Wer im Alltag mit einem Rollstuhl unterwegs ist, wird immer wieder auf Hindernisse treffen (siehe auch meine kleine Reihe „Hindernisse des Alltags„). Ein „Dauerbrenner“ sind Bordsteinkanten und Schwellen. Bordsteinkanten werden heutzutage nicht mehr tief abgesenkt, damit mit Menschen mit Sehbehinderungen die Kante besser erkennen können. Dabei ist so mancher abgesenkte Bordstein plötzlich immer noch sehr hoch. In diesem Beitrag zeige ich die Grenzen, an die der Bro stößt.
Bordsteinkanten und Schwellen
Mit jedem Elektrorollstuhl muss man üben, Bordsteinkanten zu befahren. Mir ist aufgefallen, dass der Scewo schon recht früh Probleme mit der Höhe der Bordsteinkante hat. Damit meine ich, dass die Kante nicht zu hoch sein darf, damit er diese noch bewältigt. Mit meinem eMotion meistere ich höhere. Scewo gibt an, dass Schwellen bzw. Bordsteinkanten, die höher als 5 cm sind, nicht vom Bro befahren werden können (bzw. dürfen). In der Praxis schafft er es in der Tat, nur unwesentlich höhere Schwellen zu befahren.
Runter ist oftmals einfacher als rauf. Das gilt auch für den Scewo. Es braucht ein wenig Praxis, bis man zum einen abschätzen kann, welche Bordsteinkante er packt und welche nicht und zum anderen, um herauszufinden, wann man Schwung holt und wann ihn wieder rausnimmt. Genau dies muss man in der Praxis immer wieder üben.
Wichtig ist die Einschränkung hinsichtlich der einzelnen Schwellen. Während bei einer Bordsteinkante der Bro das Hindernis im Treppenmodus bewältigen kann, so ist bei einer Einzelschwelle ab besagten 5 cm Schluss. Die kann der Bro nicht überfahren.
Der Grund: Solche Schwellen werden im Treppenmodus rückwärts befahren. Dabei werden die Stützräder ausgefahren, wenn die Schwelle überwunden wurde. Kommen die Stützräder nicht auf den Boden, weil die Schwelle den Rollstuhl zu hoch hebt, kippt der Bro nach hinten.
Im Treppenmodus überwindet der Bro Bordsteinkanten von bis zu 20 cm. Das ist dann schon wieder viel. Allerdings benötigt dieses Manöver Zeit, da immer wieder zwischen den Modi gewechselt werden muss.
Es passieren immer wieder Unfälle bei diesem Manöver, weshalb Scewo einen Helpcenter ins Leben gerufen hat, in dem anschaulich gezeigt wird, was der Scewo kann und was nicht (unbezahlter Infolink).
Steigungen
Auf dem Papier hören sich die maximalen Steigungen recht theoretisch an. Eine maximale Steigung von 6° bzw. 10,5% wie sie in den technischen Spezifikationen genannt werden, sind sehr relativ und meiner Erfahrung nach etwas konservativ angegeben.
In Praxis gibt es erstaunlich viele Rampen im Stadtgebiet, bei denen der Scewo entweder meckert, dass die Steigung zu steil ist oder aber die Raupen bzw. die Fußrasten vorne aufsetzen. Das gilt insbesondere dann, wenn man nach vorn beschleunigt, der Rollstuhl sich also nach vorn neigt und dann die Steigung kommt. Hier braucht es einiges an Übung, um den Schwung im richtigen Moment herauszunehmen, damit der Rollstuhl sich nicht zu weit nach vorn beugt. Dennoch setzen die Raupen immer wieder mal auf.
Hier ein paar Beispiele aus dem Kölner Stadtgebiet.
In Köln gibt es mehrere Rheinbrücken, von denen einige Auffahrrampen haben, damit Fahrradfahrer gut auf die Brücke kommen. Die Rampe die Rodenkirchener Autobahnbrücke ist grenzwertig. Die Steigung meistert der Bro zwar, meckert allerdings recht häufig, dass die Steigung zu steil ist.
