
Schon seit 35 Jahren wird das Musical Starlight Express in Bochum aufgeführt. Wir wussten natürlich, dass es sich immer in Reichweite befand, schafften es aber nie, uns dorthin aufzumachen. Bis jetzt. Und es stellt sich wie immer die Frage: Wie kann man als Rollstuhlfahrer ein solches kulturelles Angebot wahrnehmen?
Es beginnt wie immer mit der Parkplatzsuche. Wer kann, fährt ins angrenzende Parkhaus, in dem 17 Behindertenparkplätze bereitgehalten werden. Wessen Fahrzeug zu groß oder zu hoch ist, muss auf den Parkplatz für Camper ausweichen, was mit pauschal 10 Euro zu Buche schlägt (ansonsten sind es vier Euro). Direkt vor der Halle befinden sich Halteplätze, in denen ein Halteverbot gilt. Dort könnte man ganz gut drei Behindertenparkplätze errichten. Busse können kostenfrei auf dem Busstreifen vor der Halle parken.
Einen barrierefreien Weg von diesem Parkplatz aus sucht der Besucher vergebens und er muss auf die Straße ausweichen. Wer im Parkhaus parkt, gelangt hingegen barrierefrei in die Halle.
In der Halle geht die Verwirrung weiter, denn auch in Bochum werden Rollstuhlfahrer separiert. (Tipp: Der Rollstuhlfahrer muss zu Gleis 5 gehen und dort warten, dass er abgeholt wird.)

Erbaut wurde die eigens für dieses Musical errichtete Halle anno 1987, ohne auf die Belange von Rollstuhlfahrern geachtet zu haben. Das merkt man den Plätzen an. Es gibt vier Rolliplätze, die über einen Backstagebereich erreichbar sind. Am Ende gibt es eine sehr steile Rampe, wo man Hilfe benötigt. Das Personal ist sehr hilfsbereit und packt dort an, wo es notwendig ist. Die vier Rollifahrer sitzen nebeneinander, die Begleitpersonen sitzen im Block daneben.
Wir waren zu siebt in der Halle und saßen somit an drei unterschiedlichen Orten. Somit die Starlight-Express-Arena ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Selbstbestimmung in der Kultur nicht funktioniert. Nun, irgendwie bekommt man es dann doch hin.
Wer mit einem schweren E‑Rolli unterwegs ist, muss beachten, dass die Rampe eine Steigung von ca. 30% hat. Wenn nicht sogar mehr. Das Schieben beim Hochfahren bzw. Bremsen beim Runterfahren sollte erprobt sein.


Direkt vor den Rollstuhlfahrern findet die Show statt. Hier der Blick nach links und rechts von einem der vier Plätzen aus gesehen.
Hinweis: Die Rollstuhlplätze inklusive den Plätzen für die Begleitpersonen müssen telefonisch bestellt werden. Immerhin nur zum Ortstarif und nicht über eine 0180er-Nummer. Weitere Hinweise zu den Rollstuhlplätzen und den Möglichkeiten für eine barrierefreie Audiounterstützung, findet sich auf den Service-Seiten im Netz (dem Infolink folgen, nach unten scrollen und den Punkt »Service für körperlich eingeschränkte Personen« ausklappen).
So viel zur Infrastruktur, die ich spontan nur als eingeschränkt barrierefrei bezeichnen würde. Wo ich gerade bei diesem Thema bin: es gibt eine Behindertentoilette, in der ausreichend Platz vorhanden ist.
Hat der Rollstuhlfahrer es dann auf seinen Platz geschafft, so genießt er die Show in vollen Zügen. Wir haben sie in der Version von 2023 angeschaut. In der Vergangenheit wurde sie nämlich immer wieder angepasst, wobei die Änderungen lediglich ein paar Songs betraf. Der Grundtenor der Show ist immer der gleiche geblieben. Sie bietet eine sehr schöne Story, in der es um ein Kind geht, das sich seiner Fantasie hingibt. Wer die Show besuchen möchte, sollte sich im Vorfeld gar nicht sonderlich mit ihr auseinandersetzen und sich am besten auch die Songs nicht anhören. Es ist zwar ein typisches Musical von Andrew Lloyd Webber, aber die Songs kommen live immer besser an als aus der Konserve.
Das Besondere an der Halle sind die »Schienen« (also das Parkett), die durch das Publikum verlegt wurden. Auf der Hauptbühne werden durch diverse hydraulische Elemente immer wieder neue Routen für die Züge angelegt. Die Künstler fahren also immer wieder quer durch das Publikum, so dass es viel zu sehen gibt.
Die Rolliplätze sind sehr nah am Geschehen platziert, so dass diese die Show im wahrsten Sinne des Wortes hautnah erleben konnten. Es ist eine sehr sehenswerte Show, bei der für viel Abwechslung gesorgt wird. Bochum mag zwar keine sehenswerte Stadt sein, liegt aber sehr zentral im Ruhrgebiet, so dass die Erreichbarkeit vergleichsweise gut ist.

Schon seit Anbeginn des Internets pflegte Eng einen Blog. Und weil es ihm Spaß macht, seine Erfahrungen zu teilen, sind es immer Mischblogs, so wie dieser hier.
Seitdem seine neuromuskuläre Erkrankung einen deutlich größeren Einfluss auf sein Leben hat, befinden sich neben den Beiträgen zur Fotografie, Aquaristik, Reisen, Verbraucherschutz und Technik auch Beiträge zu Gesundheitsthemen auf diesem Blog.
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