Ignoranz deutscher Regierungen bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

Das Komitee, das prüft, ob Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention einhält, hat seine Ergebnisse veröffentlicht. Dieser Text ist leider nur auf Englisch verfügbar. Aber es wird schon ersichtlich, dass etwas im Argen ist, wenn man sich das 16 seitige Dokument anschaut. Hier findet sich nämlich im zweiten Teil die positiven Aspekte, also das, was die deutschen Regierungen in der Vergangenheit gut umgesetzt haben. Dieser Part wird auf einer halben Seite abgehandelt. Dann folgen 14 Seiten(!) mit den Aspekten, die in Deutschland nicht so gut oder gar nicht umgesetzt wurden. Anschließend gibt es weitere Seiten, auf denen zwar gesagt wird, dass die Souveränität Deutschlands nicht in Frage gestellt wird, aber die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention endlich mal angegangen werden muss.

14 Jahre hatten die deutschen Regierungen Zeit, wenigstens ein paar Aspekte umzusetzen. Aber durch alle Parteien und Regierungen hinweg bestand keinerlei Interesse, die ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Und genau dies wird bemängelt. Schon Kinder werden angesichts ihrer Behinderung von anderen Kindern separiert. Und hier ist eben nicht nur das schwerst mehrfach behinderte Kind gemeint, sondern es sind auch Kinder gemeint, die sehr gut in einen Klassenverbund integriert werden könnten, wenn man denn nur wollte.

Es gibt keinen Aspekt, wo sich Deutschland positiv hervorgehoben hat. Denn auch in der Arbeitswelt gibt es massive Defizit, weil Arbeitgeber sich scheuen, schwerbehinderte Menschen einzustellen und sie kaum Unterstützung bekommen. Und bei der medizinischen Versorgung, weil der Großteil der Arztpraxen nicht barrierefrei ist. Oder bei der Mobilität, weil bestenfalls der Nahverkehr barrierefrei zugänglich ist. Der Fernverkehr aber nicht.

Es ist wenig verwunderlich, dass es nun im Nachgang mit den konkreten Empfehlungen, erhebliche Kritik gibt, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht kommentiert wird.

Ja, das Thema ist sehr komplex. Wenn ich in meinem Bekanntenkreis dieses Thema anspreche, dann haben die meisten das intensivmedizinisch zu betreuende Kind vor Augen, das einen 24/7-Unterstützung zum Überleben benötigt. Das ist aber quatsch. Wir reden auch nicht nur von Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Wir reden auch von gehörlosen, blinden oder lernbehinderten Menschen. Es gibt sehr viele Arten von Behinderungen und nur die wenigsten werden in die deutsche Gesellschaft integriert.

»So ein reiches Land tut so wenig!« Sagt Amalia Gamio Rios, Vizepräsidentin des UN Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. »Die Regierungsdelegation sagt nicht die Wahrheit und alle hier im Raum wissen das.«

Das Komitee lässt verlauten, dass behinderte Menschen in Deutschland Menschenrechtsverletzungen in ihrem Alltag erleben und dass die auch so benannt werden muss. Wie gerne schauen die deutschen Regierungen ins Ausland und Prangern dort Menschenrechtsverletzungen an. Und vergessen dabei, vor ihrer eigenen Haustüre zu kehren.

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