Wie beantrage ich ein Hilfsmittel?

Es hilft nichts. Wer durch eine fort­schrei­ten­de Erkran­kung behin­dert wird, muss sich irgend­wann ein­ge­ste­hen, dass es ohne Hilfs­mit­tel nicht mehr geht. Bei vie­len ist dies ein lang­wie­ri­ger Pro­zess. Nicht weni­ge quä­len sich durch den All­tag und neh­men oft­mals zu spät die Hil­fe durch ein Hilfs­mit­tel an.

Wenn die Ent­schei­dung getrof­fen ist, stellt sich unver­mit­telt die Fra­ge: Wie kom­me ich nun zu mei­nem Hilfs­mit­tel? Im Grun­de genom­men braucht man ledig­lich ein Hilfs­mit­tel­re­zept, geht damit zu einem Sani­täts­haus und die­ses küm­mert sich um den Rest. Soweit die Theo­rie. Nun zur Pra­xis.

Neh­men wir als Bei­spiel eine Erkran­kung, die den Fuß­he­ber aus­fal­len lässt. Der Arzt regt an, sich mit einer Schie­ne zu ver­sor­gen, nach­dem der Pati­ent im Gespräch über Stol­per­un­fäl­le berich­tet. Als ob er es nicht bes­ser wüss­te, schreibt er “Fuß­he­ber­schie­ne” auf das Hilfs­mit­tel­re­zept. Damit geht der Pati­ent nun ins Sani­täts­haus und ist über­rascht, dass er damit nicht sehr weit kommt, denn hin­ter dem Begriff “Fuß­he­ber­schie­ne” ver­ber­gen sich sehr vie­le Orthe­sen­sys­te­me und die Kas­se bewil­ligt mit einem sol­chen Rezept nur die bil­ligs­te auf dem Markt befind­li­che, die sich der Pati­ent für 10 Euro auch selbst kau­fen kann.

Es macht also Sinn, sich zuerst in einem Sani­täts­haus bera­ten zu las­sen. Idea­ler­wei­se hat man sich viel­leicht schon vor­her im Inter­net oder in diver­sen Selbst­hil­fe­grup­pen dar­über schlau gemacht, wel­che Sys­te­me es über­haupt gibt, damit man im Sani­täts­haus nicht voll­kom­men ahnungs­los ist. Dass der behan­deln­de Arzt das pas­sen­de Hilfs­mit­tel ver­schreibt, ist mir ehr­lich gesagt noch nicht unter­ge­kom­men, auch wenn das auf den meis­ten Inter­net­sei­ten zu lesen ist. Das mag dar­an lie­gen, dass nie­der­ge­las­se­ne Ärz­te bei fort­schrei­ten­den Erkran­kun­gen anders bera­ten müss­ten als wenn ein plötz­li­ches Ereig­nis das Leben eines Men­schen ver­än­dert. So oder so muss der Pati­ent selbst aktiv wer­den.

Erst nach die­ser Bera­tung weiß man, was auf dem Hilfs­mit­tel­re­zept ste­hen muss. Für gewöhn­lich muss dort so genau wie mög­lich defi­niert sein, was benö­tigt wird. Wer die Hilfs­mit­tel­num­mer kennt, soll­te auch die­se auf das Rezept schrei­ben las­sen. Her­stel­ler und genaue Bezeich­nung der Orthe­se oder des Hilfs­mit­tels samt Son­der­funk­tio­nen soll­ten auf das Hilfs­mit­tel­re­zept, auch wenn der Text sehr lang wer­den kann. Es ist näm­lich sehr wich­tig, dass die pas­sen­de Dia­gno­se auf dem Rezept steht. Hat man meh­re­re Dia­gno­sen, so muss die auf das Rezept, die am ehes­ten für das Hilfs­mit­tel aus­schlag­ge­bend ist. Es inter­es­siert nun mal kei­ne neu­ro­ge­ne Bla­se, wenn eine Bein­or­the­se ange­fragt wird.

Man soll­te ja mei­nen, dass Ärz­te öfters Hilfs­mit­tel­re­zep­te aus­stel­len. Da ver­wun­dert es mich immer wie­der, wel­che Hil­fe­stel­lung Ärz­te brau­chen, wenn es dar­um geht, was auf einem sol­chen Hilfs­mit­tel­re­zept ste­hen muss. Das gilt übri­gens für Ärz­te und ihre Arzt­hel­fer und Arzt­hel­fe­rin­nen.

Wer das Hilfs­mit­tel­re­zept aus­stellt, ist im Grun­de genom­men egal. Das kann sowohl der Fach- wie auch der Haus­arzt machen. Bes­se­re Chan­cen hat man bei teu­ren und auf­wän­di­gen Hilfs­mit­teln aller­dings, wenn die­se vom ent­spre­chen­den Fach­arzt aus­ge­stellt wer­den. Da die Hilfs­mit­tel­re­zep­te nicht das Bud­get des Arz­tes belas­ten, sind die­se i.d.R. auch offen für die Aus­stel­lung eines sol­chen Rezepts.

Dass man als Pati­ent ein Hilfs­mit­tel­re­zept in der Hand hält, ist näm­lich nicht gleich­be­deu­tend damit, dass es auch geneh­migt wird. Dies ent­schei­det erst die Kran­ken­kas­sen. Mit die­sem Rezept geht man nun ins Sani­täts­haus, das sich um den Rest küm­mert. Dass man als Pati­ent direkt bei der Kran­ken­kas­se den Antrag stellt, ist mir als Kas­sen­pa­ti­ent nicht unter­ge­kom­men. Ich habe aller­dings manch­mal einen Brief geschrie­ben, in dem ich erläu­tert habe, war­um ich das Hilfs­mit­tel oder die Zusatz­aus­stat­tung benö­ti­ge. Dies habe ich direkt an die Kran­ken­kas­se gesen­det, wäh­rend das Sani­täts­haus direkt mit der Kas­se (an mir vor­bei) kom­mu­ni­ziert hat.

Das hängt damit zusam­men, dass die Kas­sen beson­de­re Ver­trä­ge mit man­chen Sani­täts­häu­sern abge­schlos­sen haben, mit denen die Zusam­men­ar­beit opti­miert wer­den soll.

Hier die von mir emp­foh­le­ne Rei­hen­fol­ge:

  • Bera­tung im Sani­täts­haus, wel­ches Hilfs­mit­tel benö­tigt wird.
  • Den exak­ten Text auf­schrei­ben las­sen. Dabei nach Mög­lich­keit Hilfs­mit­tel­num­mer und Zusatz­op­tio­nen mit ange­ben. Dia­gno­se nicht ver­ges­sen.
  • Durch das Sani­täts­haus das Hilfs­mit­tel bean­tra­gen las­sen.
  • Die Kran­ken­kas­se ent­schei­det nach drei Wochen oder nach fünf Wochen, wenn ein Gut­ach­ten des MD ein­ge­for­dert wird. Dass eine Kran­ken­kas­se die­se Zeit­span­ne nicht ein­hält, kommt eigent­lich nicht mehr vor, denn dann gilt das Hilfs­mit­tel als geneh­migt.

Ich habe bei allen Hilfs­mit­teln, die ich bis­her bean­tragt habe, die Erfah­rung gemacht, dass ich mich selbst infor­mie­ren muss­te und erst mit die­sen Infor­ma­tio­nen zum Sani­täts­haus gehe. Denn auch bei den Sani­täts­häu­sern gibt es Unter­schie­de. Wer die Zeit hat, ist tun­lichst gut damit bera­ten, meh­re­re Sani­täts­häu­ser zu tes­ten, um fest­zu­stel­len, wie dort die Bera­tung ist und wie auf die eige­nen Bedürf­nis­se ein­ge­gan­gen wird. Es gibt dabei zwei Beschrän­kun­gen: Nicht jedes Sani­täts­haus führt alle Pro­duk­te und nicht jedes Sani­täts­haus arbei­tet mit jeder Kran­ken­kas­se zusam­men. Meist gibt es auf der Web­sei­te der Kran­ken­kas­se ein ent­spre­chen­des Ver­zeich­nis.

Unab­hän­gig davon ist der Pati­ent natür­lich frei, sich auf dem Gebraucht­markt nach einem ent­spre­chen­den Hilfs­mit­tel umzu­schau­en. Für gewöhn­lich pas­siert dies nicht mit der Erst­ver­sor­gung, son­dern wenn man für irgend­et­was einen Ersatz haben möch­te. Es ist näm­lich ein wenig Vor­sicht gebo­ten und der Käu­fer soll­te schon so grob wis­sen, was er haben möch­te.

Mir ist das sehr oft begeg­net, dass Anwen­der sich z.B. einen Zweit­roll­stuhl pri­vat kau­fen, weil die Kas­se nur einen bezahlt. Eine Zweit­ver­sor­gung ist nur unter gewis­sen Umstän­den mög­lich. Nun möch­te natür­lich nie­mand mit sei­nem ver­schmutz­ten Stra­ßen­roll­stuhl durch die Woh­nung fah­ren, wes­halb sich die Anwen­der eben ent­spre­chend einen Gebrauch­ten für den Innen­be­reich kau­fen.

Es heißt, wer mit einer chro­ni­schen sel­te­nen neu­ro­mus­ku­lä­ren Erkran­kung lebt, muss für die­se selbst zum Exper­ten wer­den. Es gibt aber auch vie­le Über­schnei­dun­gen zu ande­ren Erkran­kun­gen, wes­halb ich alle Bei­trä­ge, die im Zusam­men­hang mit mei­ner Erkran­kung ent­stan­den, auf einer eige­nen Sei­te zusam­men­ge­stellt habe. Dort beschrei­be ich nicht nur den Weg zur Dia­gno­se und wie sich die CMT äußert, son­dern auch, wie ein Schwer­be­hin­der­ten­an­trag bean­tragt wird, wel­che Stol­per­stei­ne der All­tag und die Berufs­welt für behin­der­te Men­schen bereit­hält und ich gehe das ganz gro­ße The­ma Hilfs­mit­tel an. Wie fin­de ich das pas­sen­de Hilfs­mit­tel und wie bean­tra­ge ich es?

Zu mei­ner Über­sicht.

Ein Kommentar

  1. Ich unter­stüt­ze gera­de eine Ver­wand­te beim Umstieg auf Hilfs­mit­tel und suche des­halb nach Bei­trä­gen, die das zum The­ma haben. Dan­ke für den Tipp, sich erst in einem Sani­täts­haus bera­ten zu las­sen – dem­nächst wer­de ich dann ein­fach ihr in ein sol­ches gehen.

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