Ich habe den Scewo Bro nun seit fast zwei Jahren im Einsatz. Es ist schon ein sehr spezieller Rollstuhl, an den man sich gewöhnen muss. Er hat tolle Fahreigenschaften, keine Frage, ist aber nur schwer als Alltagsrollstuhl in den eigenen vier Wänden vorstellbar. In Büros mag es ggf. anders aussehen, wenn diese etwas großzügiger gebaut sind.
Im Freien ist der Bro unschlagbar komfortabel und meistert sehr viele Herausforderungen. Dennoch gibt es zahlreiche Einschränkungen zu beachten. Ein großes Manko ist meines Erachtens die mangelhafte Zuladung. Mal eben einen Koffer oder Rucksack auf den Schoß nehmen ist quasi unmöglich. Da reicht schon ein mit Wasserflaschen gefüllter Rucksack.
Auch bewegt sich der Bro zu viel. Es bräuchte einen “Innenraum-Modus”, in dem sich der Bro nicht ein bis eineinhalb Meter nach vorn bewegt, wenn man sich nach vorn beugt. Er müsste auf zwei Rädern stehend seine Position halten, auch wenn sich der Anwender bewegt.
Gefährliche und brenzlige Situationen hatte ich schon einige gehabt, auch wenn ich sehr gewissenhaft mit dem Rollstuhl umgegangen bin. Es scheint, als muss man als Bro-Fahrer einige solcher Situationen selbst erleben. Sie sind unvermeidbar.
Es hat so seine Vorteile, wenn man weiter oben sitzt. Blöd wird es, wenn einem etwas herunterfällt. Den heruntergefallenen Gegenstand aufzuheben hat teilweise mehrere Minuten gedauert, bis ich den Bro in die passende Position bringen und dann in die entsprechenden Modi wechseln konnte.
Dadurch, dass der Schwerpunkt des Bro deutlich höher ist, neigt er viel eher zum Kippen. Da reicht schon das Gefühl, dass er kippen könnte, das deutlich ausgeprägter ist. Ein „Standard“-Elektrorollstuhl zeigt ein solches Verhalten nicht. Vor allem bei Bürgersteigen macht sich das bemerkbar, da diese i.d.R. zur Straße hin geneigt sind.
Wenn man ausgetestet hat, welche Neigungen er schafft, dann weiß man dies zwar, aber es bleibt wie beim Treppensteigen ein ungutes Gefühl in der Magengegend.
Leider konnte mich auch der Support von Scewo nicht überzeugen. Dieser ist zwar erreichbar und antwortet auch, aber ein ums andere Mal wurde ich abgewimmelt und mir das Gefühl gegeben, als sei es meine Schuld, wenn der Bro nicht das macht, was er machen sollte. Vor allem das “Querrutschen” auf den Treppen wurde bis heute nicht zufriedenstellend angegangen. Immerhin ist dies ein Verhalten, das der Bro schon bei der Auslieferung zeigte und das ich auch sofort bemängelt habe.
Zum mangelhaften Support und dem Abwimmeln von Defekten des Rollstuhls, werde ich einen eigenen Beitrag schreiben.
FAZIT
Alles in Allem hinterlässt der Bro einen durchwachsenen Eindruck. Es gibt sehr viele positive Aspekte und viele Gründe, die für diesen treppensteigenden Rollstuhl sprechen. Es gibt aber ebenso viele (wenn nicht mehr) Einschränkungen und Gründe, die gegen diesen Elektrorollstuhl im Alltag sprechen.
Ja, ich war schon mehrfach in der Situation, in denen ich irgendwo oben oder unten stand und der Aufzug war nicht verfügbar. In diesen Situationen war ich sehr froh um den Scewo Bro. Ich war aber auch öfters in Situationen, in denen ich mich nicht sonderlich wohl gefühlt habe, denn mein Bericht über brenzlige Situationen zeigt ja nur die schwersten Vorfälle. Daneben gab es etliche weitere unangenehme Vorfälle, in denen es nicht brenzlig wurde.
Ich denke, dass dieser Rollstuhl ganz gut als Arbeitsmittel und Outdoor-Gefährt genutzt werden kann. Wer komplett alleine unterwegs ist, muss sich in die Besonderheiten des Scewo Bro gewöhnen, um bestimmten Situationen aus dem Weg zu gehen. Alltagstauglich ist er somit in meinen Augen nicht. Im beengten Wohnraum ist der Scewo Bro meines Erachtens zu bewegungsfreudig und hinterlässt zu oft seine Spuren an Wänden und Möbeln. Somit muss der Nutzer zwangsläufig neben dem Bro einen Zweit- oder gar Drittrollstuhl besitzen.
Ich stelle den Scewo Bro in mehreren Beiträgen hier auf meinem Blog vor. Damit die Übersicht nicht leidet, gibt es einen Beitrag, in dem ich alle Berichte bündele. Diese Erfahrungsberichte sind nicht gesponsert und spiegeln meine persönliche Meinung wider. Aufgrund der Vielfältigkeit von Erkrankungen bzw. Behinderungen kann ich keine Hilfsmittelberatung anbieten. Die Beiträge dienen lediglich zur Orientierung für Interessenten.
Es heißt, wer mit einer chronischen seltenen neuromuskulären Erkrankung lebt, muss für diese selbst zum Experten werden. Es gibt aber auch viele Überschneidungen zu anderen Erkrankungen, weshalb ich alle Beiträge, die im Zusammenhang mit meiner Erkrankung entstanden, auf einer eigenen Seite zusammengestellt habe. Dort beschreibe ich nicht nur den Weg zur Diagnose und wie sich die CMT äußert, sondern auch, wie ein Schwerbehindertenantrag beantragt wird, welche Stolpersteine der Alltag und die Berufswelt für behinderte Menschen bereithält und ich gehe das ganz große Thema Hilfsmittel an. Wie finde ich das passende Hilfsmittel und wie beantrage ich es?

Schon seit Anbeginn des Internets pflegte Eng einen Blog. Und weil es ihm Spaß macht, seine Erfahrungen zu teilen, sind es immer Mischblogs, so wie dieser hier.
Seitdem seine neuromuskuläre Erkrankung einen deutlich größeren Einfluss auf sein Leben hat, befinden sich neben den Beiträgen zur Fotografie, Aquaristik, Reisen, Verbraucherschutz und Technik auch Beiträge zu Gesundheitsthemen auf diesem Blog.
Ich habe meinen SCEWO BRO im Februar 2022 bekommen. Voll Vertrauen auf die Sicherheit des Rollstuhls nutzte ich ihn zum Treppenfahren und um von A nach B zu kommen. Im Oktober 2022 wurden bei meinem SCEWO bestimmte Schweissnähte kontrolliert und es wurde eine zweite Gasdruckfeder eingebaut. Ein erstes schwerwiegendes Sicherheitsversagen war im Januar 2024. Der SCEWO hat beim Wechsel vom Parkmodus in den Fahrmodus völlig unkontrollierte Bewegungen vollzogen. Dank des Antikippsystems, das rechtzeitig auslöste, wurde das Umkippen des Rollstuhls verhindert . Ich habe durch Zufall, dann einen Kabelbruch entdeckt ( es war das Kabel, das unter der rechten Armlehne liegt) Der SCEWO hat den Kabelbruch nicht als Problem erkannt , sondern die Meldung „ Alles okay mit deinem Bro“ angezeigt. Da außer dem Schreck, den ich beim Auslösen des Antikippsystems bekam , weiter keine Verletzungen entstanden, fuhr ich den SCEWO weiter. Im April 2024 hat SCEWO von sich aus anlasslos alle Sensoren des SCEWO ausgetauscht. Am 14.02.2025 war ich mit dem SCEWO auf ebener, geräumter und mit Splitt abgestumpfter Straße im Fahrmodus seit ca. 45 Minuten unterwegs. Plötzlich und ohne Vorwarnung vollzog der SCEWO unkontrollierte Bewegungen ( am besten lässt sich das Verhalten mit Rodeo reiten auf dem Rummel vergleichen) und kippte dann nach hinten auf die Straße. In der Bedienungsanleitung für den SCEWO steht, dass er bei Fahrten auf Schnee bei unklaren Bewegungen die Notabschaltung auslöst, das hat er aber nicht getan und auch das Antikippsystems hat nicht rechtzeitig ausgelöst, so daß ich ungebremst auf den Rücken stürzte. Dabei habe ich mir sehr schmerzhafte Verletzungen zugezogen im Bereich HWS/BWS/LWS und rechte Schulter. Von SCEWO erhielt ich als Erklärung , dass es immer ein gewisses Restrisiko geben wird, wo der SCEWO schneller umkippt, als das Antikippsystems auslöst und dass der SCEWO nur bei Fahrten auf ebenen und festem Untergrund sicher betrieben werden kann. Der Unfall führte dazu, dass meine Krankenkasse den SCEWO eingezogen hat. Ich habe einen neuen E‑Rollstuhl Meyra Optimus 2 bekommen. Bezüglich des schweren Zwischenfalles hatte ich auch eine Meldung an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geschickt. Dort hat man einfach akzeptiert, dass die Firma SCEWO angegeben hat, dass die Notabschaltung wie vorgesehen ausgelöst habe. Wenn es so gewesen wäre, dann müsste der SCEWO auf den Raupen zum Stehen gekommen sein. Mittels Fotos kann ich nachweisen, dass der SCEWO nach hinten umgekippt ist. Leider kann ich nicht mehr machen und hoffe für jeden Nutzer des SCEWO, dass er soviel Glück hat, wie ich beim rückwärts umkippen. Mir hat die Kopfstütze, die beim Sturz zerstört wurde, sehr viel genutzt. Wer weiß, wie das ohne sie ausgegangen wäre. Mein neuer E‑Rolli kann war keine Treppen steigen, aber ich habe mich entschlossen, wieder auf 4 Rädern unterwegs zu sein. Der SCEWO hat unzweifelhaft seine Stärken. Er hat ein gut gedachtes Konzept, auch das Styling ist sehr modern und zukunftsorientiert. Wem das Restrisiko , dass der SCEWO schneller umkippt , als das Antikippsystem auslöst und auch die Notabschaltung nicht funktioniert , als kalkulierbares Risiko erscheint, braucht sich keine Gedanken zu machen. Mein Fazit ist: Wenn SCEWO sagt: „ Aufgrund von Sicherheitsrisiken möchten wir sicherstellen, dass BRO nur auf ebenen, festem Untergrund verwendet wird…..“
Dann heißt das für mich im Umkehrschluss, dass der SCEWO auf Gefällen und nicht festen Untergründen, wie zB: Kieswegen, Rasenflächen jederzeit unvorhersehbare Bewegungen machen kann. Jeder Nutzer sollte sich selbst damit auseinandersetzen.
Hallo Anke,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Erfahrungsbericht. Leider gibt es immer wieder derartige Berichte, wo der Scewo “spinnt” und der Kippschutz nicht ausgelöst hat. Auch von Vorfällen, dass der Scewo von der Treppe gerutscht ist, gibt es hier und da. Es mag zwar sein, dass dies nur Einzelfälle sind, und mir ist auch klar, dass es das Aus für die Firma Scewo bedeuten könnte, wenn solche Sicherheitsmängel dazu führen, dass die Kostenträger in Deutschland diesen Rollstuhl nicht mehr bewilligen, aber ich finde, dass jeder Fall, einer zu viel ist. Ein solches Restrisiko soll dann bitte auch sachlich bewertet werden. Keine Technik ist unfehlbar, aber Scewo sollte sich in diesen Fällen eher entschuldigen und die zum Anlass nehmen den Rollstuhl sicherer zu machen.
Ich nutze den Scewo aufgrund seiner mangelnden Alltagstauglichkeit mittlerweile auch recht selten, was ich besonders schade finde, denn dafür habe ich den nicht angeschafft.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Spaß mit dem Optimus 2, der vermutlich außer der Treppen alle anderen Hindernisse des Alltags bewältigen dürfte.
Viele Grüße
Frank
Hallo Frank, danke für Deinen Kommentar. Ich bin sehr froh, dass meine Krankenkasse mir einen anderen Outdoor-Rollstuhl genehmigt hat. Mit dem SCEWO wäre ich nicht mehr gefahren. Ich habe jetzt 200 km mit dem Optimus durch Wald Flur und Feld bewältigt. Ich bin positiv überrascht, was der alles meistert. Durch die sehr gute Federung sind auch die Erschütterungen, die man beim SCEWO deutlich im Rücken spürte nur ein leichtes Wackeln. Die Kommunikation mit SCEWO ist nicht produktiv. Ich hoffe sehr, dass kein Nutzer den gleichen Unfall, wie ich erleidet. Schöner wäre gewesen, wenn SCEWO versucht hätte heraus zu finden, warum beide durch die Software gesteuerte Sicherheitssysteme versagt haben. Die Notabschaltung hat überhaupt nicht reagiert und das Antikippsystem soll zu “langsam” gewesen sein. Wenn es nicht um eine ernste Angelegenheit handeln würde, könnte man das lustig finden . Wie gesagt, ich habe alles versucht, dass diesem doppelten Versagen auf den Grund gegangen wird. Bei SCEWO direkt und beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Aber es soll wohl nicht sein.
Dir auch alles Gute