Der Umgang mit Hilfsmitteln ist ein ewiges Lernen. Wie z.B. mit dem Sitzkissen für einen Rollstuhl. Es beginnt mit dem ersten Rollstuhl, der üblicherweise mit einem Sitzkissen ausgestattet ist, das dem Sitzkissen eines Gartenstuhls gleicht. Viele werden sich nun fragen, was daran so verkehrt ist? Immerhin sitze ich bei einer Grillparty auch den ganzen Tag auf einem solchen Kissen.
Irrtum! Wer genauer darüber nachdenkt, wird feststellen, dass dem nicht so ist. Immer wieder steht man auf oder ändert die Sitzposition, weil das lange Sitzen unbequem wird. Und manchmal muss man sich einfach mal hinstellen, um sich zu recken und zu strecken. Rollstuhlfahrern wird diese Möglichkeit verwehrt.
Wer mit einer chronischen Erkrankung lebt, die einen nach und nach in den Rollstuhl zwingt, wird anfangs noch beweglicher sein und mit einem einfachen Sitzkissen auskommen. Je länger man sitzen muss, umso wichtiger wird das Sitzkissen. Mittlerweile bin ich in Gänze auf den Rollstuhl angewiesen und sitze den ganzen Tag.
Auf dem Foto ist sehr schön zu sehen, mit welchem Sitzkissen der Rollstuhl zuerst ausgestattet wurde. Es handelte sich um ein ganz simples Schaumstoffkissen. Schnell wurde mir klar, dass das Sitzen auf diesem Kissen zu anstrengend ist, so dass ein neues hermusste. Auch wenn es noch gar nicht so lange her ist, habe ich nicht gewusst, wie ich am besten an ein neues Kissen kommen sollte, und habe kurzerhand nach und nach drei Sitzkissen gekauft, von denen sich eines als Glücksgriff erwies und das ich sehr lange benutzt habe.
Am besten ist es, wenn man von einem Sanitätshaus versorgt wird, in dem zum einen Sitzkissen in der Filiale probegesessen werden, und zum anderen die Kandidaten, die in der näheren Auswahl liegen, zu Hause länger getestet werden können.
Solche Sanitätshäuser sind allerdings sehr rar.
Alternativ hat das Sanitätshaus eine spezielle Apparatur, mit der gemessen werden kann, welche Druckverteilung der Rollstuhlfahrer beim Sitzen hat. Anhand dieser Daten wird dann ein Sitzkissen ausgewählt und angepasst.
Leider stand mir weder das eine, noch das andere zur Verfügung. Ich bin einen alternativen Weg gegangen.
Das erste Rollstuhlkissen habe ich von Invacare gekauft. Es handelt sich um ein dickeres Schaumstoffkissen, das mit größeren Waben ausgestattet ist. Als kleine Besonderheit hat es die hinteren Ecken abgeschrägt, so dass es sich besser an der abgerundeten Rückenlehne des Rollstuhls anpasst.
Die Waben dieses Kissens sind sehr groß und es gibt einen kleineren Bereich für die Sitzhöcker. Ich kann nicht sagen warum, aber lange Sitzen kann ich auf diesem Kissen nicht, weshalb ich es lange Zeit nur als Ersatzkissen benutzt habe.
Als zweites Kissen hatte ich ein einfaches Gelkissen gekauft. Ich dachte, dass sich ein Gel besser an die Anatomie des Rollstuhlfahrers anpassen würde. Dem war aber leider nicht so und ich bekam relativ schnell Schmerzen beim Sitzen und das Sitzen als solches habe ich als unbequem empfunden. Das Kissen habe ich mittlerweile entsorgt und der Hersteller hat selbiges aus dem Sortiment genommen.
Bevor ich das dritte selbstgekaufte Kissen vorstelle, zeige ich folgendes, weil es thematisch hier besser passt.
Keine Wahl hatte ich bei dem Scewo Bro. Hier hat das Sanitätshaus das Sitzkissen ausgesucht. Es handelt sich um das “Invacare Matrx”, ebenfalls ein Schaumstoffkissen mit Wabenstruktur. Im hinteren Bereich hat es noch eine Aussparung für die Sitzhöcker. Auch wenn die Waben wieder sehr groß sind, so ist das längere Sitzen auf diesem Kissen durchaus angenehm.
Ich habe keine Ahnung, weshalb für einen derart teuren Rollstuhl keine Sitzprobe angeboten wird.
Ein bisschen symptomatisch für den Scewo Bro, dass das Sitzkissen nicht passt. Es steht rechts und links einige wenige Zentimeter über. Das führt dazu, dass es lautstark an den Seitenteilen entlangquietscht, wenn der Sitz hoch oder heruntergefahren wird.
Das dritte Kissen, das ich mir gekauft habe, stammt aus dem Hause Systam. Es handelt sich um das Viscoflex. Hier ist ein deutlicher Unterschied in der Struktur des Kissens zu sehen. Die Waben sind kleiner und auf die Sitzhöcker ausgerichtet, werden die Längsrillen in der Körpermitte den nötigen Halt geben.
