Die Reha 2022 – Teil 6: Das Therapieangebot

Nun zum Wichtig­sten, denn nur deshalb war ich ja in der Rehak­linik. Wenn ich Berichte ander­er Patien­ten im Netz lese, so bekomme ich manch­mal einen anderen Ein­druck, aber für mich stand selb­stver­ständlich die Frage im Raum, ob der Aufwand, eine solche Rehamaß­nahme zu organ­isieren, dadurch gerecht­fer­tigt war, dass sie meinen Kör­p­er voran­brachte und meinen Krankheitsver­lauf spür­bar ver­langsamen kon­nte.

Ich hat­te pro Tag zwis­chen vier und acht Ther­a­pi­en oder Behand­lun­gen (im Schnitt waren es immer min­destens sechs). Das Ther­a­piepro­gramm war auf mich und meinem Krankheits­bild abges­timmt. Allerd­ings brauchte es ein paar Tage, um her­auszuk­itzeln, welche Ther­a­pi­en für mich in Frage kamen. Und auch während der Ther­a­pi­en kon­nte ich immer wieder Änderungswün­sche äußern, wenn ich merk­te, dass mir eine Ther­a­pie gut­tat oder auch nicht so opti­mal war. Die Ärzte waren anschließend bemüht, die Änderungswün­sche umzuset­zen, auch wenn es nicht immer so ein­fach bzw. möglich war.

Der Behand­lungs­plan wurde also nicht nur geän­dert, weil sich organ­isatorisch etwas änderte (Ther­a­peut krank o.ä.), son­dern auch, weil meine Wün­sche berück­sichtigt wur­den. Allerd­ings alles in Maßen, denn wenn keine Phys­io­ther­a­peuten zur Ver­fü­gung standen, dann kann auch keine entsprechende Ther­a­pie durchge­führt wer­den.

Ich habe eine neu­ro­muskuläre Erkrankung (HMSN bzw. CMT), weshalb der Behand­lungs­plan auch darauf aus­gerichtet wurde. In meinem Fall kon­nte ich mich nicht bekla­gen, dass ich zu wenig Ther­a­pi­en oder Anwen­dun­gen erhal­ten habe. Bei anderen Patien­ten war dies anders und ich habe vere­inzelte Stim­men ver­nom­men, dass Ther­a­pi­en nicht im aus­re­ichen­den Maße durchge­führt wur­den.

Vielle­icht vor allem für Men­schen mit HMSN inter­es­sant, welche Behand­lun­gen bei mir durchge­führt wur­den.

Es wurde natür­lich die ganz klas­sis­che Physio- und Ergother­a­pie durchge­führt, wie sie auch von den niederge­lasse­nen Ther­a­peuten durchge­führt wer­den. Auch gibt es einen Kraftraum mit speziellen Geräten, die sich teils auch in “nor­malen” Fit­nessstu­dios find­en. Außer­dem gibt es ein kleines (rel­a­tiv warmes) Schwimm­beck­en, in dem Wasserther­a­pi­en durchge­führt wer­den. Sowohl für den Fit­ness­raum wie auch für das Schwimm­beck­en wer­den für die Patien­ten freie Zeit­en ein­gerichtet, in denen sie ohne Betreu­ung diese nutzen kön­nen. Vor allem am Woch­enende eine Option, um nicht nur rumzuhän­gen.

Auf der Web­seite der Klinik find­et sich ein Foto mit Rad­train­ern und einem schö­nen Blick auf Höx­ter. Dies ist der Blick in die andere Rich­tung.

Es gibt zudem einige spezielle Anwen­dun­gen:

Mikrow­elle
Hier­bei wird in dem Muskel Wärme erzeugt, was zur Entspan­nung von Muskel­bere­ichen führt. Vor allem im Bere­ich der Schul­ter und der Lenden­wirbel­säule hat dies sehr gut­ge­tan.

Ther­mother­a­pie
Eine Ther­a­pie für die Hände, bei der entwed­er mit Wärme oder Kälte (oder im Wech­sel) den Mis­sempfind­un­gen ent­ge­gengewirkt wird. Die Wärmether­a­pie wird hier­bei entwed­er mit flüs­sigem Wachs oder einem war­men Kies­bett durchge­führt. Die Käl­teth­er­a­pie mit einem kalten Kies­bett. Diese Ther­a­pie kann man übri­gens auch sehr gut zu Hause durch­führen.

Ultra­schall
Wirkt gegen Mis­sempfind­un­gen und Kribbeln. Die Ther­a­pie sieht sehr unschein­bar aus. Ein Gerät wird über die Haut geführt und es ist nichts zu spüren. Ein paar Stun­den nach der Behand­lung, ist die sen­sorische Störung allerd­ings spür­bar zurück­ge­gan­gen. Diese Ther­a­pie kann über­all am Kör­p­er ange­wandt wer­den.

Hochton­ther­a­pie
Es fühlt sich ein wenig wie eine TENS-Stim­u­la­tion an. Mit dieser Ther­a­pie wird sowohl den Mis­sempfind­un­gen als auch dem Kribbeln in den Glied­maßen ent­ge­gengewirkt. Sie kann sowohl an den Beinen wie auch an den Armen durchge­führt wer­den.

Appa­r­a­tive Entstau­ung
Wirkt Öde­men in den Beinen ent­ge­gen. Es wer­den Man­schet­ten über die Beine gelegt, die einen Druck ausüben, so dass qua­si physisch das Wass­er aus den Beinen gedrückt wird.

Lym­phdrainage
Hier­bei han­delt sich ganz klas­sisch um eine vom Phys­io­ther­a­peuten bzw. Phys­io­ther­a­peutin durchge­führte Lym­phdrainage.

Dehnungs­gruppe
Was der Name schon sagt. Unter Anleitung eines Phys­io­ther­a­peuten bzw. Phys­io­ther­a­peutin wer­den Dehnungsübun­gen bis hin zu Yoga-Fig­uren durchge­führt.

Cross-Train­er
Im Sitz-Cross-Train­er wer­den Beine und Arme gegen­läu­fig bewegt. Diese Bewe­gung wird ohne Motorun­ter­stützung durchge­führt. Wie der Name schon sagt, erfol­gt diese Übung im Sitzen.

Bal­ance Train­er
Ein Ste­htrain­er, in dem sich der Patient in alle vier Rich­tun­gen bewe­gen kann. Er muss also die Bal­ance hal­ten. Dieser Train­er forderte mich mehr als die robo­tis­che Gangther­a­pie, so dass ich mich hier eher unbe­merkt über­lastet habe, was bei ein­er HMSN ver­mieden wer­den sollte und was ich noch ein paar Tage später gemerkt habe. Hier habe ich mich lei­der zu sehr von der Phys­io­ther­a­peutin antreiben lassen.

Robo­tis­che Gangther­a­pie
Hier wurde ich in eine Mas­chine einge­hangen, die mich wieder hat gehen lassen. Ich kenne einige, die auf diese Ther­a­pie schwören und sie großar­tig find­en. Es ist in der Tat ein sehr inter­es­santes Gefühl, in ein­er solchen Mas­chine zu steck­en. Allerd­ings laufe ich Gefahr, mich darin zu über­las­ten. Ich fand es sehr erstaunlich, dass diese Ther­a­pie der­art den Patien­ten fordert. Natür­lich bringt auch bei mir diese Ther­a­pie etwas, aber nach Aus­sagen der Ther­a­peuten ist sie eher das Sah­ne­häubchen auf der Basis aller anderen Behand­lun­gen.

Bei mir wur­den in Summe 15 unter­schiedliche Ther­a­pi­en bzw. Behand­lun­gen durchge­führt. Ergänzt wur­den diese mit unter­schiedlichen Vorträ­gen und psy­chol­o­gis­chen bzw. seel­sorg­erischen Beratun­gen, je nach Bedarf ver­ste­ht sich. Auch eine Diät- und Ernährungs­ber­atung wurde ange­boten. Diesen ganzen Beratungsange­boten ist lei­der gemein, dass sie recht all­ge­mein gehal­ten sind und kaum oder gar nicht auf das Spezielle ein­er neu­ro­muskulären Erkrankung einge­hen.

Da ich beruf­stätig bin, ist die DRV der Kos­ten­träger, die lei­der von der Rehak­linik fordert, dass bes­timmte Vorträge zwangsweise gehal­ten wer­den. Diesen Vorträ­gen ist allen gemein gewe­sen, dass sie viel zu all­ge­mein und ober­fläch­lich gehal­ten wur­den. Teil­weise wurde hier Wis­sen aus der Sekun­darstufe I ver­mit­telt. Es gab hier und auch inter­es­sante Vorträge, deren The­matik bei Bedarf in Einzelge­sprächen aufgenom­men wer­den kon­nte.

Verbesserungsvorschlag: Vielle­icht ist es eine Option, diese Vorträge an das Pub­likum anzu­passen. D.h. Patien­ten aus der Neu­rolo­gie erhal­ten andere Vorträge als Patien­ten aus der Geri­atrie. Dann kön­nte man z.B. auf Beson­der­heit­en ein­er neu­ro­muskulären Erkrankung einge­hen.

Das Personal

Die Ther­a­pi­en wer­den alle jew­eils von unter­schiedlichen Ther­a­peuten durchge­führt, weshalb ich generelle Aus­sagen wie „Das Per­son­al war unfre­undlich“ nicht nachvol­lziehen kann. Niemals kann man immer alle Men­schen sym­pa­thisch find­en. Außer­dem dür­fen auch die Mitar­beit­er ein­er Rehak­linik mal einen schlecht­en Tag haben. Ins­ge­samt kann ich sagen, dass alle Mitar­beit­er aus allen Bere­ichen fre­undlich und hil­fs­bere­it waren. Jed­er einzelne hat mit den Möglichkeit­en, die ihm geboten wur­den, ver­sucht, das Beste draus zu machen. Ich kann aber z.B. den Mitar­beit­ern aus der Küche nicht den Vor­wurf machen, dass das Essen hier und da gren­zw­er­tig war.

Was meine ich mit „Möglichkeit­en“? Z.B. Krankheit­saus­fälle. Während meines Aufen­thalts war die Coro­na-Pan­demie noch präsent, so dass es auch deshalb zu Aus­fällen auf Seit­en der Mitar­beit­er kam. Und so ist es dem Per­sonal­man­gel geschuldet gewe­sen, dass mir nicht immer alle Behand­lun­gen ange­boten wer­den kon­nten.

Manche Ther­a­peuten haben zwar hin und wieder darüber geklagt, dass ger­ade wieder ein Chaos-Tag war, bei mir als Patient ist dies aber nur sel­ten neg­a­tiv angekom­men.

Dieser Beitrag ist Teil ein­er kleinen Rei­he zu mein­er Reha. Hier geht es zur Über­sicht.

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