Die Steigung in der Nähe einer Straßenbahn-Haltestelle ist hingegen deutlich zu steil. Neugierig wie ich bin, habe ich natürlich versucht, die Steigung dennoch zu nehmen, aber die ist so steil, dass der Bro sich recht gefährlich zur Seite geneigt hat und ich glücklicherweise nicht umgekippt bin.
Die drei Stufen im Eingangsbereich unseres Mietshauses war schon von einem anderen Bewohner mit einer Rampe versehen worden. Allerdings hat diese Rampe eine Steigung von 12° und nicht von 12%, wie es für Elektrorollstühle empfohlen wird (12° entsprechen ca. 21,3%).
Hier scheint jemand bei der Auslegung der Rampe geschlafen haben. Ich habe leider auch schon miterleben dürfen, dass besagter Hausbewohner mit seinem Elektrorollstuhl die Schildkröte gemacht hat, was beliebig gefährlich ist. Ihm ist glücklicherweise nichts passiert.
Diese Rampe meistert der Bro, wenn ich mich leicht nach vorn beuge und nicht zu schnell fahre. Da die Rampe zudem noch sehr schmal ist, muss ich sowieso langsam hochfahren. Das Herunterfahren ist natürlich einfacher, aber auch hier meckert der Bro, dass die Steigung zu steil ist.
Es ist also schon sehr erstaunlich, dass der Bro Steigungen von 20% meistern kann, aber ebenso erstaunlich ist, wie viele Rampen und Steigungen es in Köln gibt, die steiler sind.
Das waren meine Erfahrungen im Fahrmodus. Befindet sich der Bro im Raupenmodus, so kann er natürlich deutlich steilere Rampen nehmen. Wenn man denn rückwärts fährt. Hier gibt Scewo eine maximale Steigung von gut 45% an (25°), was ich bisher nicht ausgetestet habe.
Am Hang
Wer in Regionen unterwegs ist, in denen es Hügel oder gar Berge gibt, der wird die Situation kennen, dass ein Weg mit einer leichten Steigung beginnt und dann immer steiler wird. Sehr problematisch ist es, wenn man mit dem Bro eine Steigung hochfährt und diese für einen kleinen Teilabschnitt steiler wird. Und zwar so steil, dass der Bro sie nicht mehr vorwärtsfahrend schafft.
Wer nun denkt, er könne einfach drehen, um dann im Raupenmodus rückwärts hochzufahren, wird feststellen, dass der Bro kippen wird, wenn er schräg auf der Steigung steht. Diese Situation ist durchaus kritisch, denn eine Steigung rückwärts herunterzufahren, ist gar nicht mal so einfach. Eine Angabe zum Fahren auf einer Schrägen habe ich in der Bedienungsanleitung bisher nicht gefunden.
Geschwindigkeit
Der potentielle Anwender des Bros sollte nicht denken, dass er mit dem Bro eine Wanderung in den Bergen mitmachen kann. Auch hier kommt der Rollstuhl schnell an seine Grenzen. Und selbst wenn nicht, so muss man berücksichtigen, dass man im Raupenmodus sehr viel langsamer unterwegs ist als der Wanderer. Das gilt insbesondere dann, wenn die Wege nicht eben sind und man sich irgendwie über Hindernisse wie Wurzeln und Löcher hinweg bewegen muss. Das macht der Fahrer langsam und mit Bedacht.
Ich stelle den Scewo Bro in mehreren Beiträgen hier auf meinem Blog vor. Damit die Übersicht nicht leidet, gibt es einen Beitrag, in dem ich alle Berichte bündele. Diese Erfahrungsberichte sind nicht gesponsert und spiegeln meine persönliche Meinung wider. Aufgrund der Vielfältigkeit von Erkrankungen bzw. Behinderungen kann ich keine Hilfsmittelberatung anbieten. Die Beiträge dienen lediglich zur Orientierung für Interessenten.
Schon seit Anbeginn des Internets pflegte Eng einen Blog. Und weil es ihm Spaß macht, seine Erfahrungen zu teilen, sind es immer Mischblogs, so wie dieser hier.
Seitdem seine neuromuskuläre Erkrankung einen deutlich größeren Einfluss auf sein Leben hat, befinden sich neben den Beiträgen zur Fotografie, Aquaristik, Reisen, Verbraucherschutz und Technik auch Beiträge zu Gesundheitsthemen auf diesem Blog.
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