Dieses Sitzkissen habe ich relativ lange in Benutzung gehabt und war auch lange damit zufrieden. Allerdings hatte ich Probleme bei längeren „Sitzungen“. Ich habe das Sitzkissen auf meinem Aktivrollstuhl in Verwendung, der mein Hauptrollstuhl ist, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin. Das sind hauptsächlich die Urlaube und meine Arbeit. Und genau an diesen Orten sitze ich teils über 10 Stunden am Stück auf diesem Kissen. Nach vier Jahren der Nutzung musste ein neues her.
Einen Rollstuhl habe ich samt Sitzkissen privat gekauft. Rollstuhl und Sitzkissen sind Baujahr 2012 und entsprechend alt. Der Vorbesitzer hatte dieses Gefährt glücklicherweise kaum benutzt, weshalb der Rolli so lange durchhält. Zudem nutze ich ihn ausschließlich zu Hause, damit mein Hauptrollstuhl nicht immer die Wohnung versaut, wenn ich mit schmutzigen Rädern in die Wohnung komme (siehe hierzu auch den Beitrag zum Zweitrollstuhl).
Das Besondere an diesem Sitzkissen ist die sehr feine Wabenstruktur, auf der ich sehr lange bequem sitzen kann. Diese Struktur ist ein Kennzeichen für ein “StimuLite Slimline”. Selbstredend wurden die Kissen in den letzten 13 Jahren etwas weiterentwickelt.
Erstaunlicherweise passt dieser Rollstuhl perfekt zu mir. Die Sitzbreite und vor allem die Sitztiefe sind wie für mich gemacht. Allerdings ist dies ein „normaler“ Aktivrollstuhl, den ich eigentlich für das Handbiken nutzen wollte. Nur sind mir dann die Gelder für ein elektrisches Handbike ausgegangen, denn auch hier brauche ich eine Kombi mit elektrischer Unterstützung.
Als ich den Quickie Q700‑m Up von Sunrise Medical beantragt habe, hatte ich auch keine große Wahl. Der “Berater” des Sanitätshauses wollte mir ein einfaches Schaumstoffkissen andrehen. Mittlerweile weiß ich, dass dieses Sanitätshaus nicht unbedingt das Beste ist. Allerdings habe ich im Kölner Raum noch keine Alternative gefunden. Aber dies ist ein anderes Thema. Als ich das Schaumstoffkissen ablehnte, war der Außendienstler von SunriseMedical sehr erfreut, ein Jay J2 der Bestellung hinzuzufügen. Wenig überraschend ebenfalls aus dem Hause SunriseMedical.
Dieses Kissen hat im Sitzbereich eine variable “Fluid”-Füllung, die sich sehr gut an meine Anatomie anpasst. In diesem Kissen kann ich ohne Probleme stundenlang sitzen. Aber auch hier war es wieder mehr Glück als professionelle Auswahl, dass es so gut passte. Und die nach oben gedrehten Augen bei der Wahl des Kissens durch den Mitarbeiter des Sanitätshauses spricht Bände.
Nach mehreren Jahren in einem Schaumstoffkissen, habe ich für meinen “Hauptrollstuhl” ein neues Rollstuhlkissen beantragt. Auf die kleinen Feinheiten bei diesem Kissen werde ich in ein oder zwei Folgebeiträgen näher eingehen. Die Wahl fiel auf ein Jay Balance mit Cryo-Fluid.
Dieses Cryo-Fluid war es auch, was ich haben wollte, denn dieses verspricht nicht nur einen Dekubitusschutz, sondern auch eine Funktion, um die Körpertemperatur am Gesäß zu halten oder gar etwas abzusenken. Und das auch bei höheren Temperaturen. Und tatsächlich sitze ich recht gut in diesem Kissen. Allerdings muss ich weitere warme Tage abwarten, um abschätzen zu können, wie es sich schlägt.
Meine kleine Odyssee durch die Welt der Rollstuhlkissen zeigt, wie vielseitig und vielfältig der Markt ist. Erstaunlich, wie wenig die Sanitätshäuser auf dieses Thema anspringen, denn die Rollstuhlkissen sind meines Erachtens sehr essentiell für einen Rollstuhlfahrer, der viele Stunden am Tag auf diesen Kissen sitzt. Als Betroffener bleibt einem manchmal nichts anderes übrig, als einfach auf einem höherwertigen Rollstuhlkissen zu bestehen, auch wenn es nicht probegesessen werden kann.
Wer anhaltende Probleme mit dem Sitzen hat, sollte sich ein Sanitätshaus suchen, das sich auf die Rollstuhlkissen spezialisiert hat und mindestens eine Druckmessung beim Sitzen durchführen kann.

Schon seit Anbeginn des Internets pflegte Eng einen Blog. Und weil es ihm Spaß macht, seine Erfahrungen zu teilen, sind es immer Mischblogs, so wie dieser hier.
Seitdem seine neuromuskuläre Erkrankung einen deutlich größeren Einfluss auf sein Leben hat, befinden sich neben den Beiträgen zur Fotografie, Aquaristik, Reisen, Verbraucherschutz und Technik auch Beiträge zu Gesundheitsthemen auf diesem Blog.
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