In diesem Jahr hatte ich überlegt, ob ich die Reha in der gleichen Klinik wie in den letzten Jahren durchführe, oder ob ich nicht eine nähergelegene wählen sollte. Schlussendlich habe ich mich dagegen entschieden, da diese nicht als Rehaklinik zertifiziert war, Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen zu behandeln. Es besteht je nach Krankheitsbild ein sehr großer Unterschied, welche Therapien angewandt werden.
Also habe ich mich doch wieder für die »Asklepios Weserbergland-Klinik« in Höxter entschieden. (Es besteht in Deutschland eine freie Arzt- und Klinikwahl, d.h., dass ich als Patient selbst entscheiden darf, wo meine Reha stattfindet.)
Irgendwann Ende 2023 Anfang 2024 wurde die Klinik vergrößert. In einem (älteren) Nebengebäude wurden einige Etagen kernsaniert, so dass sich nun dort die Geriatrie befindet. Dadurch konnte die Bettenanzahl in der Neurologie auf 180 erhöht werden. Die Weserbergland-Klinik hat sich auf neuromuskuläre Erkrankungen (NME), Multiple Sklerose (MS) und Schlaganfälle spezialisiert, kann aber auch andere neurologische Erkrankungen therapieren.
Therapien
Der Vorteil, wenn man eine Rehaklinik kennt, liegt darin, dass man auch das Angebot an Therapien kennt. Es sind nicht nur die Therapeuten (oder zumindest die meisten) bekannt, sondern auch die Gerätschaften. Anhand derer kann man selbst auch feststellen, ob bzw. in welchem Maße die eigene Erkrankung fortgeschritten ist.
In meinem Fall war der erste Entwurf des Therapieplans etwas mager. Dadurch, dass ich wusste, was mich erwarten sollte, bin ich schon am ersten Tag bei der Therapieplanung vorstellig geworden. Das ist nur jedem Patienten zu empfehlen, dass man sich nicht scheuen darf, sich zu beschweren. Man ist weder in der Reha, um neue Freundschaften zu schließen, noch bekommt man Sternchen oder Vergünstigungen, wenn man brav das durchkaut, was einem vorgesetzt wird. Dies gilt im Übrigen unabhängig von der Klinik.
Und so wurde auch in der ersten Woche der Plan grundlegend überarbeitet, aber dennoch war die Anzahl der Therapien überschaubar, da eine Krankheitswelle das Personal erfasst hat. Corona ist eben noch immer vorhanden und reiht sich in die klassischen Grippewellen ein.
Aber nicht nur Krankheit und Urlaub haben das Angebot ausgedünnt, sondern auch viele unbesetzte Stellen, so dass teilweise pro Woche über 60 notwendige Therapien nicht angeboten werden konnten, weshalb nahezu jeder Patient sich beklagte, dass zu wenig Therapien stattfanden. Als Vergleich: Im letzten Jahr hatte ich pro Tag 6–8 Therapien, in diesem Jahr eher 3–4, also nur halb so viele.
Ich hatte den Eindruck, als wäre die Anzahl der Patienten zwar gestiegen (aktuell gibt es 180 Betten), die Anzahl der Therapeuten und Therapiegeräte nicht. Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ist weiterhin wie auch in den Jahren zuvor noch immer spürbar. Zumindest für das kommende Jahr ist eine Aufstockung der Therapiegeräte geplant, so dass auch hier nachgebessert werden wird.
Grundsätzlich besteht aus meiner Sicht dringender Handlungsbedarf seitens der Geschäftsführung, die Job-Attraktivität vor allem für die Therapeuten und Pflegekräfte spürbar zu verbessern. Nicht-monetäre Instrumente gibt es sehr viele, wie Mitarbeiter gehalten werden können, die über einen Obstkorb hinausgehen.
Zimmer
Ein kurzes Wort zu den 180 Betten, denn dies suggeriert, dass die Wartezeiten für einen Therapieplatz doch überschaubar sein sollten. Ist es aber nicht. Das hat mehrere Gründe. Zum einen gibt es einen steten Zuwachs an Anfragen, so dass es für diese Klinik aus meiner Sicht ganz wäre, wenn die Akut-Reha nicht mehr in der Rehaklinik, sondern im Krankenhaus stattfindet. Das würde die Anzahl der Anmeldung etwas entspannen.
