Die Geschichte des Lieds der Deutschen

Es existiert in Deutschland kein Gesetz, welches festschreibt, dass das Deutschlandlied die Nationalhymne von Deutschland ist. Dennoch wird die dritte Strophe des Lieds bei offiziellen Anlässen gesungen. Diesen Artikel habe ich vor geraumer Zeit verfasst, aber an dessen Umständen hat sich weiter nichts geändert. Im Artikel 22 des Grundgesetztes wird festgelegt, dass Berlin die Hauptstadt und die Bundesflagge schwarz-rot-golden ist, aber nirgends wird definiert, was die Nationalhymne von Deutschland ist.

Über den Dichter des Deutschlandlieds

Der Text des Deutschlandlieds wurde auf dem damals noch zu England gehörendem Helgoland von dem Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) im Jahre 1841 geschrieben.

H. v. Fallersleben wurde am 02.04.1798 in Fallersleben bei Braunschweig geboren und war seit 1830 Professor für deutsche Sprache und Literatur in Breslau. Der Germanist und Lyriker schrieb zur gleichen Zeit, zu der er das Deutschlandlied schrieb, auch seine “Unpolitischen Lieder“. Allerdings waren diese Lieder nicht unpolitisch, sondern Fallersleben nahm darin klar Stellung für eine Demokratie, was zur damaligen monarchischen Zeit undenkbar war, sodass er nach der Veröffentlichung der Lieder nicht nur seines Amts enthoben, sondern auch des Landes verwiesen wurde.

Es folgten mehrere Jahre der politischen Verfolgung, in denen Fallersleben in den einzelnen deutschen monarchischen Teilstaaten wegen seiner demokratischen Einstellung regelmäßig verhört und wieder ausgewiesen wurde. Erst im Jahre 1848 wurde Fallersleben rehabilitiert und wurde Bibliothekar des Herzogs von Ratibor in Corvey.

Neben dem Deutschlandlied schrieb Fallersleben mehrere berühmte Kinderlieder, die bis heute einen hohen Bekanntheitsgrad haben (u.a. “Alle Vögel sind schon da” und “Morgen kommt der Weihnachtsmann”).

Er verstarb im Jahre 1874 auf Schloss Corvey.

Über die Zeitumstände

Sehr viele Menschen in Deutschland missverstehen den Text des Dichters, was vor allen Dingen aus dem nationalsozialistischen Missbrauch des Lieds herrührt. H. v. Fallersleben selbst hat das Lied aber als ein “Liebeslied” an seine Heimat verstanden, ohne einen diktatorischen Hintergedanken zu haben. Im Gegenteil, er wollte erreichen, dass sich die 38 Staaten des damaligen Deutschen Bunds politisch vereinigen.

Seit dem Jahre 1815 waren die Staaten in einem lockeren Bund, welcher sich durch eine schwache Bundeszentralgewalt auszeichnete. Als Folge dieses Staatenbundes kam es zu keiner nationalen Einheit Deutschlands, da jeder einzelne Staat seine Souveränität und territorialen Besitztümer nicht aufgeben wollte. Ebenfalls konnte dadurch der Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte und eine Mitbestimmung in einer gesamtdeutschen Verfassung nicht gewährleistet werden.

Das Nichtvorhandensein einer nationalen Einheit wurde zusätzlich verstärkt, weil weder ein gemeinsames Oberhaupt noch eine gemeinsame Wirtschafts- oder Zolleinheit existierte. Auch die Armeen der einzelnen Staaten wurden nicht zentral verwaltet. Diesem Zustand wollte H. v. Fallersleben ein einiges Deutschland entgegensetzen, was auf einer verfassungsmäßigen Grundlage basiert. Der nationalliberalen Bewegung Anhängige antworte seinerzeit auf die Frage, was denn des Deutschen Vaterland sei, mit den Worten:

“Kein Österreich, kein Preußen mehr,
ein einzig Deutschland hoch und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher …”

Die Missinterpretation des Inhalts

Die erste Zeile des Lieds “Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt” ist die wohl am meisten missinterpretierteste Zeile des gesamten Lieds. H. v. Fallersleben dachte bei diesen Zeilen nicht an eine Übermacht von Deutschland und auch nicht an eine deutsche Weltherrschaft, sondern sein Anliegen lag in der Einigung der damaligen deutschen Einzelstaaten.

Wenn es stets zu Schutz und Trutze brüderlich zusammenhält!
Deutschland hatte mehrere Jahrzehnte gar Jahrhunderte der kriegerischen politischen Auseinandersetzung hinter sich, die das damalige gesamte Land geprägt hatten. H. v. Fallersleben wollte mit diesen Zeilen sagen, dass diese Zeit der “Bruderkriege” nun vorbei sein solle. Mit einer Einigung wäre der innerpolitische und außenpolitische Schutz Deutschlands um ein vielfaches erhöht.

