Vorspannräder: Eine Übersicht

Das fün­fte Rad am Wagen kann der Roll­stuhlfahrer wörtlich nehmen, wenn es um Vorspan­nräder geht. Ein Roll­stuhl hat meist zwei große Antrieb­sräder und zwei kleinere Lenkrollen. Auf eben­er Fläche ist der Roll­stuhl dadurch schlank und wendig. Wer allerd­ings abseits befes­tigter Straßen unter­wegs sein möchte, wird schnell fest­stellen, dass die kleinen Räder sehr hin­der­lich sein kön­nen, denn schon kleinere Steine, Äste oder Wurzeln lassen die Räder block­ieren.

Ein fün­ftes großes Rad sorgt da für Abhil­fe. Dieses wird an den eige­nen Roll­stuhl so angekop­pelt, dass die kleinen Räder ange­hoben wer­den und man qua­si in einem Dreirad sitzt. Es gibt mit­tler­weile sehr viele Her­steller, die ein solch­es Rad anbi­eten. Nur ist es sehr schw­er zu entschei­den, welch­es Vorspan­nrad das passende für den eige­nen per­sön­lichen Bedarf ist. Deshalb hier eine kleine Über­sicht mit den Vorspan­nrädern, die ich ent­deckt habe. Das Vorspan­nrad wird gern auch als Vorspannhil­fe oder Vor­satzrad beze­ich­net.

Test

Allen Anbi­etern ist gemein, dass die Vorspan­nräder nicht getestet wer­den kön­nen. Ein wenig nachvol­lziehbar ist dies schon, da diese immer indi­vidu­ell an den Roll­stuhl angepasst wer­den müssen. Eventuell hat man Glück und das San­ität­shaus des Ver­trauens hat ein solch­es Rad an einem Roll­stuhl als Vor­führg­erät in der Ausstel­lung, aber dies ist mein­er beschei­de­nen Erfahrung nach sehr sel­ten.

Es bleibt dem Inter­essen­ten also nichts anderes übrig, als sich im Netz über die ver­schiede­nen Mod­elle zu informieren und anhand von Erfahrungs­bericht­en, sich für ein Rad zu entschei­den.

Kostenübernahme

Ich habe es zwar hier und da mal gele­sen, dass ein Vorspan­nrad von der Krankenkasse über­nom­men wurde, die Regel ist dies jedoch nicht. Man braucht schon einen guten Grund, damit dies über­nom­men wird, wie z.B. ein unwegsamer Weg zur Arbeit oder eige­nen Woh­nung. Auch scheint manche Kasse die Kosten zu übernehmen, wenn man nach­weisen kann, dass die Benutzung eines Vorspan­nrads der Gesund­heit zuträglich ist, in dem z.B. Spastiken dauer­haft reduziert wer­den.

Für gewöhn­lich wer­den die Kosten nicht über­nom­men, was unab­hängig von der Krankenkasse ist. Es ist vielle­icht nicht so unmöglich wie bei einem Hand­bike, aber immer noch schwierig durchzukriegen.

Hinweis

Diese Recherche wurde nach bestem Wis­sen und Gewis­sen durchge­führt. Es ist aber den­noch nicht auszuschließen, dass sich irgend­wo ein Fehler eingeschlichen hat. Wer einen ent­deckt, der kann sich sehr gerne melden, dann werde ich den Text entsprechend ändern.

Ich habe bei den Her­stellern keine Presse-Fotos ent­deckt, weshalb ich Hand­skizzen erstellt habe, die eine Idee von den Rädern ver­mit­teln. Nähere Infor­ma­tio­nen find­et der Inter­essent auf den jew­eili­gen Web­sites, deren Links ich i.d.R. abgegeben habe. Diese Links sind alle rein infor­ma­tiv und keine Wer­be­links.

Es hil­ft immer, einen Blick in die Bedi­enungsan­leitun­gen zu wer­fen. Für das Trike find­et sich z.B. dieser Pas­sus:

Fahren Sie nur langsam an Hin­dernisse her­an und über­winden Sie diese vor­sichtig, so dass nur wenig Kraft auf Trike, Antrieb­srad und den Roll­stuhl im Gesamten ein­wirkt.
(Seite 5 der Bedi­enungsan­leitung)

Wer also den Wald­weg bergab zu ras­ant fährt und dabei das Ges­pann zu Bruch geht, übern­immt der Her­steller kein­er­lei Ver­ant­wor­tung. Die Fahrt am Strand fällt lei­der eben­falls flach, denn auf Seite 6 der Bedi­enungsan­leitung ste­ht, als Warn­hin­weis für das Ges­pann: „nicht Meer-/See­wass­er und Sand aus­set­zen, da die Lagerun­gen beschädigt wer­den kön­nen“.