Zum anderen werden die Patienten auf den Stationen ihrem Krankheitsbild entsprechend untergebracht. So gibt es die Stationen, auf denen nur NME-Patienten liegen, aber auch Station mit MS- und Schlaganfall-Patienten. Vor allem bei den NME-Patienten spielt die Zimmergröße eine Rolle. Je nach Ausprägung der Einschränkungen sind entsprechend große Zimmer notwendig, so dass unter Umständen für einen NME-Patienten eben keine 180 Betten geeignet sind, sondern vielleicht nur zwei Zimmer, die den besonderen Anforderungen entsprechen.
Es ist aber weiterhin so, dass die NME-Patienten Einzelzimmer haben, auch wenn sich im Netz immer wieder andere Stimmen finden.
Darüber hinaus bleiben die Aspekte bestehen, die ich in diesem gesonderten Beitrag zusammengetragen habe. Erfreulicherweise war die Anzahl der Silberfische spürbar weniger, worüber ich im letzten Jahr noch berichtet hatte.
Essen
Etwas Verwirrung gab es in der Kantine. Seit dem letzten Jahr hat sich hier einiges geändert. Die erste große und sehr positive Änderung fand bei der Wahl des Essens statt. Nun muss der Patient nicht eine Woche im Voraus angeben, was er essen mag, sondern kann frei zwischen den Komponenten der drei Tagesgerichte wählen. Auch auf die Menge hat man nun Einfluss, weil man einfach sagen kann, dass man von dem etwas mehr und von dem anderen etwas weniger haben möchte.
Allerdings bleibt das Angebot für Vegetarier sehr überschaubar. Während meines Aufenthalts hatte ich ein Kind getroffen, das sich vegetarisch ernährte und für diese Zielgruppe gab es teilweise gar kein Angebot.
Die zweite Änderung ist der Entfall der Platz-Reservierungen für Fußgänger. Dies wurde Ende Oktober 2024 umgesetzt, war also noch ganz frisch. Vor allem mittags ist nun freie Platzwahl. Das hat den Vorteil, dass mehr Patienten mittags in der Kantine Essen gehen können. Damit es zu Stoßzeiten nicht zu voll wird, werden Therapien bewusst in die Mittagszeit gelegt, so dass hierdurch zwei Gruppen entstehen. Anfangs wuerden die Patienten mit Begleitpersonen gebeten, erst ab 13 Uhr zum Essen zu kommen. Eine Regelung, die später wieder gekippt wurde.
Morgens und abends haben Rollstuhlfahrer und Patienten, die auf einen Rollator angewiesen sind, noch immer reservierte Plätze, für die Fußgänger gilt auch zu diesen Mahlzeiten freie Platzwahl.
In meinen Augen sind diese Änderung eine Bereicherung und entspannen das Thema Essen gehörig. Auch hat die Qualität des Essens spürbar zugenommen. Allerdings habe ich auch von einigen Mitpatienten gehört, dass sie auch als Fußgänger lieber einen festen Sitzplatz haben möchten, weil es sie stresste, sich immer aufs neue einen Sitzplatz zu suchen. Man kann es eben nicht allen recht machen.
Übrigens: Nun kann sich der Patient ganz offiziell heißes Wasser in der Kantine holen. Sei es für irgendein Instant-Getränk oder für die Wärmflasche.
Kurioses
Während einer Reha trifft man allerlei Mitpatienten, die mit den unterschiedlichsten Erkrankungen in der Klinik sind. Oftmals sind dies einmalige Begegnungen, die ich als erwachsener Patient mache. Vor allem junge Patienten versuchen “im Rudel” eine Reha wahrzunehmen, weshalb diese sich gezielt treffen. Auch bei den MS-Patienten ist mir das aufgefallen. Die erwachsenen NME legen die Reha aus anderen Gründen in einen bestimmten Zeitraum. Dafür gab es die ein oder andere ungewöhnliche Begegnung.
