Eine Datenrettungs-Software auf dem Prüfstand

Wenn in der Ver­gan­gen­heit Daten ver­lo­ren gegan­gen sind, weil z.B. eine Fest­plat­te sich ver­ab­schie­det hat, so sind wir recht gut damit gefah­ren, die­se Plat­te unter einem Linux zu moun­ten und von dort die Daten zu ret­ten. Wo Win­dows oft­mals kei­ne Daten mehr lesen konn­te, schaff­te es das Linux. Nun wur­de uns die Soft­ware EaseUS Data Reco­very Wizard zur Ver­fü­gung gestellt, mit der wir tes­ten dür­fen, wie gut eine Daten­ret­tung mit­tels Soft­ware funk­tio­niert.

Um die Soft­ware zu tes­ten, haben wir vier ver­schie­de­ne Sze­na­ri­en auf­ge­baut, die die Soft­ware meis­tern muss­te. Zuerst haben wir eine SD-Kar­te auf ver­lo­re­ne Daten getes­tet, anschlie­ßend eine exter­ne USB-Fest­plat­te, einen USB-Stick und schluss­end­lich eine unpar­ti­tio­nier­te SATA-Fest­plat­te.

Eine beschä­dig­te Fest­plat­te stand uns für die­sen Test lei­der nicht zur Ver­fü­gung, so dass wir kei­ne Aus­sa­ge dar­über tref­fen kön­nen, wie die Soft­ware mit Daten­trä­gern umgeht, in denen Sek­to­ren der Plat­te beschä­digt sind.

Erste Aufgabe: Eine SD-Karte

Zuerst eine simp­le Auf­ga­be. Eine 16 GB SD-Kar­te, die in diver­sen Digi­tal­ka­me­ras zum Ein­satz kam. Die­se Kar­te wur­de bei jedem Kame­ra­wech­sel von der Kame­ra for­ma­tiert. Für gewöhn­lich aller­dings im Schnell­durch­gang.

Wie schnell lan­det eine SD-Kar­te zu früh in einer ande­ren Kame­ra oder man merkt, dass doch nicht alle Fotos von hier her­un­ter­ge­la­den wur­den.

Der Scan der 16 GB Kar­te hat gut 30 Minu­ten gedau­ert und der Data Reco­very Wizard hat ins­ge­samt 677 Datei­en gefun­den. Dabei ist die Anzei­ge “Ver­blei­ben­de Zeit” etwas irri­tie­rend gewe­sen, denn sie sprang immer wie­der hoch. Der blaue Fort­schritts­bal­ken am unte­ren Bild­schirm­rand kann eher Auf­schluss über die geschät­ze ver­blei­ben­de Zeit lie­fern.

Abb. 1: Der blaue Bal­ken am unte­ren Bild­schirm­rand lässt eher als die Zeit­an­ga­be ver­mu­ten, wie lan­ge der Scan noch brau­chen wird.

Die gefun­de­nen Datei­en wer­den in den jewei­li­gen unter­schied­li­chen Ver­zeich­nis­sen ange­zeigt. Gleich­zei­tig wer­den die­se the­ma­tisch sor­tiert, so dass tem­per­ä­re Datei­en und die eigent­li­chen Bild­da­tei­en gut von­ein­an­der unter­schie­den wer­den kön­nen. So wird ersicht­lich, dass (wie erwar­tet) das For­ma­tie­ren einer SD-Kar­te mit­nich­ten alle Datei­en löscht, son­dern immer noch Frag­men­te von der ande­ren Kame­ra übrig­blei­ben.

Nun aber die span­nen­de Fra­ge. Wel­che Datei konn­te auch wie­der­her­ge­stellt und ver­wen­det wer­den?

Nun wählt man ein­fach die Datei­en aus, die man wie­der­her­stel­len möch­te. Wenn die Soft­ware Zwei­fel anmel­det und die Infor­ma­tio­nen nur unvoll­stän­dig gefun­den hat, so gibt sie eine War­nung aus.

Abb. 2: Trotz Warn­hin­weis konn­ten die Daten wie­der­her­ge­stellt wer­den.

Wenn man den­noch auf Wie­der­her­stel­len klickt, dann ver­sucht die Soft­ware so gut es geht, die Daten wie­der­her­zu­stel­len. In die­sem Fall konn­ten alle Fotos wie­der­her­ge­stellt wer­den. Bei meis­ten Fotos konn­ten die­se trotz War­nung voll­stän­dig und ver­lust­frei wie­der­her­ge­stellt wer­den.

Zusatz: Sicher gelöscht

Wir haben die noch vor­han­de­nen Daten über ein ande­res Zusatz­pro­gramm sicher gelöscht. Dies geschieht, in dem min­des­tens sie­ben Mal die Datei­en gelöscht und der Spei­cher­ort über­schrie­ben wird.
(In die­sem Zusam­men­hang der Hin­weis, dass es ein pas­sen­des Zusatz­fea­ture von dem Data Reco­very Wizard wäre, wenn eine sol­che Lösch­funk­ti­on inte­griert wäre. Lei­der kann damit nicht sicher gelöscht wer­den.)

Wir erwar­tet, konn­te die Soft­ware die­se Datei­en nach einem neu­er­li­chen Scan nicht mehr ent­de­cken, dafür aber die Frag­men­te vor­he­ri­ger Spei­che­run­gen.

Also wur­de die SD-Kar­te in einem nächs­ten Schritt sicher for­ma­tiert. Zwar erkann­te der Data Reco­very Wizard noch immer 117 Datei­en mit einer Gesamt­grö­ße von gut einem Mega­byte, konn­te aber kei­ne mehr davon wie­der­her­stel­len. Zudem han­del­te es sich aus­schließ­lich um tem­po­rär gespei­cher­te Datei­en.

So soll­te es natür­lich auch sein, dass sicher gelösch­te bzw. for­ma­tier­te Medi­en auch für eine Daten-Ret­tungs­soft­ware ein lee­res Blatt sind.

Zweite Aufgabe: Externe Festplatte

Im nächs­ten Test wird es etwas anspruchs­vol­ler. Wir haben eine älte­re exter­ne Tera­byte Fest­plat­te, die als Back­up genutzt wur­de auf ver­lo­re­ne Daten unter­sucht. Auch hier galt es, gelösch­te Daten wie­der­zu­fin­den, denn die Plat­te lagert nach einer Schnell­for­ma­tie­rung im Schrank.

Nun die ers­te Über­ra­schung, denn der Scan stopp­te, und die Plat­te konn­te nicht gele­sen wer­den. Auch das noch­ma­li­ge Anschlie­ßen half in die­sem Fall nicht wei­ter. Es kam der Hin­weis “Feh­ler beim Lesen der Wie­der­her­stel­lungs­fest­plat­te”. Auch das emp­foh­le­ne neu­er­li­che Anschlie­ßen brach­te kei­nen Erfolg und wir wur­den immer mit der glei­chen Feh­ler­mel­dung kon­fron­tiert. An die­ser Plat­te hat sich die Soft­ware die Zäh­ne aus­ge­bis­sen.

An dem Warn­fens­ter wird auch die etwas unge­wohn­te But­ton-Beschrif­tung deut­lich. Bei einem Klick auf “Noch­mal ver­su­chen” wur­de noch­mals ver­sucht auf die Plat­te zuzu­grei­fen. Der “Verbleiben”-Button hin­ge­gen bricht die Akti­on ab.

Dann wer­den zwar die gefun­de­nen Datei­en ange­zeigt, aber es konn­te kei­ne ein­zi­ge wie­der­her­ge­stellt wer­den.

Abb. 3: Die­se Fest­plat­te wur­de erst nach meh­re­ren Anläu­fen an unter­schied­li­chen USB-Anschlüs­sen kor­rekt erkannt.

Zweiter Versuch

Nach­dem die Plat­te an den USB‑3.0‑Anschlüssen nicht kor­rekt erkannt wur­de, haben wir einen neu­en Ver­such an einem USB 2.0 Anschluss gestar­tet. Und Über­ra­schung: plötz­lich funk­tio­nier­te der Scan. Es wur­den ins­ge­samt 22.593 Datei­en gefun­den, die nun größ­ten­teils wie­der­her­ge­stellt wer­den konn­ten. Prü­fen konn­ten wir das natür­lich nur stich­pro­ben­ar­tig.

Dritte Aufgabe: Der alte USB-Stick

Noch ein Klas­si­ker. Aus dem Wust an her­um­lie­gen­den USB-Sticks haben wir uns einen ein Giga­byte Stick gegrif­fen, der aus Zei­ten stammt, zu denen dies ein gro­ßer USB-Stick. Der Scan wur­de recht zügig durch­ge­führt und es konn­ten erstaun­li­che vie­le älte­re Datei­en ent­deckt und wie­der­her­ge­stellt wer­den.

Vierte Aufgabe: Die gelöschte Partition einer internen Festplatte

Als vier­te Auf­ga­be stand eine älte­re SATA-Plat­te zur Ver­fü­gung, die wir über einen USB-SATA-Adap­ter an einen USB-Anschluss ange­schlos­sen haben. Dies ist eine älte­re inter­ne Plat­te gewe­sen, auf der wir die Par­ti­ti­on gelöscht haben.

In der Daten­trä­ger­ver­wal­tung wird eine sol­che Plat­te fol­gen­der­ma­ßen ange­zeigt. Die Par­ti­ti­on ist nicht zuge­ord­net, wur­de aber vom Betriebs­sys­tem erkannt. Wenn man also aus Ver­se­hen mal die Par­ti­ti­on einer Fest­plat­te gelöscht hat und erst spä­ter fest­stellt, dass es die fal­sche Plat­te war, wür­de mit einem sol­chen Sze­na­rio kon­fron­tiert.

Abb. 4: Dar­stel­lung einer unpar­ti­tio­nier­ten Fest­plat­te in der Daten­trä­ger­ver­wal­tung von Win­dows 10
Abb. 5: Die­ser SATA-USB-Adap­ter leis­te­te wert­vol­le Diens­te, um eine inter­ne Plat­te an einem USB-Anschluss zu betrei­ben

Wer­bung

Eine unpar­ti­tio­nier­te Fest­plat­te wird im Scan-Fens­ter vom Data Reco­very Wizard oran­ge gekenn­zeich­net. Der Scan dau­er­te ver­gleichs­wei­se kurz. Denn eigent­lich soll­te auch hier der Scan über Nacht lau­fen, war aber schon nach einer guten Stun­de abge­schlos­sen.

Abb. 6: Anzei­ge der unpar­ti­tio­nier­ten Plat­te im Scan-Fens­ter von EaseUS Data Reco­very Wizard

Auf die­ser Fest­plat­te befand sich ein Win­dows-Betriebs­sys­tem, mit dem im Jah­re 2011 eine Daten­ret­tung durch­ge­führt wur­de. Damals war das Note­book einer Bekann­ten kaputt gegan­gen und wir hat­ten tat­säch­lich das Note­book mit einem Ubun­tu-Linux boo­ten kön­nen. Damit konn­ten wir auf die Daten zugrei­fen und haben die­se auf die­se Fest­plat­te über­spielt.

Es ist erstaun­lich, wel­che Daten wie­der­her­ge­stellt wer­den konn­ten. Die Soft­ware hat sogar Daten von 2008 gefun­den. Es han­del­te sich um eine älte­re MP3-Samm­lung, die sich schon längst auf einem ande­ren Daten­trä­ger befin­den. Aber auch vie­le Fotos und Doku­men­te konn­ten wie­der­her­ge­stellt wer­den.

Vor allem bei die­ser Fest­plat­te ist uns die Mög­lich­keit, die gefun­de­nen Doku­men­te the­ma­tisch anzei­gen zu las­sen, posi­tiv auf­ge­fal­len. So wer­den die Fotos nach den Kame­ra­her­stel­lern sor­tiert und die Doku­men­te nach deren For­mat. Die Musik- und Video­da­tei­en wur­den nach Künst­lern sor­tiert.

Dies ist eine recht sinn­vol­le Opti­on, wenn man nicht immer alles wie­der­her­stel­len möch­te, son­dern gezielt nach bestimm­ten Daten sucht, wie z.B. der ver­lo­re­nen Diplom­ar­beit oder das ver­lo­re­ne Foto­al­bum.

Abb. 7: Die gefun­de­nen Datei­en wer­den the­ma­tisch sor­tiert ange­zeigt

Fazit

Jeder, der sich ein wenig mit der Spei­che­rung von Daten beschäf­tigt, wird wis­sen, dass oft­mals nicht die Daten bzw. Spei­cher­or­te selbst, son­dern nur die Inhalts­ver­zeich­nis­se der Daten­trä­ger ver­än­dert wer­den. Des­halb wun­dert es nicht, dass bei Datei­en, die aus Ver­se­hen gelöscht wur­den, die Daten­ret­tungs­soft­ware sehr gut funk­tio­niert. Das glei­che gilt für die gelösch­te Par­ti­ti­on, wobei es doch erstaun­lich ist, wie vie­le Daten von einem so alten Daten­trä­ger noch geholt wer­den kön­nen.

Die Soft­ware EaseUS Data Reco­very Wizard hat sich in unse­rem klei­nen Test recht gut geschla­gen und hat nur ein­mal eine Schwä­che gezeigt. Aller­dings haben wir die Soft­ware nicht mit phy­si­ka­lisch defek­ten Spei­cher­me­di­en kon­fron­tie­ren kön­nen, was ver­mut­lich am schwie­rigs­ten für eine sol­che Daten­ret­tungs­soft­ware sein dürf­te.

Den­noch waren wir recht vom Leis­tungs­um­fang ange­tan. Allein die Mög­lich­keit, Fotos von einer Spei­cher­kar­te zu ret­ten, die aus Ver­se­hen in einer Kame­ra for­ma­tiert wur­de, kann Gold wert sein.

Die­se Soft­ware wur­de mir vom Her­stel­ler EaseUS für die­sen Test zur Ver­fü­gung gestellt. Der Her­stel­ler hat­te kei­ner­lei Ein­fluss auf die Art und Wei­se, wie die Soft­ware getes­tet wur­de, noch wie die­ser Arti­kel geschrie­ben wur­de.

Die Screnshots sind alle am eige­nen Rech­ner wäh­rend der Test­pha­se ent­stan­den.

Die Ver­wei­se zu Ama­zon sind mit soge­nann­ten Affi­lia­te-Links ver­se­hen. Das heißt, dass mit einem Kauf über einen die­ser Links, ich von Ama­zon eine klei­ne Pro­vi­si­on erhal­te. Auf den Preis hat das kei­ne Aus­wir­kung.

Wer­bung
Auf der Home­page des Her­stel­lers kann die Free­ware “EaseUS Data Reco­very Wizard Free” her­un­ter­ge­la­den wer­den. Mit die­ser Free­ware kön­nen Daten bis zu 500 MB ohne Ein­schrän­kung und bis zu 2 GB mit einer Ein­schrän­kung her­un­ter­ge­la­den wer­den. Die Ein­schrän­kung besteht dar­in, dass auf ein Tei­len-But­ton geklickt wer­den muss. Ob die Soft­ware dann auch wirk­lich in den sozia­len Netz­wer­ken bewor­ben wur­de, wird nicht wei­ter­ver­folgt.

Die Free­ware ist frei von Adware und ver­gleichs­wei­se sicher gegen­über Mani­pu­la­tio­nen, da sie aus­schließ­lich vom Ser­ver des Anbie­ters her­un­ter­ge­la­den wer­den kann.

Aktu­ell kos­tet die Pro-Ver­si­on ohne Grö­ßen­be­schrän­kung und lebens­lan­gen Updates 66,96 Euro (sonst 84,95 Euro).

 

3 Kommentare

  1. Btr.: Daten­ret­tungs-Soft­ware «EaseUS Data Reco­very Wizard»
    Sehr geehr­ter Herr Lang!
    Mit gros­sem Inter­es­se las ich Ihren aus­führ­li­chen Test­be­richt auf die­ser Sei­te und glau­be, dass Sie mir hel­fen könn­ten.
    Mein Pro­blem:
    – Ein kom­plet­ter Daten­ver­lust auf einer SSD namens PLATINUM mit einer Kapa­zi­tät von 500 GB.
    – Er trat auf nach Zie­hen des Mini‑B USB-Ste­ckers an der SSD; das ande­re Ende des Kabels steck­te in einer USB‑A Buch­se am Desk­top-PC.
    – Mein Feh­ler dabei war wohl, den Mini‑B Ste­cker bei lau­fen­dem PC mit leich­ten Bewe­gun­gen zu zie­hen!?
    – Sofor­ti­ges Prü­fen der SSD mit Bord­mit­teln des OS Ubun­tu 18.04 LTS ergab, die SSD wird erkannt mit allen ihren tech­ni­schen Daten jedoch, ohne einen Ord­ner oder ein­zel­ne Datei­en (jpg, pdf, odt, …) anzu­zei­gen.
    – Ein zudem durch­ge­führ­ter Schreib- und Lese­test mit zwei neu abge­spei­cher­ten Datei­en (jpg/odt) klapp­te sogar noch ein­wand­frei.
    Mei­ne Fra­ge:
    Wür­de die von Ihnen getes­te­te EaseUS-Soft­ware die evtl. noch vor­han­de­nen Daten auf mei­ner irgend­wie gelösch­ten SSD wie­der­fin­den und ret­ten hel­fen?
    Freund­lich grü­ßend
    Wolf­gang Leh­mann
    (Tele­fon: – vom Admin ent­fernt))

    1. Hal­lo Herr Leh­mann,
      prin­zi­pi­ell soll­te die Soft­ware einen Groß­teil der Daten erken­nen. Es klingt näm­lich danach, als wäre nur das Inhalts­ver­zeich­nis der Plat­te gelöscht wor­den. Aller­dings ist das Schrei­ben auf die­se Plat­te fatal, denn es reicht das ein­ma­li­ge Beschrei­ben der Plat­te, um vor­han­de­ne Daten zu löschen.
      Es gibt auf der Home­page eine kos­ten­freie Ver­si­on, mit der Sie tes­ten kön­nen, was noch gefun­den wer­den kann.
      Viel Erfolg und vie­le Grü­ße
      Frank

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert