Keine Kinder fürs Klima?

Als ich zum ersten Mal von der “Klimaschädlichkeit der Kinder” gehört habe, dachte ich an Berge von Wäsche (weil die Kleinen täglich gleich mehrere Garnituren benötigen) oder Lebensmittelverschwendung (weil der Brei auf dem Boden und nicht im Bauch landet) oder an Hobbys, bei denen die Kleinen durch die Gegend kutschiert werden müssen.

Nein, es geht tatsächlich in eine ganz andere Richtung. Es geht tatsächlich darum, überhaupt erst Kinder in die Welt zu setzen, weil jedes geborene Kind “Klimasünde Nummer Eins” sein soll. Unter dem Hashtag “Birthstrike” finden sich hauptsächlich Artikel von Aktivisten aus den USA und England, die propagieren, dass die Welt ohne Kinder besser dran wäre.

Sollte man den Aktivisten den Zusammenhang zwischen Arterhaltung und Kindern erklären? Witzigerweise sind es oftmals solche Aktivisten, die den anthropogenen Klimawandel leugnen, gleichzeitig aber propagieren, dass die Erde ohne Menschheit besser dran wäre.

Biegen von Aussagen

Aber dies sind natürlich nur Behauptungen. Wer ein echter Aktivist sein möchte, braucht natürlich Studien, die die eigene Meinung untermauern. Die dann natürlich gern ein wenig verbogen werden. So schreiben sich in Deutschland nun einige Menschen das Attribut “kinderfrei” zu, da ihnen “kinderlos” zu negativ behaftet ist. Dass es in der ursprünglichen Diskussion in den USA gar nicht darum ging, gar keine Kinder zu bekommen, sondern sich nur über den Lebensstil und die Anzahl der Kinder in den Familien, wird hier dezent ausgeblendet. Ursprünglich ging es also darum, eher eine Familie mit zwei anstelle von drei Kindern zu gründen.

Gern wird eine Studie von Wynes und Seth zitiert (Wynes, Seth et al.: The climate mitigation gap: education and government recommendations miss the most effective individual actions (Environmental Research Letters, 2017), die darin behaupten, dass man mit einem Verzicht auf ein Kind insgesamt 58,6 Tonne CO2 pro Jahr einsparen kann. Natürlich sind wieder CO2-Äquivalente gemeint, wie es in den Klimadiskussionen üblich ist. Nun gibt das Umweltbundesamt einen durchschnittlichen Verbrauch von 11 Tonnen pro Kopf und Jahr für Deutschland und 16 t pro Kopf und Jahr für die USA an. Wie kann da ein Kind derart viel mehr verbrauchen als der Durchschnittsbürger?

Ganz einfach. Sie berücksichtigen den CO2-Verbrauch nicht von einer Generation, sondern gleich von mehreren Generationen, denn die Kinder bekommen natürlich wieder ihrerseits Kinder und diese Kinder wiederum gleichfalls. Die Studie berücksichtigt Generationen bis ins Jahr 2400!

Äpfel mit Birnen vergleichen

Das kann man natürlich machen, aber es entsteht dann es semantischer Fehler, wenn diese ermittelten Zahlen in Relation zum CO2-Fußabdruck z.B. einer fleischlosen Ernährung eines Erwachsenen über seine Lebensspanne gesetzt wird. Das gleiche gilt natürlich auch für den Verzicht an Flugreisen oder eines Autos, der ebenfalls nur über eine Generation betrachtet wurde.

Gleichzeitig haben diese Wissenschaftler postuliert, dass der CO2-Verbrauch über das Leben gleich ist. Das ist aber falsch, denn Kleinkinder verbrauchen viel weniger Energie als ein Erwachsener, so dass der CO2-Fußabdruck sehr wohl altersabhängig ist. Ebenfalls eklatant vernachlässigt wird das mögliche Umdenken der jüngeren Generation. Die Protestaktion “Fridays for Future” werden sicherlich in Form von zukünftigem Minderausstoß an CO2 Früchte tragen. In welcher Form auch immer. Dies bleibt vollkommen unberücksichtigt.

Wie wenig eine Geburtenregulierung zum Klimaschutz beiträgt, zeigt grundsätzlich die Geschichte. Die Bevölkerungszahl in Deutschland bleibt hauptsächlich aufgrund der Zuwanderung stabil, dennoch überaltert die Gesellschaft. Auch China mit seiner Ein-Kind-Politik kann sich wohl eher nicht von einer Klimaschädigung freisprechen. Ein Trend zu noch mehr Single-Haushalten ist vollkommen das falsche Signal für unsere Gesellschaft, denn nicht umsonst heißt es, dass Kinder unsere Zukunft sind. Und zwar unsere gemeinsame! Zukunft. Da passt es sehr gut, dass die Vereinten Nationen die Familienplanung zum Menschenrecht erklärt haben.

Verbreitung

Übrigens werden diese falschen Zahlen gerne aufgegriffen und verbreitet, wie zum Beispiel von der Lehrerin und Autorin Verena Brunschweiger, die in ihrem Buch “Kinderfrei statt kinderlos: Ein Manifest” genau diese Zahlen angibt. Allerdings ist diese Falschaussage nur ein Teil ihres “Manifests”, denn die (nach eigenen Angaben) Radikalfeministin wurde (ebenfalls nach eigenen Angaben) mehrfach aufgrund ihrer Kinderlosigkeit diskriminiert und angefeindet. Allerdings wertet sie eine sozialverträgliche Stellenvergabe innerhalb ihres Lehrerberufs schon als Diskriminierung.

Allerdings frage ich mich, in welchem Teil der Gesellschaft die Autorin lebt, dass sie einen solchen regelrechten Hass gegenüber Müttern entwickeln kann.

Empfehlen kann ich das Buch eher nicht, da es nur so vor Falschaussagen strotzt.

Zusammenfassung

Da unsere Zukunft zwangläufig ohne Kinder nicht funktioniert und unser deutsches Gesellschaftssystem sogar auf einem Generationenvertrag aufbaut, ist es mehr als unsinnig, eine Kinderlosigkeit zu propagieren, zumal die angeführten Argumente schlichtweg falsch sind.

Wer sich ein Bild davon machen möchte, was mit einer Gesellschaft passiert, die überaltert, sollte einen Blick nach Japan werfen. Und Deutschland steuert gleichfalls in dieses Dilemma, denn die Anzahl der Single-Haushalte in den Großstädten ist überdurchschnittlich hoch, so dass im Grunde genommen ein Trend zur Kinderlosigkeit schon längst zu spüren ist.

Hingegen nicht, dass dies positive Auswirkungen auf das Klima hat, da ein Singlehaushalt deutlich stärker das Klima belastet als ein Familienhaushalt!

Die Bilder in diesem Beitrag stammen von Pixabay:
“Das Mädchen mit dem Teddybär” von lisa runnels
“Children are our future” von Gerd Altmann

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