So oder so ähn­lich find­en sich Hin­weise bei allen Her­stellern.

Das Trike der Firma Berollka

Der schwäbis­che Her­steller Berol­l­ka hat das Trike in seinem Pro­gramm. Es ist also ein Pro­dukt aus Deutsch­land, wer darauf wert leg­en möchte.

Es gibt sehr unter­schiedliche Meth­o­d­en, wie das Trike an einen Roll­stuhl gekop­pelt wer­den kann. So oder so muss man sehr genau schauen, welche Adapter mit dem Roll­stuhlgestänge funk­tion­ieren und passen. Bevorzugt wird das Trike natür­lich an den hau­seige­nen Roll­stühlen ver­wen­det.

Eine gute Idee ist die Liefer­ung von „Mon­tager­am­p­en“. Es sind mehr oder weniger Met­allgestelle, mit denen der Roll­stuhl an den Lenkrädern hochge­bockt wer­den kann. Ob dies auch funk­tion­iert, wenn man drin­nen sitzt, ist ver­mut­lich von der eige­nen Fit­ness abhängig. Wer den Roll­stuhl sich­er kip­peln kann (Stich­wort Wheel­ie), der wird es ver­mut­lich alleine schaf­fen.

Von der Funk­tion­sweise scheint es ähn­lich dem Vor­satzrad von molab zu sein, wobei es mich ver­wun­dert, dass es keinen Gepäck­träger für das Trike gibt.

Gewicht: ca. 4 kg (mit Son­derzube­hör oder im Son­der­bau liegt das Gewicht höher)
Rad­größe: 10 Zoll
Kosten: ca. 600 Euro
https://berollka.de/produkt/trike/

berollka_trike

Das SmartWheel von molab

Das Smart­Wheel von molab funk­tion­iert so ähn­lich wie das Trike und wird eben­falls in Deutsch­land gefer­tigt. Molab hat unter­schiedliche Adapter am Start, so dass an nahezu allen Roll­stühlen dieses Vorspan­nrad funk­tion­iert.

Eine Bedi­enungsan­leitung lässt sich auch zu diesem Rad im Netz nicht find­en, aber der Hin­weis, dass das Rad mit ein­er dop­pel­ten Dich­tung verse­hen ist, mit der das Rad gegen Wass­er und Sand geschützt ist.

Dieses Rad ist das einzige, das ich ent­deckt habe, das über einen großen Gepäck­träger ver­fügt, weshalb ich es mir zugelegt habe.

Bed­ingt durch die Pan­demie habe ich das Rad auch selb­st an meinem Roll­stuhl befes­tigt, was ich glück­licher­weise auch ganz gut hin­bekom­men habe.

Der einzige Nachteil liegt darin, dass der Roll­stuhlfahrer aussteigen muss, um das Rad an- bzw. abzu­dock­en.

Gewicht: ab ca. 2 kg
Rad­größe: 20 cm
Kosten: ca. 700 Euro
https://molab.de/portfolio-item/smartwheel/

molab

Quinty der Föhl GmbH

Dieses Vorspan­nrad ist rel­a­tiv kom­pakt und reduziert die Funk­tion­al­ität auf das Wesentliche. Im Roll­stuhl sitzend kann das Rad an- und abgekop­pelt wer­den und das Ges­pann ist schnell ein­satzbere­it.

Das Rad ist zu den meis­ten Roll­stühlen kom­pat­i­bel. Der Her­steller bewirbt ein sehr kleines Pack­maß, so dass das Rad gut trans­porta­bel ist.

Gewicht: ab ca. 3,2 kg
Rad­größe: 12,5 Zoll
Kosten: ca. 1.000 Euro
https://www.foehl-gmbh.com/

quinty

Das v3 von Vosara

Das Auf­fäl­lige bei diesem Vorspan­nrad ist der Hebel inklu­sive Bremse. Der Roll­stuhl wird natür­lich weit­er­hin über die Greifreifen angetrieben, das Lenken und Brem­sen kann aber über diesen Ein­han­dlenker vorgenom­men wer­den.

Beson­ders betont der Her­steller die Spursta­bil­ität. Auf schrä­gen Wegen, auf denen sich der Roll­stuhl für gewöhn­lich bergab­wärts ori­en­tiert, bleibt das Ges­pann mit diesem Vor­satzrad in der Spur und fährt weit­er ger­adeaus.

Für das An- und Abkop­peln muss der Roll­stuhlfahrer oder ‑fahrerin diesen nicht ver­lassen. Dieses Vorspan­nrad wird ähn­lich wie ein Hand­bike angekop­pelt.

