Ableismus bei der KVB

Die KVB (Köl­ner Verkehrs­be­triebe) sind stets bemüht, auch behin­derten Fahrgästen gerecht zu wer­den. Mit­tler­weile ist die Aus­sage »stets bemüht« ein »Run­ning Gag« und beschreibt, wie jemand bemüht ist, etwas zu erre­ichen, es aber nicht schafft.

Behin­derte Men­schen müssen sich auf die Beson­der­heit­en des öffentlichen Nahverkehrs in Köln ein­stellen, damit eine Fahrt mehr oder weniger prob­lem­los gelingt. So kamen die Köl­ner Schild­bürg­er irgend­wann auf die cle­vere Idee, neben den Hochflur­bah­nen zusät­zlich Nieder­flur­bah­nen einzuset­zen. Das heißt, dass es Bah­nen gibt, die einen hohen Ein­stieg haben und es gibt Bah­nen, die einen niedri­gen Ein­stieg haben.

Nun muss man wis­sen, dass in Köln die Straßen­bah­nen mal oberirdisch und mal unterirdisch fahren. Außer­dem teilen sich mehrere Lin­ien für gewöhn­lich eine Strecke. Und es gibt dann noch die Option, dass die Straßen­bahn tat­säch­lich auf der Straße fährt und sich den Raum mit dem Indi­vid­u­alverkehr teilen muss.

Hier fährt eine Straßen­bahn mal auf ihrem eige­nen Gleis. Vor allem im Zen­trum von Köln eher eine Aus­nahme.

Dadurch kommt es zu vie­len anderen Prob­le­men, die aber an dieser Stelle keine Rolle spie­len. Dieser Umstand erk­lärt aber, weshalb es vorkom­men kann, dass man als Roll­stuhlfahrer an ein­er Hal­testelle in eine Bahn ein­steigen kann, dann aber an den Fol­ge­hal­testellen nicht mehr her­auskommt. Das ist näm­lich dann der Fall, wenn man in eine Hochflur­bahn ein­steigt und diese sich später Hal­testellen mit ein­er Nieder­flur­bahn teilt. Dann kommt man näm­lich nur noch über Stufen aus der Bahn her­aus. Man muss also schauen, wo sich diese Hal­testellen befind­en, an denen der Ausstieg dann nicht mehr möglich ist.

Bei den Hochflur­bah­nen muss man den­noch auf­passen. Die Hal­testellen, die nur von Hochflur­bah­nen ange­fahren wer­den, sind zwar mehr oder weniger stufen­los, aber lei­der nur mehr oder weniger. Es gibt näm­lich auch hier unter­schiedliche Bah­nen (ja, die Schild­bürg­er sind auch in Köln öfter mal zu Besuch gewe­sen).

Die Bahn­steige sind näm­lich nur bed­ingt stufen­los, wenn eine ältere Ver­sion angerollt kommt. Die Stufe ist hier­bei dur­chaus ein Hin­der­nis, zumal eine ver­gle­ich­sweise große Lücke zwis­chen Stufe und Hal­testelle entste­ht. Kleinere Lenkräder eines manuellen Roll­stuhls kann der Roll­stuhlfahrer anheben, die kleinen Lenkräder eines Elek­tro­roll­stuhls eher nicht. Vor allem die Elek­tro­roll­stüh­le mit Mit­tel­radantrieb bekom­men hier Prob­leme. »Neuere« Bah­nen kön­nen an bes­timmten Türen die ober­ste Trep­pen­stufe etwas absenken und nach vorn schieben, wodurch der Ein­stieg möglich ist. Der Roll­stuhlfahrer muss also zusät­zlich schauen, wo welche Bah­nen fahren. Das bekommt er aber nur durch Aus­pro­bieren her­aus.

Hier ist eine Hochflur­bahn zu sehen, bei der die Stufe sehr hoch und die Lücke zwis­chen Bahn­steig und Ein­stieg sehr groß ist.

Die Hochflur­bah­nen haben zudem das Prob­lem, dass größere Gefährte, wie Roll­stüh­le, Rol­la­toren und Kinder­wa­gen nur an ein­er Stelle durch die Gänge passen. Die sind anson­sten zu schmal. Auch hier muss man wis­sen, wo man ein­steigt, denn anson­sten ste­ht man schön mit­ten im Weg.

Nun, das Prob­lem mit den Aufzü­gen hat die KVB wie jede andere Verkehrs­ge­sellschaft. Die Aufzüge wer­den nun mal oft benutzt und wie jedes Ver­schleißteil sind diese hin und wieder defekt. Mit­tler­weile gibt die KVB an, welche Aufzüge defekt sind, so dass man sich vor Fahrtantritt informieren kann. Lei­der wer­den die Aufzüge der KVB auch gern von inkon­ti­nen­ten Obdachlosen benutzt, um sich aufzuwär­men. Es gibt auf der einen Seite also meist eine sehr unan­genehme Duft­note in den Aufzü­gen und auf der anderen Seite müssen die Roll­stuhlräder durch die Mis­chung aus Urin, Bier und son­sti­gen Auss­chei­dun­gen fahren und sind entsprechend ver­schmutzt und verklebt. Wer sich also wun­dert, weshalb Men­schen mit Rol­la­tor bzw. Kinder­wa­gen bzw. manuellen Roll­stuhl die Roll­treppe nutzen, dies ist ein­er der Gründe.

… und die gle­iche Bahn hält an manchen Hal­testellen für die Nieder­flur­bah­nen und es geht nur über eine Treppe aus der Bahn her­aus. Hier muss der Rol­li­fahrer pla­nen.

Die Busse der KVB sind eine weit­ere Beson­der­heit. Wie über­all gibt es Bus­fahrer, die keinen Bock haben, die Rampe auszuk­lap­pen, die in allen Bussen zur Ver­fü­gung ste­ht. Immer­hin wer­den neuere Hal­testellen etwas höher gebaut und die Busse kön­nen sich für gewöhn­lich absenken. Es wäre also möglich, dass ein stufen­los­er Ein­stieg gelingt. Wenn denn der Bus­fahrer fit genug ist, nah genug an den Bor­d­stein zu fahren.

Sehr viele Prob­leme gibt es im Berufsverkehr. Der ÖPNV in Köln ist näm­lich vol­lkom­men über­lastet. Die KVB ver­sucht zwar die Nutzer dazu zu bewe­gen, auf den Indi­vid­u­alverkehr umzusteigen, aber dies gelingt nur bed­ingt, weil hier zwei Inter­essen aufeinan­der­stoßen. Die Poli­tik möchte gerne weniger Autos in der Innen­stadt haben, die KVB erhöht die Preise so sehr, dass weniger Men­schen den ÖPNV nutzen sollen. Nun macht der KVB das 50-Euro-Tick­et einen Strich durch die Rech­nung und die Über­las­tung der Bahn- und Busstreck­en nimmt eher zu als ab. Wer mit einem größeren Gefährt, wie Kinder­wa­gen, Roll­stuhl oder Rol­la­tor in eine über­volle Bahn oder einen über­vollen Bus ein­steigen möchte, kann ahnen, wer nicht mitgenom­men wird.

Es ist nicht alles schlecht und unmöglich im ÖPNV der Stadt Köln. Auf ein­er eige­nen Seite informiert die KVB über die generelle Bar­ri­ere­frei­heit. Ein Teil davon stellt der Plan Touren ohne Trep­pen” dar, auf dem verze­ich­net ist, welche Hal­testelle bar­ri­ere­frei ist und welche nicht. Dort find­et sich auch eine Info darüber, ob die Aufzüge derzeit defekt sind. So kann man seine Fahrt im Voraus pla­nen.

Ein exemplarisches Beispiel

Neben den Behin­derten, die nicht mitgenom­men wer­den (kön­nen) gibt es noch die Form des Ableis­mus, wenn tüdelige Gäste ihren Fahrausweis zu Hause vergessen. Nicht Behin­derte gehen dann inner­halb ein­er Frist von 14 Tagen in eine Ser­vices­telle, zeigen ihren Ausweis vor, zahlen eine Bear­beitungs­ge­bühr (aktuell von 7 Euro) und damit ist die Sache gegessen.

Hat jedoch ein Behin­dert­er seinen Fahrausweis vergessen und legt diesen zusam­men mit seinem Behin­derte­nausweis vor, so muss er sich vor der KVB geson­dert recht­fer­ti­gen. Der Umgangston der KVB-Mitar­beit­er gegenüber ihren Gästen ist eh alles andere als zuvork­om­mend und fre­undlich. Und so bekommt er ohne weit­ere Infor­ma­tio­nen eine Zahlungsauf­forderung der KVB zuge­sandt, auch wenn er seinen Fahrausweis vorgezeigt hat. Und selb­st, wenn man auf dieses Schreiben reagiert und darauf hingewiesen hat, dass man doch seinen Ausweis vorgezeigt hat, bekommt man einen weit­eren Brief, dass man den­noch zahlen soll. Der Grund: Die KVB hat den Schwer­be­hin­derte­nausweis nicht als Ausweis anerkan­nt. Was quatsch ist, denn ein Schwer­be­hin­derte­nausweis ist ein amtlich anerkan­nter Licht­bil­dausweis.

Es ist zwar schön und gut, wenn eine Verkehr­swende angestoßen wird, aber ich finde es schade, dass immer wieder die Bar­ri­ere­frei­heit bei der Umset­zung keine Rolle spielt. In ein­er Großs­tadt sollte jed­er Men­sch mit egal welch­er Behin­derung ohne Prob­leme und Bar­ri­eren die Infra­struk­tur nutzen kön­nen. Ich bin nicht dafür, dass jed­er Alt­bau entsprechend umge­baut wer­den muss, aber der ÖPNV, öffentliche Gebäude (wozu z.B. auch Schulen gehören), Super­märk­te, Arzt­prax­en und Geschäfte für den täglichen Bedarf wie z.B. Bäck­er müssen mein­er Mei­n­ung nach bar­ri­ere­frei zugänglich sein.

Eben­falls lesenswert zu diesem The­ma sind die bei­den Beiträge “Eine Alter­na­tiv zum Auto” und “Das ist ja mal ein Vorschlag”.

2 Kommentare

  1. Das hat mich sehr gefreut, endlich ein Bericht über die KVB zu lesen. Das kann ich unter­schreiben. Ich benutze einen E‑Rollstuhl und fahre ungern mit den Hochflur­bah­nen. Mit den Aufzü­gen habe ich sehr neg­a­tiv­en Erfahrun­gen gemacht, beson­ders die Gerüche usw. Am Heumarkt gibt es eine Bushal­testelle die Rund gebaut ist. Da kann ich nicht ein- und aussteigen, auch Senioren mit Rol­la­tor und Fam­i­lien mit Kinder­wa­gen.
    Trotz­dem bin ich froh in Köln zu wohnen. Ich habe kenne auch andere Städte, da fahre fast nie mit der ÖPNV. Da nehme ich die Fahrten mit dem E‑Rollstuhl über eine Stunde in Kauf.

    1. Die Gerüche in den Aufzü­gen sind in der Tat nicht schön. Vor allem die ver­sifften Böden machen sich an den Rädern der Rol­lis pri­ma 😉 Auch die run­den End­hal­testellen so manch­er Buslin­ie ist pri­ma. Da muss man immer erst zur näch­sten fahren, um ein­steigen zu kön­nen. Aber Du hast recht, ich wohne gern in Köln und kann mich oft­mals irgend­wie arrang­ieren.

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