Mit dem e‑motion im Flugzeug

Wie pro­blem­los kann ein Roll­stuhl­fah­rer heut­zu­ta­ge flie­gen? In mei­nem Fall der Flug mit der Luft­han­sa von Frank­furt nach Faro (Por­tu­gal). Wenn Berich­te im Netz auf­tau­chen, dann berich­ten die­se meist von Kata­stro­phen und Fäl­len, wo es nicht funk­tio­niert hat. Und so macht z.B. ein Bei­trag des SWR die Run­de, der mit fol­gen­dem Titel auf­war­tet:

“Neu­ro­chir­urg war zu Hilfs­pro­jekt nach Afri­ka unter­wegs:
Flug­zeug hebt ab, Roll­stuhl am Boden: Ulmer Arzt erlebt Alb­traum”

Der vol­le Bei­trag fin­det sich im Netz.

Das klingt nach einer Kata­stro­phe, denn wie soll sich ein Roll­stuhl­fah­rer fort­be­we­gen, wenn der Roll­stuhl nicht mit­kommt? Wer den Arti­kel liest, wird fest­stel­len, dass der Arzt mit e‑motion gereist ist, also genau dem glei­chen Sys­tem, das auch ich benut­ze. (Mehr zum e‑motion in einem sepa­ra­ten Bei­trag.)

Mir kom­plett unver­ständ­lich, dass sich der Nut­zer die­ses Roll­stuhls im Vor­feld über­haupt kei­ne Gedan­ken dazu gemacht hat, wie er die e‑motion im Flug­zeug trans­por­tie­ren soll. Und anschlie­ßend beschwert er sich, dass das Bord­per­so­nal Beden­ken hin­sicht­lich des Trans­ports hat­te. Auch die For­de­rung, dass die Flug­ge­sell­schaf­ten, ihre Per­so­nal bes­ser schu­len sol­len, ist ange­sichts der viel­fäl­ti­gen indi­vi­du­el­len Lösun­gen der fal­sche Weg.

Ich fin­de, dass man als Flug­gast heut­zu­ta­ge wis­sen soll­te, dass Akkus mit beson­de­rer Vor­sicht in Flug­zeu­gen ver­wen­det wer­den. Kann der Akku aus­ge­baut wer­den, so muss die­ser ins Hand­ge­päck. Ist er fest ver­baut, kann er auch ins Gepäck­ab­teil, wenn er gegen unbe­ab­sich­tig­tes Ein­schal­ten geschützt ist. Es gibt aber mitt­ler­wei­le so vie­le Sys­te­me, dass man sich selbst im Vor­feld dar­über infor­mie­ren muss, wie der Roll­stuhl im Flie­ger trans­por­tiert wer­den muss. Für gewöhn­lich hilft hier der Her­stel­ler ger­ne wei­ter.

Was muss ich beim e‑motion beach­ten?

Die Flug­ge­sell­schaft benö­tigt ein paar Anga­ben zum Akku, der im Roll­stuhl ver­wen­det wird. Bei den Akkus im e‑motion han­delt es sich im Lithi­um-Ionen-Akkus mit einer Leis­tung von 156,95 Wh. Damit lie­gen die Akkus unter der erfor­der­li­chen Gren­ze von maxi­mal 160 Wh!  Als Abkür­zung wird in den Doku­men­ten WCLB ange­ge­ben. Zusätz­lich benö­tigt die Flug­ge­sell­schaft das Gewicht des Roll­stuhls, was ich mit 25 kg ange­ge­ben habe.

Die Räder besit­zen einen Flug­mo­dus, der ent­we­der direkt aus der App ein­ge­schal­tet wer­den kann oder über den Ein­schal­ter der Räder. Die­sen muss man so lan­ge drü­cken, bis die LED rot und weiß leuch­ten. Dann den Knopf los­las­sen und erneut kurz drü­cken. Es dau­ert tat­säch­lich eine gefühl­te Ewig­keit, aber kei­ne Sor­ge, irgend­wann kommt das Signal. Der Flug­mo­dus wird am Ende der Rei­se eben­so aus­ge­schal­tet. Im Flug­mo­dus blin­ken die roten LED kurz auf, wenn man die Räder ein­schal­ten möch­te. So wird kon­trol­liert, ob der Flug­mo­dus auch aktiv ist.

