Nur mal kurz zur Sprache #2: Inspiration Porn

Immer wieder tauchen neuartige Begriffe auf, deren Bedeutung nicht bekannt sind und oftmals falsch verstanden werden. Das äußert sich auch darin, dass diese Begriffe im Netz vollkommen unterschiedliche erklärt werden. Wie z.B. auf Blogs wie dem meinen. Dennoch versuche ich in einer kleinen Reihe, die immer wieder neu auftauchenden Begrifflichkeiten zu erklären und auch ein stückweit sichtbarer zu machen.

Was ist "Inspiration Porn"?

Diesem Begriff geht voraus, dass es viele Menschen gibt, die per se annehmen, dass es Behinderten schlechter ergeht wie den Nicht-Behinderten. Es ist für diese Menschen nicht vorstellbar, dass behinderte Menschen auch ein glückliches und erfülltes Leben führen.

Wenn nun Behinderte ihren Alltag meistern so wie alle anderen auch, so gibt es Menschen, die dies inspirierend finden. Es war wohl die amerikanische Behindertenrechtsaktivistin Stella Young, die den Begriff des “Inspiration Porn” zuerst ins Leben gerufen hat, weil sie nicht dafür bewundert werden wollte, dass sie einen Alltag hatte. Sehr oft geht nämlich damit eine Einstellung einher, dass gesagt wird, dass wenn es der Behinderte schafft, diese Situation zu bewältigen, dann schaffe ich das auch. Durch das Abwerten anderer, wertet man sich selbst dadurch auf.

Viele Behinderte fühlen sich davon gestört, dass jemand sagt, dass sie sie inspirierend finden. Wenn ich mal schaue, wie Inspiration überhaupt definiert wird, so wird im Allgemeinen darunter verstanden, dass man eine Eingebung erhält, die zu einer künstlerischen Kreativität animiert oder die eine geistige Tätigkeit fördert oder eine Idee oder einen kreativen Einfall gefördert hat. Nun könnte man natürlich fragen, welcher Funke zum nichtbehinderten Menschen übergesprungen ist, als er gesehen hat, wie ein Behinderter z.B. Brötchen gekauft hat.

Respekt und Anerkennung

Eine Inspiration kann nicht abgeschaltet werden. Wenn ich etwas sehe und mir kommt dadurch irgendeine spontane Idee, dann ist das so. Man kann also niemanden vorwerfen, von irgendetwas inspiriert zu werden. Das, was vielen Behinderten aufstößt, ist dann auch eher, dass es kaum vorstellbar ist, dass der Alltag eines Behinderten derart inspirativ ist.

Besser wäre es, wenn Nichtbehinderte dem Behinderten Respekt erweisen oder wegen mir auch Anerkennung, dass sie ihren Alltag meistern. Dass diese durchaus mit Hürden und Hindernissen gespickt ist, kann wohl niemand von der Hand weisen. Wenn ich mit meinen Rollstuhl oder gar im Gespann mit meinem Vorspannrad durch unser Viertel fahre, dann bin ich so auffällig wie ein bunter Hund. Ich kenne niemanden, aber die anderen kennen mich. Zumindest vom Sehen. Das ist eine unabänderliche Tatsache.

Allerdings hat zu mir (bisher) noch niemand gesagt, dass er durch mein Vorbeirollen zu irgendwas inspiriert wurde. Und wenn er es tuen würde? Würde ich dann denken, dass er mich darauf reduziert hat? Nein, ehrlich gesagt nicht, weshalb ich die Ansichten, die sich hinter dem Begriff des “Inspiration Porn” verbergen, nicht teile, auch wenn ich denke, dass eine Anerkennung in vielen Fällen besser passt als der Begriff “Inspiration”.

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