Kann eine komplette Region nicht barrierefrei sein?

Kann eine komplette Region nicht barrierefrei sein? Ja, das geht. Die Österreicher sind sicherlich um einiges entspannter als andere Europäer, aber eine solch gelassene Ignoranz gegenüber einer Barrierefreiheit ist in der heutige aufgeklärten Zeit dann doch etwas befremdlich. Klar, in einer Bergregion kann man nicht alles barrierefrei gestalten und Steigungen jenseits der 12% vermeiden. Aber dass selbst neue touristische Angebote nicht barrierefrei ausgeführt werden, ist dann sehr merkwürdig und befremdlich.

Die Rede ist vom Salzburger Land, in dem Barrierefreiheit ein Fremdwort ist.

Es begann damit, dass wir ein Haus auf einer Alm gemietet haben, in der sich der Eigentümer sehr löblich um die Belange eines Rollstuhlfahrers bemühte und viele Wünsche erfüllen konnte. Die erste Ernüchterung kam mit einer Anfrage an die nächsten Tourismus-Büros, die allsamt mit der Frage überfordert waren, wie es um die Barrierefreiheit der touristischen Attraktionen bestellt ist. Die Antworten waren recht einfach. Den Mitarbeitern des Büros waren keine einzige Attraktion bekannt, die barrierefrei ist.

Es sind oftmals Kleinigkeiten, die unnötigerweise dazu führen, dass Angebote für einen Rollstuhlfahrer nicht zugänglich sind. Warum muss z.B. die Station einer Gondel mit einer großen Stufe versehen sein, wo die Gondeln doch recht gut mit einem Rollstuhl bestiegen werden können?

Das Auto ist für Rollstuhlfahrer oftmals eine gute Alternative zu einem nicht barrierefreien Nahverkehr. Leider ist auch hier die Region ein Negativbeispiel für nicht vorhandene Barrierefreiheit, denn es gibt oftmals erst gar keine Behindertenparkplätze. Natürlich könnte man argumentieren, dass wenn die touristische Attraktion schon nicht barrierefrei ist, es dann überhaupt Behindertenparkplätze geben muss. Allerdings gibt es viele unterschiedliche Arten von Behinderungen mit den unterschiedlichsten Einschränkungen, so dass ein solches Argument nicht greift.

Für Rollstuhlfahrer ist es oftmals ausreichend und akzeptabel, wenn touristische Attraktionen barrierearm ausgeführt sind, wenn es eine Basis gibt, wo man einkehren kann (inklusive Behindertentoilette) und wenn man wenigstens aus der Ferne an der Aktivität teilhaben kann. Rollstuhlfahrer in Gänze auszuschließen, ist hingegen die schlechteste aller Möglichkeiten, so dass die komplette Region um Salzburg für Rollstuhlfahrer und andere gehbehinderte Menschen meiner Erfahrung nach nicht geeignet ist.

Ausnahme Salzburg

Ich bin von der Barrierefreiheit des Salzburger Landes schwer enttäuscht. Es hatte fast den Eindruck, als würden die Behinderten weggesperrt, denn an kaum einer Stelle wurden die Belange behinderter Menschen berücksichtigt. Davon ausgenommen ist Salzburg selbst. Wie in Deutschland auch, wird eine Barrierefreiheit zuerst in den Städten umgesetzt. Es gibt eine Broschüre, die viele Empfehlungen für Menschen mit Behinderungen bereithält. Auch online finden sich einige Empfehlungen. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass von der Seite, auf der Empfehlungen für Behinderte aufgelistet sind, Sehenswürdigkeiten verlinkt sind, die nicht barrierefrei sind.

Ansonsten ist Salzburg wie viele deutsche Städte barrierefrei. An vielen Ecken und Kanten machen Barrieren das Erkunden schwer, mehr als die Hälfte der Geschäfte in den Einkaufsstraßen haben eine Stufe am Eingang oder sind im Innern relativ klein. Dennoch konnte ich spüren, wie sich die Verantwortlichen erfolgreich bemühen, die Stadt mehr und mehr barrierefrei zu gestalten.

Salzburg ist ein empfehlenswertes Ausflugsziel und hat viel zu bieten. Man kann gut durch die Stadt schlendern, sich über die Historie der Stadt und des Landes erkundigen oder man verfällt dem Mozart-Hype, der an vielen Ecken zu spüren ist. Die Ufer der Salzach sind sehr idyllisch und immer wieder laden Parks und Gärten zum Verweilen ein.

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