Der Her­stel­ler Alber fasst alle Infor­ma­tio­nen und Zer­ti­fi­ka­te für sei­ne Pro­duk­te auf einer eigens ein­ge­rich­te­ten Web­site zusam­men.

Es macht unbe­dingt Sinn, das IATA-Zer­ti­fi­kat aus­ge­druckt mit sich zu füh­ren. Mit die­sem wird zer­ti­fi­ziert, dass vom Akku kein Sicher­heits­ri­si­ko aus­geht.

Steht der Flie­ger auf dem Flug­feld, wird die Ver­la­dung des Roll­stuhl­fah­rers etwas umständ­lich, aber mach­bar.

Und so lief es bei meinem Flug ab.

Zuerst ein kur­zes Wort zum Par­ken am Frank­fur­ter Flug­ha­fen. Wer früh­zei­tig bucht, kann für klei­nes Geld ein Park­ti­cket kau­fen. Es muss ein stink­nor­ma­les Park­ti­cket (“Ter­mi­nal Par­king”) gekauft wer­den. Die­ses hat uns für eine Woche 78 Euro gekos­tet. Die Park­plät­ze sind in der Tief­ga­ra­ge von P4 in der Park­rei­he 225 (für das Ter­mi­nal 1) oder im P8 Park­rei­he U417 (Ter­mi­nal 2). Wir muss­ten ins P4, das nicht ganz so ein­fach zu fin­den ist.

Der Flug­ha­fen in Frank­furt hat eine eige­ne Web­site, auf der alle Hin­wei­se zum bar­rie­re­frei­en Par­ken zu fin­den sind.

Da nicht alle Auf­zü­ge funk­tio­nie­ren (und so man­cher Auf­zug (Stich­wort Glas­auf­zü­ge) auch in nähe­rer Zukunft nicht funk­tio­nie­ren wird), soll­te man schon im Park­haus die Gele­gen­heit nut­zen, um auf die Abflug­ebe­ne zu gelan­gen.

Ich habe mei­ne Fami­lie online ein­ge­checkt und muss­te fest­stel­len, dass ich mich gar nicht online ein­che­cken kann. Damit kann ich auch die auto­ma­ti­sche Gepäck­an­nah­me nicht nut­zen. Ich muss also zu einem Schal­ter für Flug­gäs­te mit spe­zi­el­len Bedürf­nis­sen, der sich gegen­über dem Check-In der ers­ten Klas­se befin­det. Hier wur­de ich ein­ge­checkt und das Gepäck (von allen Fami­li­en­mit­glie­dern) auf­ge­ge­ben. Hier wird auch geprüft, wel­che Hil­fe der Flug­gast benö­tigt. Hier gab es auch die ers­te Dis­kus­si­on wegen der e‑motion, da die Akkus fest ver­baut sind. Da ich aber alle Doku­men­te und Anga­ben parat hat­te (sie­he oben), konn­te ich alle Beden­ken aus­räu­men. Es wur­de mir mit­ge­teilt, dass ich mich zum Gate bege­ben soll­te, da der Flie­ger auf dem Flug­feld und nicht am Ter­mi­nal steht.

Hin­weis: Es war ein wenig unge­schickt, dass ich die Bord­kar­ten mei­ner Fami­lie auf mei­nem Han­dy hat­te, da ich getrennt von mei­ner Fami­lie ins Flug­zeug gebracht wur­de. Bes­ser ist es, wenn jeder sei­ne Bord­kar­ten auf sei­nem Han­dy hat.

