Nur mal kurz zur Sprache #3: Ableismus

Zum Begriff Ableis­mus gibt es mit­tler­weile viele Erk­lär­vari­anten. Hier kommt eine weit­ere. Zuerst zum Ursprung dieses Worts. Dieser stammt aus dem Englis­chen und wurde nur halb ins Deutsche über­set­zt. Das englis­che Wort „ableism“ set­zt sich zusam­men aus „to be able to“ und der Endung ‑ism. Über­set­zt wurde also nur die zweite Silbe. Dadurch wird das Wort auch englisch aus­ge­sprochen: Äi-be-lis-mus (also so, wie man “able” ausspricht und ein­fach ein ‑ismus dran­hängt).

Genau genom­men stammt Ableis­mus aus den USA und wurde dort vom Dis­abil­i­ty Rights Move­ment geprägt. Dies ist eine Bewe­gung von Men­schen mit Behin­derung, die sich in der Gesellschaft für sich selb­st stark­machen. Das Ziel ist auch hier die Gle­ich­stel­lung aller Men­schen in der Gesellschaft. Und auch wenn wieder ein neudeutsches oder ver­denglicht­es Wort Einzug in die deutsche Sprache erhal­ten hat, so ist das Ziel, dass dieser Begriff bekan­nter gemacht wird.

In einem sehr ein­fachen Ver­such wird das Wort als Behin­derten­feindlichkeit über­set­zt, aber dem ist nicht so. Denn eine Feindlichkeit set­zt eine aktive Rolle der Per­son voraus. Der Ableis­mus geht aber sehr viel weit­er und umfasst auch gedanken­lose oder gut gemeinte Aktio­nen. Grund­sät­zlich geht es darum, dass Men­schen auf ihre Behin­derung reduziert wer­den.

In der Sprache find­en sich zahlre­iche Beispiele, wie z.B. der Aus­druck, dass Men­schen an ihrer Behin­derung lei­den. Aber auch insti­tu­tionell find­en sich zahlre­iche Beispiele, wenn z.B. Eltern darum kämpfen müssen, dass ihr Kind auf eine Regelschule gehen darf. Struk­turell find­en sich Beispiele an Orten, die nur über Trep­pen zu erre­ichen sind oder wo Blind­en­leit­sys­teme fehlen.

Aber auch im per­sön­lichen Umfeld gibt es Ableis­mus, wenn entwed­er das Leben eines behin­derten Men­schen abgew­ertet wird („sowas kön­nt ich ja nicht“) oder über­mäßig her­vorge­hoben wird („toll, dass du dieses oder jenes machst“). Let­zteres gilt auch für Eltern, Fre­unde und Bekan­nte, wenn diese dafür gelobt wer­den, dass sie sich mit einem Behin­derten „abgeben“. (Siehe auch den Beitrag über „Inspi­ra­tion Porn“).

Wie so oft im Leben wer­den Men­schen aus­ge­gren­zt, wenn über sie aber nicht mit ihnen gesprochen wird. Das ist bei den Men­schen sehr oft der Fall, die in Begleitung unter­wegs sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Eltern­teil han­delt, die Pflegekraft oder der Fre­und oder die Fre­undin. Oft­mals wird die Begleitung ange­sprochen, aber nicht die behin­derte Per­son. Dieser Ableis­mus wird noch dadurch ver­stärkt, wenn ein Men­sch sich nur schw­er oder über Umwege äußern kann.

Viele Äußerun­gen sug­gerieren, als hät­ten behin­derte Men­schen eine Wahl. Als kön­nten sie ein­fach aus ihrem Roll­stuhl auf­ste­hen oder sich ein­fach nur eine Brille auf­set­zen. Oft­mals verken­nt die Außen­welt, dass behin­derte Men­schen Gefüh­le und Bedürfnisse haben. Es ist nicht alles gut, nur weil ein Ort bar­ri­ere­frei ist. Die Behin­derung bleibt auch an diesen Orten. Bar­ri­ere­frei­heit bedeutet nicht, dass Betrof­fene ihre chro­nis­che Erkrankung feiern.

Ganz oft wird von Betrof­fe­nen berichtet, dass sie Humor ein­set­zen, um dem Gegenüber Vorurteile zu nehmen. Sie müssen sich hin­ter Sarkas­mus und Ironie ver­steck­en. Damit wird ver­schleiert, dass der Gegenüber schon längst den Behin­derten in eine Schublade gesteckt hat. Es wird von kör­per­lichen Behin­derun­gen direkt auf die Psy­che und den Intellekt geschlossen. Als kön­nte man an der Behin­derung fest­machen, was die Per­son kann oder wie sie sich fühlt.

In unser­er Gesellschaft wird jed­er Behin­derte mehr oder weniger oft mit Ableis­mus kon­fron­tiert. Und sei es, dass etwas nett gemeint, aber schlecht gemacht ist. Und sei es eine sim­ple Gedanken­losigkeit, bei der sich die Men­schen nichts weit­er denken.

Es heißt, wer mit ein­er chro­nis­chen sel­te­nen neu­ro­muskulären Erkrankung lebt, muss für diese selb­st zum Experten wer­den. Es gibt aber auch viele Über­schnei­dun­gen zu anderen Erkrankun­gen, weshalb ich alle Beiträge, die im Zusam­men­hang mit mein­er Erkrankung ent­standen, auf ein­er eige­nen Seite zusam­mengestellt habe. Dort beschreibe ich nicht nur den Weg zur Diag­nose und wie sich die CMT äußert, son­dern auch, wie ein Schwer­be­hin­der­tenantrag beantragt wird, welche Stolper­steine der All­t­ag und die Beruf­swelt für behin­derte Men­schen bere­i­thält und ich gehe das ganz große The­ma Hil­f­s­mit­tel an. Wie finde ich das passende Hil­f­s­mit­tel und wie beantrage ich es?

Zu mein­er Über­sicht.

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