So habe ich ein seit 56 Jahren verheiratetes Pärchen getroffen, bei dem der Ehemann seinen 88. Geburtstag in der Reha gefeiert hat. Hier war er wegen eines Schlaganfalls zugegen, während seine Ehefrau die Begleitung war. Nach Rücksprache mit Kostenträger und Klinik konnte sie auch als Begleitperson einige Therapien wahrnehmen. Die beiden ergaben ein sehr schönes Bild.
Etwas ungewöhnlich die Patienten, die eine neue Hüfte eingesetzt bekommen hatte und eigentlich in einer orthopädischen Rehaklinik unterkommen wollte. Hier haben sich die Ärzte vertan, die die Reha beantragt haben, da die Patienten eine neurologische Vorerkrankung hatte und diese als Diagnose herangezogen wurde.
Aus diesem Grund ist es immer ratsam, wenn man sich erkundigt, in welche Klinik man geschickt wird, damit solche Ereignisse ausgeschlossen werden. Denn auch Ärzte machen Fehler.
Anfahrt, ÖPNV und der Holibri
Die Weserbergland-Klinik in Höxter liegt auf einem Berg. Die Zufahrtsstraße hat eine enorme Steigung, die Rollstuhlfahrer für gewöhnlich nicht meistern können. Fußgänger können als Alternative einen kürzeren Pfad hinab wählen, der aber noch steiler ist.
Eine Anbindung an den ÖPNV gibt es nicht mehr. Als Alternative wurde der Holibri-Dienst ins Leben gerufen. Das sind fünf Vans, die man entweder telefonisch oder via App rufen kann. Nun sind nur zwei der Vans für Rollstuhlfahrer geeignet und entsprechend beliebt. Das führt dazu, dass man diese Fahrzeuge sehr früh buchen muss. Oftmals sind schon donnerstags beide Fahrzeuge für das Wochenende ausgebucht. Ein spontaner Gang in die Stadt ist so nicht möglich. Auch eine Unternehmung mit mehreren Rollstuhlfahrern wird so unterbunden, da in einen Van nur ein Rollstuhlfahrer Platz findet.
Meine Anfrage bei Holibri und dem Behindertenrat der Stadt Höxter blieb unbeantwortet. Ich hatte angeregt, einen regelmäßigen Shuttle einzurichten, der zu festen Zeiten die Klinik anfährt. Hier reichen ja Kleinbusse, die hoch zur Klinik fahren und in Höxter zwei oder drei Punkte anfahren, um dann wieder zurückzufahren. Es würde ja ausreichen, wenn diese am Wochenende vormittags runter und am späten Nachmittag wieder hoch fahren.
Da die ÖPNV-Anbindung von Höxter generell sehr schlecht ist, bleibt im Grunde genommen lediglich die Anfahrt mit dem PKW. Alternativ nutzt man den Fahrdienst, (wenn man nicht zu weit weg wohnt), sitzt dann aber auf dem Berg fest.
Fazit
Es ist spannend anzusehen, welche Änderungen stetig in der Weserbergland-Klinik durchgeführt werden. Deshalb muss man bei den Bewertungen im Netz aufpassen, aus welchem Jahr diese stammen. Außerdem muss man in gewohnter Weise beachten, dass eher der frustrierte als der zufriedene Patient seine Meinung im Netz kundtut. Ich bin in Summe noch immer zufrieden mit den Therapien in der Klinik und habe durchaus Verständnis, dass die Klinikleitung nicht immer auf jede Akutsituation eingehen kann. Ich sehe , dass sich das Klinikleben stetig ändert und optimiert wird.
Jetzt muss lediglich dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden, denn eine Klinik muss nicht nur neues Personal anwerben, sondern das bestehende auch halten. Ein Umstand, der nicht nur für das Gesundheitswesen gilt, sondern generell in der Wirtschaft, die vom Fachkräftemangel betroffen ist.
Schon seit Anbeginn des Internets pflegte Eng einen Blog. Und weil es ihm Spaß macht, seine Erfahrungen zu teilen, sind es immer Mischblogs, so wie dieser hier.
Seitdem seine neuromuskuläre Erkrankung einen deutlich größeren Einfluss auf sein Leben hat, befinden sich neben den Beiträgen zur Fotografie, Aquaristik, Reisen, Verbraucherschutz und Technik auch Beiträge zu Gesundheitsthemen auf diesem Blog.
Schreibe einen Kommentar