Die Gän­ge im Flug­zeug sind recht eng, so dass der eige­ne Roll­stuhl nicht ver­wen­det wer­den kann (Bild: Pix­a­bay)

Die Sicher­heits­kon­trol­len: In Frank­furt waren die War­te­zei­ten sehr mode­rat, so dass mei­ne Fami­lie mit mir erst kurz vor den Kon­trol­len aus der nor­ma­len Rei­he geholt wur­de, um mich sepa­rat zu kon­trol­lie­ren. Dann gab es einen Klas­si­ker: Es wur­de am Roll­stuhl Spreng­stoff detek­tiert. Es muss­te die Bun­des­po­li­zei geru­fen wer­den und nach einer Kon­trol­le der Per­so­na­li­en konn­te es wei­ter­ge­hen. Meist sind Kos­me­ti­ka für das Anschla­gen der Gerä­te ver­ant­wort­lich, da sich in man­chen Pro­duk­ten Gly­ce­rin befin­det.

Am Gate war man über­rascht, dass ich dort auf den Ein­lass war­ten soll­te. Aber nach ein paar Tele­fo­na­ten war klar, dass ich rich­tig war und kur­ze Zeit spä­ter von einer Assis­tenz abge­holt wur­de. Vor­her gab es eine erneu­te Dis­kus­si­on wegen der e‑motion.

Ich muss­te mit einem Behin­der­ten-Trans­port zum Flug­feld gebracht wer­den. Dort wird von den Mit­ar­bei­tern eine spe­zi­el­le Hebe­büh­ne geor­dert, die nach einer klei­nen War­te­zeit dann auch kam. Es han­delt sich dabei um ein spe­zi­el­les Fahr­zeug, das über eine Kabi­ne ver­fügt, die sich in alle Rich­tun­gen fah­ren lässt. In der Kabi­ne wur­de ich auf den Kabi­nen-Roll­stuhl umge­setzt, mit dem ich anschlie­ßend in das Flug­zeug geho­ben wur­de. Vor­her hat­te ich den Flug­mo­dus an mei­nen e‑motion akti­viert und den Roll­stuhl zusam­men­ge­fal­tet. Auch hier gilt, dass nie­mand erwar­ten kann, dass die Mit­ar­bei­ter von jedem Falt-Roll­stuhl wis­sen, wie der zusam­men­zu­fal­ten geht (sie­he eben­falls oben).

Hier gab es übri­gens die nächs­te Dis­kus­si­on bzgl. des e‑motion.

Hier wur­den wir also getrennt. Ich auf mei­nen Platz und der Roll­stuhl zum Gepäck. Ich wur­de als ers­tes ins Flug­zeug gebracht, wäh­rend die Pas­sa­gie­re in den Bus­sen dar­auf war­te­ten, dass ich saß.

Der Aus­stieg am Flug­ha­fen in Faro war ver­gleichs­wei­se unkom­pli­ziert. Die Ser­vice-Mann­schaft des Flug­ha­fens hat­te mich in einem Stan­dard-Roll­stuhl zur Gebäck­auf­nah­me mit­ge­nom­men, wo schon mein eige­ner Stuhl auf mich war­te­te.

Der Rückflug

Wie­der konn­te ich mich nicht ein­che­cken, denn es war das glei­che wie beim Hin­flug. Ein Online-Check-In war nicht mög­lich. Wir waren sehr zei­tig am Flug­ha­fen. Und wäh­rend es in Frank­furt okay war, drei Stun­den vor­her dort zu sein, hät­ten es in Faro auch zwei Stun­den getan. Es war näm­lich der Check-In noch gar nicht geöff­net. Einen sepa­ra­ten Schal­ter gab es hier nicht.

Auch hier gab es wie­der Dis­kus­sio­nen bzgl. des e‑motion und wie­der muss­te ich erklä­ren, was es mit die­sen Rädern auf sich hat. Es dau­er­te etwas län­ger bis alle Unklar­hei­ten besei­tigt wur­den. Anschlie­ßend ging es durch sepa­ra­te Sicher­heits­kon­trol­len, wo es die­ses Mal kei­ne Pro­ble­me gab.

In der Flug­hal­le wur­de klar, dass der Flie­ger am Ter­mi­nal stand. Ich soll­te eine Stun­de vor dem Abflug an einem bestimm­ten Platz abge­holt wer­den. Anschlie­ßend ging es zum ganz nor­ma­len Boar­ding, ich wur­de wie­der auf einen schma­len Trans­port-Stuhl ver­la­den und mein Roll­stuhl und ich wur­den wie­der getrennt, nach­dem ich wie­der den Flug­mo­dus akti­viert und den Roll­stuhl zusam­men­ge­fal­tet habe.

In Frank­furt durf­te der Flie­ger ans Ter­mi­nal, so dass das Aus­stei­gen sehr unpro­ble­ma­tisch war. Hier war­te­te mein Roll­stuhl direkt an der Türe des Flie­gers.

In Sum­me war der Flug sehr unkom­pli­ziert.

Alle Tipps gebündelt

  • Im Vor­feld klä­ren, was bei dem eige­nen Roll­stuhl zu beach­ten ist. Zur Not den Her­stel­ler im Vor­feld kon­tak­tie­ren und um ent­spre­chen­de Infor­ma­tio­nen bit­ten.
  • Die benö­tig­ten Zer­ti­fi­ka­te am bes­ten aus­ge­druckt immer dabei haben und mit sich füh­ren.
  • Beson­der­hei­ten des eige­nen Roll­stuhls ken­nen (Gibt es einen Flug­mo­dus? Wie bekommt die Crew den Roll­stuhl in den Fracht­raum?)
  • Der Flug­ge­sell­schaft im Vor­feld mit­tei­len, dass man Roll­stuhl­fah­rer ist. Dar­auf ach­ten, dies schon bei der Buchung anzu­ge­ben, falls die Flug­ge­sell­schaft dies anbie­tet.
  • Früh­zei­tig am Flug­ha­fen sein, da man­che Vor­gän­ge bei Roll­stuhl­fah­rern län­ger dau­ern. Das bedeu­tet zwar län­ge­re War­te­zei­ten, aber bes­ser län­ger war­ten als den Flug zu ver­pas­sen.

Auf die­sem Blog fin­den sich mitt­ler­wei­le zahl­rei­che Bei­trä­ge zum e‑motion. Fol­gen­de Bil­der füh­ren zu den jewei­li­gen Bei­trä­gen.

alber-emotion-standard
Vor­stel­lung des e‑motion
alber-app-02
Die App zum e‑motion
Alber_emotion_m25
Ers­te Erfah­run­gen
alber_speichenbruch
Spei­chen­bruch
Alber_emotion_speichenschluessel
Pfle­ge des e‑motion
winter-schnee
Bei Schnee und Eis
lufthansa_1920
Mit dem e‑motion flie­gen

Es heißt, wer mit einer chro­ni­schen sel­te­nen neu­ro­mus­ku­lä­ren Erkran­kung lebt, muss für die­se selbst zum Exper­ten wer­den. Es gibt aber auch vie­le Über­schnei­dun­gen zu ande­ren Erkran­kun­gen, wes­halb ich alle Bei­trä­ge, die im Zusam­men­hang mit mei­ner Erkran­kung ent­stan­den, auf einer eige­nen Sei­te zusam­men­ge­stellt habe. Dort beschrei­be ich nicht nur den Weg zur Dia­gno­se und wie sich die CMT äußert, son­dern auch, wie ein Schwer­be­hin­der­ten­an­trag bean­tragt wird, wel­che Stol­per­stei­ne der All­tag und die Berufs­welt für behin­der­te Men­schen bereit­hält und ich gehe das ganz gro­ße The­ma Hilfs­mit­tel an. Wie fin­de ich das pas­sen­de Hilfs­mit­tel und wie bean­tra­ge ich es?

Zu mei­ner Über­sicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert