Hindernisse des Alltags – Teil 1: Auf der Straße

Wer sich im Roll­stuhl durch eine Stadt bewegt, wird zwangsläu­fig vor dem ein oder anderen Hin­der­nis ste­hen. Ich weiß, dass viele Aktivis­ten fordern, alles bar­ri­ere­frei umzubauen, damit jed­er Winkel ein­er Stadt auch für Roll­stuhlfahrer zugänglich ist. Das finde ich per­sön­lich etwas extrem und zeige das am Beispiel von Köln. Viele Hin­dernisse des All­t­ags sind allerd­ings ver­mei­d­bar, wenn die Men­schen nur daran denken wür­den, dass es Men­schen mit den unter­schiedlich­sten Behin­derun­gen gibt, die ganz unter­schiedliche Bedürfnisse haben.

Die E‑Roller sind ein sehr schönes Beispiel. Warum stellen Nutzer die E‑Roller immer mit­ten auf dem Weg oder gar quer auf den Bürg­er­steig ab? Quer auf dem Bürg­er­steig abgestellte E‑Roller versper­ren ja nicht nur Roll­stuhlfahrern den Weg, son­dern Men­schen, die einen Rol­la­tor nutzen oder Fam­i­lien, die mit Kinder­wa­gen und Bug­gy unter­wegs sind. Möcht­en die Nutzer die Akzep­tanz bei der Bevölkerung der­art senken, dass die Städte sich genötigt sehen, die Nutzung der Roller zu ver­bi­eten?

Wer nun denkt, dass Rol­lergeg­n­er die Roller extra quer hin­stellen, um genau das zu erre­ichen, dem sei gesagt, dass ich es schon oft gese­hen habe, wie Nutzer den Roller qua­si ein­fach mit­ten auf dem Weg ste­hen lassen. Lei­der sind sie meist zu schnell entwischt, als dass ich sie hätte darauf ansprechen kön­nen. Wie sehr Roller Ärg­ernisse in der Stadt darstellen, zeigt sich allein schon daran, dass die Stadt Köln Zonen aus­gewiesen hat, in denen Roller nicht abgestellt wer­den dür­fen, u.a. weil etliche Roller im Rhein versenkt wur­den.

Hier zwei Beispiele. Das erste auf dem linken Foto ist offen­sichtlich. Die Baustel­len­schilder wer­den so aufgestellt, dass die Durch­fahrt­bre­ite ver­ringert wird. Auch wenn der Roll­stuhlfahrer so ger­ade eben durch­passt, zerkratzt er sich gern mal den Greifreifen.

Auf dem recht­en Foto sieht man sehr schön den abge­senk­ten Bor­d­stein. Klar, das Auto darf nicht so tief in die Kreuzung hinein parken, aber auch die bei­den Pöller sind ein Prob­lem. Eigentlich soll­ten sie ver­hin­dern, dass dort Autos parken. Stattdessen wer­den dort aber gerne E‑Roller (die großen) und oft­mals auch Fahrräder abgestellt. Hier denken die Nutzer ganz sich­er nicht daran, dass dann der Bürg­er­steig für viele Mit­men­schen ges­per­rt wurde.

Ver­mut­lich kön­nte ich jet­zt noch ellen­lang weit­er darüber bericht­en, wie die E‑Roller ein Hin­der­nis ist der Stadt für Jed­er­mann darstellen, aber ich glaub die grund­sät­zliche Botschaft ist rübergekom­men. Es gibt aber noch andere Eck­en, wo nicht an Men­schen mit Ein­schränkun­gen gedacht wird. Wie z.B. beim Ein­richt­en ein­er Baustelle. Da gibt es sehr viel Verbesserungspo­ten­tial. Erst kür­zlich habe ich gese­hen, dass eine Baustelle so ein­gerichtet wurde, dass Auto die Baustelle gut passieren kon­nte. Alle anderen Verkehrsteil­nehmer wur­den aus­ges­per­rt. Erst als Fußgänger quer über die Baustelle gegan­gen sind und Fahrrad­fahrer sich irgend­wie durchgewuselt haben, ist den Ver­ant­wortlichen aufge­fall­en, dass es ja noch mehr Verkehrsteil­nehmer außer den Aut­o­fahrern gibt. Es brauchte viele Anläufe bis die Baustelle so ein­gerichtet war, dass jed­er sie gefahr­los passieren kon­nte.

Aber auch ganz sim­ple Zusatzschilder kön­nen ein Prob­lem darstellen, denn es wird nicht immer darauf geachtet, dass die Durch­fahrts­bre­ite auf dem Bürg­er­steig einge­hal­ten wird. Nicht sel­ten sieht man deshalb auf den kleinen Straßen und Seit­en­gassen Roll­stuhlfahrer auf der Straße. Ja, die meis­ten Roll­stuhlfahrer machen das nicht frei­willig und es wäre schön, wenn Aut­o­fahrer sie nicht gle­ich anhu­pen.

Dies ist ein sehr typ­is­ches Bild. Auf dem linken Foto sieht man recht gut, dass der Lat­er­nenpfahl rel­a­tiv weit auf dem Bor­d­stein ste­ht. Wenn nun ein Fahrrad daran abgeschlossen wird, wer­den alle Rollstuhl‑, Rol­la­tor und Kinder­wa­gen­fahrer auf die Straße gezwun­gen. An dieser Stelle ein sehr häu­fig zu sehen­des Bild.

Auf dem Foto der recht­en Seite sieht man einen Zus­tand eines Weges, den Roll­stuhlfahrer mei­den müssen. Ich denke, dass jed­er solche Eck­en in der Stadt ken­nt, bei denen einem nichts anderes übrig bleibt, als sie zu umfahren. Nur blöd, wenn solche Wege alter­na­tiv­los sind. Das Prob­lem? Die kleinen Lenkräder des Roll­stuhl bleiben in den Ritzen und Löch­ern steck­en und der Roll­stuhlfahrer fällt aus dem Roll­stuhl.

Links ein sehr beschei­den­er Auf­stieg auf den Bürg­er­steig. Das Prob­lem: Der Roll­stuhlfahrer hebt seine bei­den Vorder­räder an, um die Kante hochzukom­men. Tre­f­fen die großen Räder auf das Hin­der­nis, senken sich die kleinen Vorder­räder ab und hän­gen dann in der Rille fest.

Auf der recht­en Seite sieht eigentlich alles gut aus. Kom­plett wer­den die Bor­d­steine neuerd­ings nicht abge­senkt, damit sehbe­hin­derte Men­schen erken­nen, wann die Straße anfängt. Dies Absenkung des Bor­d­steins ist aber deut­lich zu hoch aus­ge­fall­en. Es sind nur ein paar Zen­time­ter, die diese Absenkung höher aus­fällt, aber es reicht, um den Roll­stuhlfahrer vor ein Prob­lem zu stellen. Der ungeübte Fahrer muss hier auf eine viel­be­fahrene Straße auswe­ichen, auf der der Fahrrad­weg aufge­malt ist. Kein gutes Gefühl, wer dort lang­fahren muss.

Es sollte Stan­dard wer­den, dass Neubaut­en und neu angelegte Straßen bar­ri­ere­frei aus­ge­führt wer­den. Ein sehr schönes Neg­a­tivbeispiel ist der Rhein­auhafen in Köln. Dort wurde ein Luxusvier­tel an einen aktiv­en Hafen errichtet. Die drei großen Kran­häuser gehören sei­ther zum Stadt­bild von Köln. Natür­lich dauerte es nicht lange, bis die ersten Beschw­er­den kamen, nach­dem die neuge­baut­en Häuser bezo­gen wur­den. Die Häuser wer­den näm­lich auf der einen Seite von der viel­be­fahren­sten Wasser­straße Deutsch­lands und auf der anderen Seite von der viel­be­fahren­sten Autostraße Kölns besäumt. 

Aber auch die ver­baut­en Kopf­steinpflaster gaben Anlass zur Kri­tik. Die Architek­ten woll­ten näm­lich Skater aus dem Vier­tel raushal­ten, weshalb Beton­plat­ten mit unschö­nen Rillen und Kopf­steinpflaster ver­baut wurde. Dass dies dann neben den Skatern noch viele anderen Men­schen fern­hält, würde nicht bedacht. Grund­sät­zlich ist der gesamte Rhein­auhafen nicht nur mit sehr vie­len Bar­ri­eren gebaut wor­den, son­dern auch sehr fam­i­lien­feindlich. Als kleines i‑Tüpfelchen wurde auch die Infra­struk­tur vergessen.

Zum Schluss zwei Beispiele aus dem unrühm­lichen Rhein­auhafen. Links ist sehr gut zu erken­nen, wie neben dem nor­malen Kopf­steinpflaster auf welch­es einge­baut wurde, das oben abge­flacht ist. Das fährt sich jet­zt auch nicht opti­mal, aber schon bess­er als das nor­male.

Rechts ist eine Kreuzung zu sehen, die sehr schw­er zu passieren ist. Die abge­flacht­en Steine hören näm­lich zu früh auf. Das nor­male Kopf­steinpflaster geht bis zur Straße und der Weg ist zusät­zlich nicht voll­ständig abge­senk­te. Die Bor­d­steinkante ist sehr hoch und kaum zu passieren. Wer kann, nimmt einen anderen Über­weg.

Ein Hin­weis zum Schluss: Köln ist grund­sät­zlich eine bar­ri­ere­freie Stadt. An viele Orte kom­men eingeschränk­te Men­schen gut hin. Es gibt natür­lich noch einige Eck­en, die verbessert wer­den kön­nen, aber oft­mals kann man gut auswe­ichen und Alter­na­tiv­en nutzen. Die hier gezeigten Beispiele sollen deut­lich machen, dass viele Bar­ri­eren ver­mei­d­bar sind, wenn die Bevölkerung im Hin­terkopf hat, dass es auch andere Men­schen gibt.

Es heißt, wer mit ein­er chro­nis­chen sel­te­nen neu­ro­muskulären Erkrankung lebt, muss für diese selb­st zum Experten wer­den. Es gibt aber auch viele Über­schnei­dun­gen zu anderen Erkrankun­gen, weshalb ich alle Beiträge, die im Zusam­men­hang mit mein­er Erkrankung ent­standen, auf ein­er eige­nen Seite zusam­mengestellt habe. Dort beschreibe ich nicht nur den Weg zur Diag­nose und wie sich die CMT äußert, son­dern auch, wie ein Schwer­be­hin­der­tenantrag beantragt wird, welche Stolper­steine der All­t­ag und die Beruf­swelt für behin­derte Men­schen bere­i­thält und ich gehe das ganz große The­ma Hil­f­s­mit­tel an. Wie finde ich das passende Hil­f­s­mit­tel und wie beantrage ich es?

Zu mein­er Über­sicht.

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