Auch die nächsten Zeilen deuteten keine Erweiterung der Staatsgrenzen an, sondern dienten als Umschreibung der Grenzen des Deutschen Bundes in die vier Himmelsrichtungen. “Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“. Diese Zeilen genügten, um eine nationalsozialistische und aggressiv expansive Politik in den folgenden 100 Jahren voranzutreiben. Die damalig bestehenden Grenzen des Deutschen Bundes zu den Gliedstaaten Dänemark, Österreich, Frankreich und den Niederlanden respektierte der Dichter vollkommen.

Über die weitere Geschichte des Deutschlandlieds

Im Jahre 1871 wurde Deutschland zu einer nationalen Einheit zusammengeschlossen. Allerdings beschlossen der deutsche Kaiser Wilhelm I. und der Reichskanzler Bismarck, dass nicht das Deutschlandlied zur Nationalhymne sondern die Herrscherhymne “Heil dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands!” erklärt wurde.

Das Deutschlandlied hingegen wurde erst im Jahre 1890 wieder offiziell angestimmt. Anlass war der Tausch von Sansibar mit Helgoland, welches ab diesem Zeitpunkt wieder zum Deutschen Reich gehörte.

Das Lied wurde bei weiteren Anlässen zwar angestimmt, aber das waren nicht solche, welche im Sinne des Autors waren. So sangen z.B. nationalistische Studenten das Lied am 11.11.1914, als sie zu Beginn des ersten Weltkriegs in der Schlacht von Langemark zu tausenden im gegnerischen Maschinengewehrfeuer starben. Das Lied wurde schnell zur militärischen Opferhymne.

Später, am 11.08.1922, erklärte Reichspräsident Ebert das Lied offiziell zur Nationalhymne der Weimarer Republik. Dies geschah im Sinne des Dichters, da sie für ein einiges Band um die deutsche Nation in schwierigen Zeiten stehen sollte. (Dieses Datum gilt heutzutage als Geburtsdatum der deutschen Nationalhymne.)

Zuvor hatte jedoch Hitler in seinem Buch “Mein Kampf” schon seine Interpretation des Lieds vorgestellt, welche dann im folgenden dritten Reich voll zum Ausdruck kam. In dieser Zeit stand das Deutschlandlied ganz im Zeichen verbrecherischer Expansion, wobei hier vor allen Dingen Wert auf die erste Strophe des Lieds gelegt wurde, während die anderen beiden Strophen – insbesondere die dritte – mit ihrem demokratischen Gedankengut ignoriert wurden.

Der Weg in die Demokratie

Relativ schnell nach Beendigung des zweiten Weltkriegs entfachte eine Debatte über eine Nationalhymne. Schon am 29.09.1949 wurde ein Antrag im Bundestag gestellt, das Deutschlandlied zur Nationalhymne von Deutschland zu erheben. Anstelle eines Beschlusses wurde aber eine hitzige Diskussion quer durch die Parteien entfacht. Die Vorsitzenden der CDU und der SPD (Adenauer und Schumacher) sprachen sich zwar für das Deutschlandlied aus, aber der liberale Bundespräsident hatte diesbezüglich seine Bedenken und gab die “Hymne an Deutschland” in Auftrag. Diese setzte sich jedoch nicht durch, sodass es dann doch im Jahre 1952 dazu kam, dass sich Adenauer und Heuss in einem Briefwechsel darauf einigten, das Lied zur Nationalhymne zu bestimmen, wobei lediglich die dritte Strophe bei offiziellen Anlässen angestimmt werden sollte. Seit diesem Zeitpunkt wird die dritte Strophe offiziell als Nationalhymne gesungen.

Diese Entscheidung wurde nach der Wiedervereinigung Deutschlands durch den damaligen Bundespräsidenten Weizsäcker und den Bundeskanzler Kohl im Jahre 1991 bestätigt.

Es wurde jedoch nie ein Gesetz erlassen, in dem diese Entscheidung festgeschrieben wurde.

Im Jahre 1797 komponierte Joseph Haydn (1732-1809) die Musik zu diesem Lied, welche Thema des 2. Satzes op. 76, Nummer 3, G Dur des “Kaiserquartetts” ist. Sie wurde auch für die österreichische Kaiserhymne verwendet.

Die drei Strophen des Deutschlandlieds

Deutschland, Deutschland über alles,
über alles in der Welt,
wenn es stets zu Schutz und Trutze
brüderlich zusammenhält!
Von der Maas bis an die Memel,
von der Etsch bis an den Belt,
Deutschland, Deutschland über alles,
über alles in der Welt!

Deutsche Frauen, deutsche Treue,
deutscher Wein und deutscher Sang
sollen in der Welt behalten
ihren schönen alten Klang,
uns zu edler Tat begeistern
unser ganzes Leben lang,
deutsche Frauen, deutsche Treue,
deutscher Wein und deutscher Sang!

Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand,
blüh im Glanze dieses Glückes,
blühe, deutsches Vaterland.

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