baut wurde. Sei­ther gab es immer wieder Erweiterun­gen und Mod­ernisierun­gen. Mit ein­er Aus­nahme: Man hat­te nicht auf eine Bar­ri­ere­frei­heit geachtet.

Auch vor dem geschichtlichen Hin­ter­grund des Haus­es bin ich der Mei­n­ung, dass grund­sät­zlich Kranken­häuser für Men­schen mit Behin­derung vol­lum­fänglich zugänglich sein soll­ten.

Die Neu­rolo­gie der Uniklinik in Köln war eine Zumu­tung für mich als Men­schen mit Behin­derung. So schlimm ist das Klösterchen zum Glück nicht. Eine nor­mgerechte Bar­ri­ere­frei­heit ist natür­lich sehr erstrebenswert, aber alle Roll­stuhlfahrer machen die Erfahrung, dass es auch funk­tion­iert, wenn von der Norm abgewichen wird.

kloesterchen_zimmer
kloesterchen_bad

Auf dem linken Foto ist zu sehen, wie die bei­den Bet­ten in dem Zim­mer arrang­iert wur­den. Das Bett auf der linken Seite wurde ganz an das Fen­ster geschoben, damit ich an das Bett gelange, ohne den Zim­mer­nach­barn zu stören. Allerd­ings stand das recht Bett so nah an dem Schrank, so dass ich diesen nicht nutzen kon­nte (man sollte wohl eher Spind dazu sagen).

Auf dem recht­en Foto ist das Bad zu sehen, das ich mit dem Weitwinkel-Objek­tiv meines Smart­phones aufgenom­men habe. Ich denke, dass das Foto selb­sterk­lärend ist.
(Falls nicht: Das WC ist in die Ecke gequetscht, so dass man nicht daneben fahren kann. Die Dusche hat eine hohe Wanne und einen noch höheren Duschstuhl, diese kon­nte somit von mir nicht genutzt wer­den, das Waschbeck­en war immer­hin unter­fahrbar, nur der Spiegel hin zu hoch).

Ich habe dem QM der Klinik vorgeschla­gen, dass es aus­re­ichen würde, wenn es einige wenige bar­ri­ere­freie Zim­mer auf jed­er Sta­tion gibt, die von gehbe­hin­derten Men­schen genutzt wer­den kön­nen. Es wäre da z.B. eine gute Idee, schon vor der Auf­nahme eine Roll­stuhlpflicht abzufra­gen.

Das Klösterchen hat zwei Sta­tio­nen mod­ernisiert, nen­nt dies Kom­fort­sta­tio­nen und ver­langt von den Patien­ten einen guten pri­vat zu entrich­t­en­den Kosten­beitrag, um ein Zim­mer zu beziehen. Wenn die Zim­mer dann frei sind. Das teuer­ste Zim­mer ist das Ein­bettz­im­mer auf der Kom­fort­sta­tion für zusät­zlich 190 Euro (Stand 01.01.2025, es sind weit­ere Wahlleis­tun­gen in diesem Tarif enthal­ten).

Das Essen ist, wie von Kranken­häusern gewohnt, sehr unterirdisch. Das bet­rifft vor allem die Stan­dard-Essen, wenn man (wie ich) nur kurz im KH ist. Es gibt nichts Frisches (ein Apfel sollte doch drin­nen sein) und auch keine Milch­pro­duk­te wie z.B. ein Joghurt für zwis­chen­durch. Auch wir erst am zweit­en Tag abge­fragt, was der Patient außer­halb des Stan­dards essen mag. Für meinen Geschmack einen Tag zu spät.

Das Klösterchen wird von der DGM als Beat­mungszen­trum geführt, ein Grund, weshalb ich hier vorstel­lig wurde. Es soll­ten dur­chaus einige Roll­stuhlfahrer hier in Behand­lung sein. Grund genug, um die entsprechen­den Sta­tio­nen bar­ri­ere­frei umzubauen.

Ich war sehr froh, dass ich meinen Elek­tro­roll­stuhl Quick­ie Q700-up M dabei­hat­te und nicht den Sce­wo Bro. Der wäre im Kranken­haus nicht nur an seine Gren­zen gekom­men, son­dern er wäre gän­zlich ungeeignet gewe­sen. Mit meinem Quick­ie kon­nte das Rönt­gen der Lunge im Roll­stuhl ste­hend, und der Ultra­schall im Roll­stuhl liegend durchge­führt wer­den.

Was wird alles durchge­führt, um festzustellen, ob mit mein­er Atmung noch alles ok ist? Hier eine kleine Auswahl, was bei mir durchge­führt wurde. Auf den unter­schiedlichen Sta­tio­nen sind weit­ere diag­nos­tis­che Ver­fahren möglich.

  • Viele Blu­tent­nah­men, sowohl venös­es für Stan­dard­w­erte als auch arterielles für Blut­gaswerte, manch­mal wird nach einem diag­nos­tis­chen Ver­fahren eben­falls eine Blut­gas­analyse durchge­führt.
  • Lun­gen­funk­tion­stest klein (für eine erste Abschätzung der Lun­gen­funk­tion)
  • Lun­gen­funk­tion­stest in der Kabine (Spirome­trie)
  • Rönt­gen-Tho­rax: Rönt­gen­bild der Lunge (eine CT (Com­put­er­to­mo­grafie) wurde bei mir nicht durchge­führt, weil das Rönt­gen­bild ok war)
  • Ultra­schall zur Unter­suchung des Zwer­ch­fells
  • Sono­gra­phie in der Nacht (mobiles Schlafla­bor, in der Klinik gibt es auch ein großes Schlafla­bor, in dem über Nacht sehr viele weit­ere Para­me­ter aufgenom­men wer­den) mit ein­er per­ma­nen­ten Gas­analyse für CO2 & O2
  • EKG (logisch, dass das Herz eben­falls Ein­fluss auf die Blutwerte haben kann, bei mir war glück­licher­weise das EKG in Ord­nung)

Während die Räum­lichkeit­en zu wün­schen übrig ließ, war das Behand­lung­steam größ­ten­teils fre­undlich und kom­pe­tent. Natür­lich kann einem nicht jed­er sym­pa­thisch sein, aber wenn ich auf der Sachebene bleibe, so waren die Pflegekräfte hil­fs­bere­it und weitest­ge­hend ansprech- bzw. erre­ich­bar, die Ther­a­peuten haben sich Zeit genom­men und bracht­en viele Ideen und auch die Ärzte haben sich aus­re­ichend Zeit genom­men, um mit mir die Ergeb­nisse der unter­schiedlichen diag­nos­tis­chen Ver­fahren zu besprechen.

Die let­zten Punk­te sind meines Eracht­ens sehr entschei­dend, auch wenn es mit der Bar­ri­ere­frei­heit hapert. Let­zten Endes haben sich alle Beteiligten erfol­gre­ich bemüht, damit der Aufen­thalt erken­nt­nis­re­ich durchge­führt wer­den kon­nte. Deshalb ist nicht nur der Kreißsaal, son­dern auch das Beat­mungszen­trum des Sev­erin­sklösterchen empehlenswert.

Es heißt, wer mit ein­er chro­nis­chen sel­te­nen neu­ro­muskulären Erkrankung lebt, muss für diese selb­st zum Experten wer­den. Es gibt aber auch viele Über­schnei­dun­gen zu anderen Erkrankun­gen, weshalb ich alle Beiträge, die im Zusam­men­hang mit mein­er Erkrankung ent­standen, auf ein­er eige­nen Seite zusam­mengestellt habe. Dort beschreibe ich nicht nur den Weg zur Diag­nose und wie sich die CMT äußert, son­dern auch, wie ein Schwer­be­hin­der­tenantrag beantragt wird, welche Stolper­steine der All­t­ag und die Beruf­swelt für behin­derte Men­schen bere­i­thält und ich gehe das ganz große The­ma Hil­f­s­mit­tel an. Wie finde ich das passende Hil­f­s­mit­tel und wie beantrage ich es?

Zu mein­er Über­sicht.

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