Gewicht: ab ca. 4,6 kg
Rad­größe: 12 Zoll
Kosten: ca. 1200 Euro
http://www.vosara.de/

vosara

Das Freeway von ProActiv

Es sieht ähn­lich aus wie das v3, hat aber einen Lenker ähn­lich einem Fahrrad. Das Free­way hat zudem ein 20″-Rad – das Größte, das ich bish­er ent­deckt habe. Dadurch wird dieses Rad nochmals gelän­de­tauglich­er. Auch dieses Rad soll durch seine Spur­treue überzeu­gen kön­nen.

Es gibt Rah­me­nadapter, damit das Vorspan­nrad an vie­len Roll­stühlen befes­tigt wer­den kann. Allerd­ings verbleiben diese Adapter an den Rah­men, weshalb Fal­troll­stüh­le wenig prak­tik­a­bel sind. Es gibt für die hau­seige­nen Roll­stüh­le eigene Adapter. Ob bei den Fal­tern der Falt­mech­a­nis­mus dann noch funk­tion­iert, lässt sich nicht fest­stellen.

Gewicht: ab ca. 3,0 kg
Rad­größe: 20 Zoll
Kosten: ab ca. 480 Euro
Free­way Web­seite

Das Lomo 360 von Striker

Das Vorspan­nrad von Strik­er sieht optisch ein wenig wie das Trike von Berol­l­ka aus und scheint auch ähn­lich zu funk­tion­ieren. Das die Fir­ma Strik­er eher für ihre Hand­bike bekan­nt ist, dürfte es wenig ver­wun­dern, dass das An- und Abdock­en ähn­lich funk­tion­iert. Und es ist möglich, einen kleinen Einkauf­sko­rb auf die Vor­rich­tung zu mon­tieren.

Das Vorspan­nrad ist mit 12 bzw. 16 Zoll rel­a­tiv groß, kann dadurch aber im Gelände andere Hin­dernisse meis­tern. Auch dieses Rad ist option­al mit ein­er Scheiben­bremse aus­rüst­bar.

Gewicht: ca. 5 kg
Rad­größe: 12 oder 16 Zoll
Kosten: ca. 1200 Euro
https://www.stricker-handbikes.de/de/produkte?filter_catid=69

Das Freewheel

Das aus den USA stam­mende Free­wheel sieht man in den Foren erstaunlich oft. Ver­mut­lich, weil es recht sim­pel an das Fußbrett gek­lemmt wer­den kann, so denn dieses dafür geeignet ist. Fährt man näm­lich einen Fal­troll­stuhl, so läuft man Gefahr, dass sich das Fußbrett löst. So wie bei meinem Sop­ur Xenon2. Es gibt mit­tler­weile Adapter für die meis­ten Fal­ter, die ich aber noch nicht in freier Wild­bahn gese­hen habe.

Eine Bedi­enungsan­leitung find­et sich nicht im Netz, weshalb ich nichts zu Ein­schränkun­gen hin­sichtlich der Nutzung sagen kann.

Sehr unglück­lich ist bei diesem Rad die Wahl des Dreh­punk­tes. Dieser liegt näm­lich vor dem Vorspan­nrad, während die anderen Her­steller dieses über dem Rad haben. Das führt vor allem beim Rück­wärts­fahren zu Prob­le­men. Die zahlre­ichen Videos auf Youtube zeigen dies sehr deut­lich, weshalb dieses Rad in meinen Augen das ungeeignet­ste ist.

Den­noch ist dieses Vorspan­nrad sehr beliebt und im Netz tauchen immer wieder Klone davon auf.

Gewicht: ca. 2 kg
Rad­größe: 12 Zoll
Kosten: ca. 600 Euro

freewheel

Das RGK Frontwheel von SunriseMedical

Es sieht nach ein­er robus­teren Vari­ante des Free­Wheels aus. Das Fron­t­Wheel von RGK wird eben­falls recht schnell an den Roll­stuhl ange­dockt, während dieser drin­nen sitzen bleiben kann. Lei­der hat RGK den etwas unglück­lich gewählten Dreh­punkt nur mar­gin­al verän­dert, so dass die Drehachse des Rads schräg über ihm ist.

Etwas Beson­deres ist der Luftreifen, den kaum ein ander­er Mit­be­wer­ber bei ein­er solchen Rad­größe ver­wen­det.

Der große Nachteil: Dieses Vorspan­nrad ist nur mit aus­gewählten RGK-Roll­stühlen kom­pat­i­bel.

Gewicht: ca. 2,5 kg
Rad­größe:
200 x 50 mm
Kosten:
ca. 710 Euro
https://www.sunrisemedical.de/rollstuehle/rgk/adaptivrollstuehle/zusatzrad-frontwheel

Eines der Vorspan­nräder habe ich mir gekauft. Darauf werde ich später in einem anderen Beitrag näher einge­hen. Falls mir noch andere Vorspan­nräder über den Weg laufen, dann werde ich diesen Beitrag entsprechend ergänzen.

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